Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Versunkene Staedte

Versunkene Staedte

Titel: Versunkene Staedte
Autoren: Paolo Bacigalupi
Vom Netzwerk:
fertig bin, werden sie meinen Namen von den Häuserdächern rufen. « Er knurrte erneut zufrieden.
    Mahlia blickte zu Tool hoch. Zum ersten Mal glaubte sie, ihn so zu sehen, wie er wirklich war: keine Mischung aus verschiedenen Geschöpfen, sondern ein einzigartiges Ganzes, das für den Krieg geschaffen war und sich dort zu Hause fühlte.
    Gewehrfeuer hallte im Kanal wider. Erst nur ein paar Schüsse, dann immer mehr. Eine Kakophonie der verschiedensten Waffen, die Mahlia aus ihren Gedanken riss und die Soldaten zu den Schlauchbooten rennen ließ.
    Â» Fahrt los! « , sagte Tool. » Schnell! Bevor ihr eure letzte Chance verpasst. «
    Â» Komm schon, Mahlia! « , drängte Ocho. » Steig ein! «
    Als sie immer noch zögerte, hob Tool sie einfach hoch und setzte sie zwischen die Soldaten in eines der Schlauchboote. Der Soldat namens Stork warf den Motor an, und der Halbmensch hinter ihnen wurde rasch kleiner.
    Mahlia blickte zurück. Tool hob zum Abschied die Hand. Schließlich drehte er sich um, sprang in den Kanal und verschwand. Mahlia starrte auf die Stelle, wo er eben noch gestanden hatte, und schickte ihm ihre guten Wünsche hinterher.

4 6
    Die Schlauchboote rasten den Kanal hinunter und zogen eine Spur aus aufgewühltem Wasser hinter sich her. Vor ihnen war Gewehrfeuer zu hören.
    Â» Jetzt wird ’s interessant « , murmelte Ocho.
    Â» Werden wir es schaffen? « , fragte Mahlia.
    Â» Wird ziemlich knapp werden. « Der Motor des Schlauchboots jaulte auf, als Stork die Geschwindigkeit erhöhte. Ocho drückte Mahlia nach unten und deckte sie mit seinem Körper. Über ihnen pfiffen die Kugeln. Die Soldaten der VPF hatten sich alle flach hingelegt und erwiderten das Feuer. Patronenhülsen regneten auf Mahlia nieder, während die Waffen ratterten.
    Sie durchquerten die Frontlinie der GA – ein Spießrutenlauf aus Gewehrfeuer–, und dann hatten sie es geschafft. Ocho verlangte lautstark einen Statusbericht von seinen Soldaten.
    Mahlia richtete sich auf und blickte sich um. Ein Soldat, dem beide Ohren fehlten, stopfte hektisch Löcher in der Seite des Schlauchboots, um das Ausströmen der Luft zu verhindern. Mahlia beugte sich zu ihm hinüber. » Wie kann ich helfen? «
    Â» Halt das hier mit der Hand zu « , sagte der Junge und deutete auf eines der Löcher. » Und das da auch. Ich suche nach Klebeband. «
    Unbeholfen drückte Mahlia ihren Armstumpf und die bandagierte Linke auf die winzigen zischenden Löcher, während der Junge im Boot herumsuchte. Er fand eine Tüte, riss sie auf und holte Klebeband heraus.
    Â» Soweit ich mich erinnere, haben wir das das letzte Mal benutzt, um dich zu fesseln « , sagte er mit einem Grinsen. Mahlia starrte ihn an und versuchte abzuschätzen, ob er ihr gefährlich werden konnte. Aber der Junge war so aufgeregt wie ein junger Hund.
    Â» Ich bin Van « , sagte er, während er das Klebeband auf die Löcher klebte. Wieder pfiffen Kugeln über sie hinweg, aber Van grinste immer noch. Er machte weiter, als sei es das Tollste von der Welt, unter feindlichem Beschuss in einem Schlauchboot einen Kanal hinunterzurasen.
    Er war verrückt, urteilte Mahlia.
    Aber als sie sich die anderen Soldaten genauer ansah, stellte sie fest, dass sie alle wie Van waren. Sie schienen vor Tatendrang nur so zu strotzen. Ihr Eifer war ihnen deutlich anzumerken.
    Sie würden hier rauskommen. Sie alle. Sie lehnten sich in den Wind, und ihre Augen glänzten so lebendig, wie Mahlia es noch nie zuvor gesehen hatte. Ein ganzer Trupp Soldaten, die einer Zukunft entgegenfuhren, die sie niemals für möglich gehalten hatten.
    Vor ihnen tauchten ein paar Wachtposten der VPF auf. Sie hoben die Gewehre, aber Ocho zeigte ihnen die Farben der VPF . Die Wachtposten senkten die Waffen und winkten sie weiter. Alle drei Boote durften passieren.
    Mahlia betrachtete die Wachtposten an dem Kontrollpunkt. Es war seltsam, einfach so an ihnen vorbeizufahren. Ob die Wachen sie wohl bemerkt hatten und sich jetzt fragten, was eine Verstoßene mit der VPF zu tun hatte? Doch dann hatten sie die letzten Kontrollpunkte hinter sich gelassen und erreichten Potomac Harbor. Und nie wieder brauchte es sie zu kümmern, was die VPF oder irgendein Kriegsherr dachte.
    Vor ihnen breitete sich das offene Meer aus, Sonnenlicht glitzerte auf den Wellen. Im Hafen setzten die Klipper ihre Segel und machten sich bereit zu
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher