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Versuchung

Versuchung

Titel: Versuchung
Autoren: Juliane Maibach
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Forschungseinrichtung der
Regierung. Aber weil die Schule mehrere Praktika innerhalb eines Schuljahres
vorschreibt, war ich im letzten Monat auch noch in der Abteilung für Vermessung
und Bauordnung.“
      „Das war sicher ziemlich
turbulent“, fügte ich leise hinzu. Immerhin war der Occasus aufgetaucht …
      Zu meiner
Verwunderung lachte er jedoch und sagte: „Eigentlich nicht. Wie gesagt, ich hab
richtig tolle Leute kennengelernt und wir haben viel Spaß gehabt. Beim Erkennungsdienst
sind einige … na ja, sagen wir mal sehr unkonventionelle Hexer. Mir sind natürlich
auch gleich am ersten Tag ein paar dumme Sachen passiert …“
      Er erzählte mir sogleich
von einigen Erlebnissen und berichtete beispielsweise davon, wie er einen
riesigen Aktenstapel vom obersten Stockwerk in den Keller hatte bringen sollen.
      „Du kennst ja die
schwebenden Plattformen, die man dafür benutzt. Jedenfalls hab ich auf diesem
winzigen Ding das Gleichgewicht verloren, und alle Unterlagen sind mir aus den
Händen gerutscht. Es war das reinste Chaos. Überall regneten Blätter herab,
aber nicht nur das. Einige Leute mussten auch schnell ausweichen, um nicht von den
herunterfallenden Aktenordnern getroffen zu werden“, fuhr er fort. Er erzählte
mal wieder so lebhaft, dass ich gar nicht anders konnte, als zu grinsen. Dieses
Durcheinander musste wirklich ein lustiger Anblick gewesen sein.
      „Schön, dass du
wieder lächeln kannst“, hörte ich ihn sagen. Ich blickte ihn erstaunt an. Erzählte
er mir deshalb diese Geschichten? Damit ich auf andere Gedanken kam und Night
wenigstens für einen Moment vergessen konnte?
      „Ich kann nur
erahnen, was du momentan durchmachst. Genau darum will ich, dass du wenigstens
ab und an mal an etwas anderes denken und lachen kannst. Ich weiß, dass es dir
nicht gut geht.“
      Ich war ihm ehrlich
dankbar für seine Worte. Mir war schon in den Sommerferien aufgefallen, dass er
sehr nett und einfühlsam war. Und ich musste zugeben, dass er dazu wirklich gut
aussah. Wenn ich nicht vorher Night kennengelernt hätte, hätte ich mich
womöglich in Archon verlieben können.
      Er beugte sich langsam
zu mir, streichelte mir über die Wange und schloss mich in seine Arme. „Du
musst dich nicht ständig verstellen. Zeig ruhig, wie es wirklich in dir
aussieht.“
      Ich fühlte seine
Wärme, roch diesen Duft. Es fühlte sich gut an und dennoch fremd und falsch. Er
war nun mal nicht Night. Dennoch rief es in mir etwas wach und rüttelte an der
Mauer, hinter der ich den Schmerz zu verschließen versuchte. Ich spürte, wie
sie Risse bekam und die ersten Tränen meine Wangen hinabliefen.
      Er hielt mich
einfach nur fest, während ich schluchzte und weinte wie schon lange nicht mehr.
Es fühlte sich befreiend an und es tat gut zu spüren, dass ich nicht allein
war.
      Es dauerte einige
Minuten, doch schließlich verebbten meine Tränen. Er wischte mir mit der Kuppe
seines Daumens die Letzte von der Wange, lächelte und küsste mich sanft auf die
Stirn.
      „Ich werde immer
für dich da sein.“
      Ich wollte etwas
erwidern, ihm nochmals sagen, dass sich an meinen Gefühlen nichts geändert
hatte und sich wohl auch nie etwas ändern würde, doch er legte mir den Finger
auf die Lippen.
      „Schon gut. Ich
weiß, was du sagen willst, und dennoch … ich bin für dich da.“
      Ich war erleichtert
über seine Worte und seltsamerweise linderten sie für einen kurzen Moment
meinen Schmerz. Ich nickte, den Kopf an seine Brust gelehnt, und wollte an
nichts mehr denken, sondern einfach nur den Augenblick genießen und spüren,
dass ich nicht allein war.
     
    Thunder, Céleste und
Shadow waren relativ lange weggeblieben. Sie hatten uns wohl genügend Zeit
lassen wollen und ich war ihnen dankbar dafür. Archon hatte derweil noch ein
paar weitere Anekdoten aus seinem Praktikum zum Besten gegeben und mich damit
erneut zum Lachen gebracht.
      Schließlich kehrten
die anderen mit diversen Getränken in den Armen zurück.
      „Sorry, hat etwas
länger gedauert“, entschuldigte sich Thunder grinsend.
      Shadow reichte jedem
von uns einen Softdrink. Ich nahm sogleich einen großen Schluck.
      „Erzähl mal, wie
läuft es in der Schule? Thunder hat gesagt, du wärst neulich verdammt übel mit
einem Lehrer aneinandergeraten?“, fragte Shadow.
      „Hmm … so kann man
das wohl sagen“, begann er, setzte ein schelmisches Grinsen auf und erzählte: „Ich
hab mich mit ein paar Freunden nachts vom
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