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Versuchung

Versuchung

Titel: Versuchung
Autoren: Juliane Maibach
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war
wirklich eigenartig. Ich würde sie wohl nie verstehen.
    „Sobald Sie das Pulver hergestellt haben“, erklärte Frau Carré in Trankkunde,
„packen Sie bitte jeweils fünf Gramm in dieses Papier und wickeln es ein.“
      Sie machte es vor,
hielt das fertige Päckchen in den Händen und warf es anschließend vor sich auf
den Boden. Es gab einen ohrenbetäubenden Knall, während alles in tiefschwarzem
Rauch versank, der uns allesamt zum Husten und Keuchen brachte. Es brannte
einem regelrecht in der Lunge und trieb mir die Tränen in die Augen.
      Frau Carré wirkte
einen Zauber, der den Rauch einsog, sodass auch das Kratzen in den Atemwegen
allmählich verebbte.
  „Wie Sie sehen, sind es äußerst wirksame Rauchbomben, die den Gegner für eine
Weile außer Gefecht setzen und Ihnen Zeit verschaffen, damit Sie fliehen oder
einen Spruch wirken können.“
      Die Klasse war
sofort begeistert und jeder Einzelne machte sich sogleich an die Herstellung
des Pulvers. Allerdings war diese nicht ganz einfach. Zunächst mussten wir eine
ziemlich komplizierte Apparatur, bestehend aus Schläuchen, Gläsern und Kolben,
aufbauen, um anschließend die einzelnen Bestandteile auf das Mikrogramm genau
abzuwiegen. Thunder war äußerst konzentriert bei der Sache. Es war ihr
anzusehen, wie viel ihr am Gelingen dieser Rauchbomben lag.
      Wir brauchten fast
die gesamten beiden Stunden für die Herstellung. Immer wieder mussten wir an
den Temperaturreglern drehen, weitere Substanzen hinzufügen, manche Dämpfe
absaugen sowie andere wieder auffangen, bis wir schließlich einen hellgrünen
Klumpen hergestellt hatten. Je kräftiger er in der Farbe war, desto intensiver
sollte auch die Wirkung sein. Zum Schluss mussten wir ihn in einem Mörser zu
Pulver verarbeiten und noch eine letzte Zutat hinzufügen. Die einzelnen Schalen
mit dem Pulver darin wurden mit unseren Namen versehen und von Frau Carré zur
Benotung eingesammelt.
     
    „Ich hätte das Zeug
am liebsten gleich behalten“, meinte Thunder, als wir nach der Stunde auf dem
Weg zur Cafeteria waren. „Das kann einem wirklich von Nutzen sein. Ich hoffe,
wir bekommen es nach der Benotung zurück.“
      „Damit du uns
regelmäßig in unserem Zimmer ausräuchern kannst, oder was?!“, meinte Shadow. „Auf
das Erlebnis verzichte ich verdammt gerne.“
      „Ich würde schon
aufpassen“, murrte sie.
      Zusammen gingen wir
an der Essensausgabe entlang, füllten unsere Teller und setzten uns an einen der
freien Tische. Thunder wickelte ihre Nudeln auf die Gabel, während sie einen
Blick in die Zeitung warf, die neben ihr lag. Geistesabwesend las sie ein paar
Zeilen. Plötzlich fiel ihr klirrend das Besteck aus der Hand und sie nahm das
Blatt in die Hand.
      „Das gibt’s doch
nicht!“, rief sie.
      „Was ist denn
los?“, fragte Céleste, die ebenfalls aufgehört hatte zu essen.
      „Die Dämonin ist
geflohen“, erklärte Thunder und las die zugehörige Passage vor:
     
      „ … Als man sie
zu einer neuen Befragung abholen wollte, fand man die Zelle verlassen vor. Es
gibt keinerlei Hinweise darauf, wie sie entkommen konnte. Die Tür war
verschlossen, Fenster waren nicht vorhanden. Zudem hatte man bei der Festnahme
darauf geachtet, ihre Magie mittels eines Brechers zu blockieren.
    Herr Jamson, der
Leiter des Baras-Gefängnisses, steht vor einem Rätsel. Die Radrym haben
unlängst mit ihren Untersuchungen begonnen, neue Erkenntnisse gibt es bislang
jedoch nicht. Als Nächstes wolle man, so Jamson, die Zelle mit stärkeren
Zaubern durchsuchen, um so herauszufinden, was dort geschehen ist. Man geht
allerdings bereits davon aus, dass jemand der Dämonin zur Flucht verholfen hat.
Ob dies der Occasus selbst gewesen sein könnte, ist zu diesem Zeitpunkt reine
Spekulation . “
     
      Ich spürte, wie sich
mein Magen zusammenzog. Mein Herz klopfte. Seine Mutter war also entkommen. War
es möglich, dass sie sich selbst befreit hatte? Oder hatte Night sie dort herausgeholt?
Ich wollte so gern glauben, dass er es war. Immerhin hatte ich so lange nichts
mehr von ihm gehört. Es wäre ein Zeichen, dass es ihm gut ging und er noch am
Leben war.
      In diesem Moment
waren die Sehnsucht und der Schmerz kaum mehr auszuhalten. Ich wollte wissen,
wie es ihm ging, was er gerade tat. Ich wollte bei ihm sein und seine Stimme
hören …
      Ich spürte erneut die
besorgten Blicke meiner Freundinnen und versuchte, sie zu beruhigen.
      „Mir geht es gut,
wirklich.“
      „Jedenfalls
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