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Verwesung

Verwesung

Titel: Verwesung
Autoren: Simon Beckett
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viertes Opfer und besiegelte für immer seinen Ruf als Monster. Mit fünfundzwanzig Jahren war Angela Carson älter als die anderen. Außerdem war sie weder dunkelhaarig noch hübsch. Aber es gab noch einen anderen wichtigen Unterschied.
    Sie war taubstumm.
    Nachbarn riefen die Polizei, weil sie Monks Lachen hörten, während er Angela Carson in ihrer eigenen Wohnung erst vergewaltigte und dann totschlug. Als zwei Polizisten, den Notrufen nachgehend, ihre Tür aufbrachen, fanden sie ihn außer sich und blutverschmiert neben ihrer Leiche im zertrümmerten Schlafzimmer. Obwohl beide keine kleinen Männer waren, schlug er sie bewusstlos, ehe er in der Nacht verschwand.
    Und dann offenbar vom Erdboden.
    Trotz einer der größten Fahndungen in der Geschichte Großbritanniens wurde keine Spur von Monk gefunden. Genauso wenig von den Bennett-Zwillingen oder Tina Williams. Bei einer Durchsuchung entdeckte man unter seinemWohnwagen eine Haarbürste und einen Lippenstift, die Zoe Bennett gehörten, nicht aber die Mädchen selbst. Erst drei Monate später wurde Monk wieder gesehen, am Straßenrand mitten im Dartmoor. Verwahrlost und verdreckt, unternahm er keinen Versuch, sich der Verhaftung zu widersetzen oder seine Verbrechen zu leugnen. Beim Prozess bekannte er sich des vierfachen Mordes für schuldig, weigerte sich aber preiszugeben, wo er sich versteckt und was er mit den Leichen der vermissten Mädchen getan hatte. Die allgemeine Vermutung lautete, dass er sie im Moor vergraben hatte und dann selbst dort untergetaucht war. Doch Monk setzte lediglich sein verächtliches Grinsen auf und sagte nichts.
    Nachdem der Mörder hinter Gittern war, verschwand die Geschichte allmählich aus dem öffentlichen Interesse. Das Schicksal der vermissten Mädchen schien für immer ein Rätsel zu bleiben.
    Das könnte sich nun ändern.
     
    Ein hellblaues Zelt der Spurensicherung hob sich grell vom tristen Moorland ab. Es stand ungefähr in der Mitte zwischen der Straße und der Felsformation, etwas abseits des holprigen Weges, der beides miteinander verband. Ich blieb noch einen Moment im feinen Nieselregen stehen, atmete den satten Geruch des feuchten Torfs ein und fragte mich, was mich in dem Zelt erwarten würde.
    Dann ging ich los.

Kapitel 2
    Mit Polizeiband war vom Weg aus ein Korridor bis hin zum Zelt der Spurensicherung abgesperrt worden. Da der Boden zwischen den flatternden Bändern bereits zu einem Trampelpfad ausgetreten und aufgeweicht war, platschte ich mit meinen Stiefeln durch den dunklen Morast. Auch das Gebiet um das Zelt herum war abgeriegelt, am Eingang stand ein uniformierter Hundeführer Wache. Neben sich einen Deutschen Schäferhund, trat er in der Kälte von einem Fuß auf den anderen.
    «Ich möchte zu Detective Chief Superintendent Simms», sagte ich ein wenig außer Atem.
    Ehe er etwas entgegnen konnte, wurde die Zeltluke aufgeworfen, und ein Mann trat heraus. Er war um die vierzig, wollte aber offenbar älter wirken. Die weiße Schutzkleidung schien irgendwie nicht zu ihm zu passen. Er hatte die Kapuze seines Overalls zurückgeschoben, doch sein ordentlich gekämmtes schwarzes Haar war kein bisschen durcheinandergeraten. Sein Gesicht war bemerkenswert faltenlos und jugendlich, was er mit einem Schnurrbart auszugleichen versuchte, der ihm etwas Militärisches verlieh.
    «Dr.   Hunter? Ich bin Simms.»
    Das hatte ich bereits vermutet, und jetzt erkannte ich auchseine Stimme wieder. Er sprach bestimmt und offiziös und sich seiner Autorität bewusst. Als er mich mit seinen hellen Augen von oben bis unten betrachtete, hatte ich das etwas unbehagliche Gefühl, auf die Schnelle abgeschätzt zu werden.
    «Wir hatten Sie vor einer halben Stunde erwartet», sagte er und verschwand wieder im Zelt.
    Freut mich auch, Sie kennenzulernen.
Der Hundeführer trat zur Seite, um mich durchzulassen, und zog fester an der Leine. Der wachsame Blick des Schäferhundes folgte mir bis ins Zelt.
    Nach der Weite des Moores kam es mir drinnen beengt und überfüllt vor. Gestalten in Overalls wuselten umher. Das durch die blauen Zeltwände fallende diffuse Licht erzeugte eine ätherische Atmosphäre. Es war feucht und stickig, eine Muffigkeit, die auf unangemessene Weise an Camping erinnerte. Dazu roch es nach frischer Erde und etwas wesentlich weniger Angenehmem.
    Das Grab befand sich genau in der Mitte.
    Davor waren tragbare Scheinwerfer aufgestellt worden, die in der feuchten Luft leicht dampften. Als Abgrenzung hatte man Metallplatten
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