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Versuchung in blond

Versuchung in blond

Titel: Versuchung in blond
Autoren: Kristina Cole Wright
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undurchdringlich. „Was ist darauf zu sehen?”
    Sam wand sich unter seinem Blick, nicht weil sie irgendetwas verheimlichen wollte,
    sondern weil sie auf seine Frage keine Antwort hatte. Noch nicht. „Ich bin mir nicht sicher.
    Bilder von Leuten, die nicht fotografiert werden wollten, nehme ich an.”
    „Sie nehmen es an?”
    Der ironische Unterton in seiner Stimme brachte sie auf. „Hören Sie, Sie wollten, dass ich Ihnen meine Geschichte erzähle. Es tut mir Leid, dass ich sie Ihnen nicht zu einem hübschen kleinen Päckchen verschnürt liefern kann.” Als Sam die Blicke der Kellnerin bemerkte, senkte sie die Stimme. „Ich habe Ihnen gleich gesagt, dass Sie sie gar nicht hören wollen.”
    Jake ließ sie nicht aus den Augen. „Ich will sie hören. Es scheint mir nur eine höchst lückenhafte Geschichte zu sein.”
    „Das brauchen Sie mir nicht zu sagen.”
    „Darf ich Ihnen eine Frage stellen?”
    Sam seufzte und schob sich eine verfilzte Haarsträhne aus dem Gesicht. Vielleicht hatte sie sich ja irgendeine unheimliche Sumpfkrankheit geholt. Ihre Hände zitterten so sehr, dass sie sie falten und um ihre Knie schlingen musste. Sie schaute auf ihre abgebrochenen, schmutzigen Fingernägel hinunter. „Ja, klar.”
    „Wen sollen Sie denn umgebracht haben?”
    Sam schaute ihm gefasst in die Augen. „Einen FBI-Agenten.”
    Seine Augen blitzten überrascht auf, dann runzelte er argwöhnisch die Stirn. „Ich
    verstehe.”
    „Wirklich?” fragte Sam, unfähig, ihre Bitterkeit zu verbergen. Sie war durch die Hölle gegangen. Allein. Sie erwartete kein Verständnis und keine Hilfe. Es wäre nur ganz nett gewesen, wenn ihr wenigstens ein einziger Mensch geglaubt hätte.
    „Also schön, nicht ganz. Sie haben mich überrascht, das ist alles.” Jake lächelte, aber seine Augen blieben wachsam. „Warum machen Sie sich vor dem Essen nicht ein bisschen frisch?”
    Sam nickte langsam. „Ja, gut.” Es war zu einfach. Er würde sie bestimmt nicht so leicht davonkommen lassen, oder? Sie rutschte von der Bank und stand auf. Ich wünschte, ich hätte Kleider zum Wechseln, dachte sie. Sie erschauerte unter der arktischen Kälte, die aus der Klimaanlage kam, und schlang ihre Arme fest um den Oberkörper. „Ich bin gleich wieder da.”
    Die Damentoilette war nicht sauberer, als sie sich selbst fühlte, aber immerhin gab es ausreichend Papierhandtücher und einen gefüllten Seifenspender. Sam schrubbte sich Gesicht, Hände und Arme, bis ihre Haut brannte. Widerstrebend schaute sie in den Spiegel.
    In dem kalten Neonlicht sah sie krank aus. Aber immerhin besser als vorher, obwohl sie sich noch immer nicht sauber fühlte. Sie wurde von einem plötzlichen Schwindel erfasst, so dass ihr ihr Spiegelbild vor den Augen verschwamm. Sie klammerte sich am Waschbecken fest, bis der Anfall vorüber war.
    Der Händetrockner war ein Luxus. Sie blieb davor stehen, bis sich ihre Kleidung nicht mehr ganz so feucht anfühlte. Wahrscheinlich roch sie immer noch nach Eau de Sumpf, aber dennoch war es ein Fortschritt. Als ihr klar wurde, dass schon eine Menge Zeit verstrichen sein musste, verließ sie eilig die Toilette und ging ins Restaurant zurück.
    Jake war weg.
    Überrascht schaute sie sich in dem verlassenen Lokal um und entdeckte ihn schließlich in der Nähe der Eingangstür. In dem schmalen Gang drängten sich ein Münzfernsprecher, ein Zigarettenautomat und ein Zeitungsständer. Jake stand mit dem Rücken zu ihr, und sie konnte nicht erkennen, was er machte. Wenn er um diese späte Stunde telefonierte, konnte es sich nur um einen Anruf bei der Polizei handeln. Panik erfasste sie. Gerade als Sam auf dem Absatz kehrtmachen wollte, drehte er sich zu ihr herum.
    Er kam mit schnellen Schritten auf sie zu. „Ich habe mich schon gewundert, wo Sie
    abgeblieben sind.” Er hatte sich eine Zeitung unter den Arm geklemmt. „Ich war eine Woche lang in der Wildnis und wollte nur sehen, was es in der Welt Neues gibt.”
    „Für mein Bild in der Zeitung ist es wohl noch zu früh.” Sam warf einen Blick über die Schulter in Richtung Damentoilette und überlegte, ob sie dort ein Fenster gesehen hatte. Sie wusste es nicht. Ihr Gedächtnis lieferte ihr nur seltsam verschwommene Bilder.
    „Wahrscheinlich haben Sie Recht”, gab Jake zurück, während er wieder auf seinen Platz rutschte und sie erwartungsvoll anschaute. Sie setzte sich ebenfalls und beobachtete sein Gesicht. Vielleicht sagte er die Wahrheit. Vielleicht wollte er ihr wirklich
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