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Versunkene Inseln

Versunkene Inseln

Titel: Versunkene Inseln
Autoren: Marta Randall
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Woche in der ruhigen Küstenstadt Diablo, die im Osten der Insel der Kalifornischen See und der Sierra Nevada zugewandt ist, und im Westen der Insel Tarn und dem Pazifik. Hier spürte mich Paul auf, und wieder floh ich, so weit nach Norden, wie der Norden reicht. Und dort hockte ich, ganz oben auf dem Globus, und zitterte inmitten der Wärme des großen Hotels. Ich wanderte am Rand der Arktis entlang, betrachtete das Nordlicht am dunklen Himmel, die Schleier des polaren Glühens. Verbrachte einige Zeit unter den Bergen aus Schnee und lauschte den hallenden Echos in den Eiskavernen.
    „Wie Sie bemerken“, sagte der Fremdenführer und deutete von der Seh webeplatt form auf die gewölbten Wände um uns herum, „war die erste Schmelzung irreführend. Die Uralten verlegten ihre Kabel so, daß sie ein großes Gitternetz unter dem arktischen Eis bildeten. Für die Vorbereitungsarbeiten setzten sie Unterseeboote ein, für das Verlegen selbst primitive Servomechanismen. Als das Gitternetz fertiggestellt war, begannen sie das Eis zu erwärmen, von hier unten aus. Offenbar hatten sie folgende Theorie: Da die inneren Bestandteile der Eismassen langsamer schmelzen würden, mußte die Energie, die für ein gleichmäßiges Abtauen mit den Außenbereichen nötig war, entsprechend größer sein. Natürlich wäre es sinnvoller gewesen, zunächst die Außenbereiche mit einem Heizgitter zu überziehen und zu schmelzen, die Eisschollen dann von den Meeresströmungen zu den verschiedenen Zielpunkten transportieren zu lassen und sie dort zur Wasserversorgung der Städte und Anbauflächen zu verwenden. Doch wir können der Überlieferung entnehmen, daß die Uralten nicht die Absicht hatten, die Sache auf diese Weise in Angriff zu nehmen. Jedes Land lehnte es ab, einem anderen Staat zuerst Eis zukommen zu lassen. Und in ihrer Habgier und Hast und Furcht versuchten sie, alle gleichzeitig zu versorgen.“ Der Fremdenführer hielt kurz inne. „Stellen Sie es sich einmal vor: das Bild einer Polkappe, die plötzlich wie ein Schachbrett aufgeteilt wird und deren einzelne Bestandteile in wärmere Breiten geschleppt werden. Unglücklicherweise klappte es nicht. Die thermostatischen Kontrollen für die Innenbereiche waren viel zu hoch eingestellt. Das Eis schmolz, das Wasser erhitzte sich, kochte und schmolz noch mehr Eis – bis der ganze Kern der Eismasse verflüssigt war. Der Meeresspiegel stieg stetig an, als das Schmelzwasser sich unter der Polkappe hindurch einen Weg ins offene Meer bahnte. Und was noch schlimmer war: Ein Teil des bis dahin eingeschlossenen Schmelzwassers durchbrach den damaligen dünnen Rand der Eiskappe und schickte große Flutwellen nach Süden. Statt lebensspendende Eisschollen erzeugten die Uralten todbringende Springfluten.“ Der Fremdenführer zuckte mit den Achseln, als könnte man von Menschen, die schließlich nicht unsterblich waren, kaum etwas Besseres erwarten.
    Die Schwebeplattform hielt vor einer Wand aus verschiedenen Eisablagerungen an. Unten waren die Schichten sauber und rein, doch als wir daran emporstiegen, wurden sie zunehmend schmutziger, und ganz oben befanden sich nahezu schwarze Verunreinigungsschichten. Als ich die Aufmerksamkeit meinen Mitreisenden zuwandte, stieg plötzlich Selbstmitleid in mir empor, und ich fragte mich, wie viele Eisschichten sich ablagern mochten während der unendlichen Lebensspanne der Unsterblichen, die die dahingleitende Plattform mit mir teilten. Sie drängten sich am Rand zusammen und betrachteten die Schmutzschichten. Ich rückte von ihnen fort und starrte hinunter auf den kahlen Boden der Kaverne. Ich stellte mir vor, wie sie von Fluten kochenden Wassers durchspült wurde, schauderte und wandte mich wieder dem Fremdenführer zu.
    „Viele der Umwälzungen während der Großen Formung gehen unmittelbar auf die Überschwemmung zurück, doch verschiedene geologische Reaktionen richteten noch größeren Schaden an. Der plötzliche Druckabfall am Pol verursachte eine Verschiebung der tektonischen Platten unseres Planeten, was zu Erdbeben und Vulkanausbrüchen führte, die sich mit nichts vergleichen lassen, was uns die Geschichte in dieser Hinsicht überliefert hat. Überbevölkerung und zur Neige gehende fossile Brennstoffe haben die Uralten zum überstürzten Bau von Kernkraftwerken veranlaßt, wobei die notwendigen Sicherheitsmaßnahmen außer acht gelassen wurden. Viele dieser KKWs wurden an Verwerfungsspalten und in anderen Gebieten errichtet, in denen sich die ganze
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