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Versteckt

Versteckt

Titel: Versteckt
Autoren: Jack Ketchum
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meinen Geschmack, aber trotzdem ein echter Hingucker. Sie war ein paar Jahre jünger als der Typ, fast noch minderjährig, und trug einen winzigen gelben Bikini.
    Das Handtuch des anderen Mädchens war leer.
    Auf dem Trampelpfad sah ich mich noch mal um. Sie war nirgendwo zu sehen. Drei Meter vor dem oberen Rand der Klippe blieb ich wieder stehen und ließ den Blick über den Strand schweifen. Nichts.
    »Ich bin hier oben«, sagte sie.
    Ich wäre fast von der Klippe gestürzt – und da ging es ziemlich tief runter.
    Sie hatte es einfach so gesagt. Ganz beiläufig. Als wäre es offensichtlich, dass ich nach ihr Ausschau hielt. Als hätte sie es einfach gewusst. Ich drehte mich um. Sie stand direkt über mir. Wahrscheinlich lief ich rot an, sie grinste nämlich.
    Ich ging zu ihr hinauf. Dabei blickte ich auf meine Füße, nicht weil ich zu stolpern fürchtete, sondern weil es, wie gesagt, nun mal meine Art ist, und es mir außerdem fast unanständig vorkam, sie direkt anzugaffen. Bikini hin oder her – ich hatte selten jemanden so nackt gesehen.
    Vielleicht lag es daran, dass sie sich in ihrer Haut so wohlfühlte – wie ein Kind, das den Sinn und Zweck von Kleidung noch nicht so recht begriffen hat.
    Trotzdem war sie sich ihrer erotischen Ausstrahlung bewusst – sie war keineswegs unschuldig, wie sie so dastand und mit einem grün-weißen Handtuch nach einem Büschel Habichtskraut schlug.
    Der Wind hatte sich schon lange gelegt.
    Die Sonne ließ ihr dunkles Haar rot und braun schimmern.
    Seitdem war ich in der Karibik und weiß, wie das Meer dort bei Sonnenuntergang funkelt und wie sich der helle, fast durchsichtige Himmel grau und schließlich nachtschwarz färbt. Ihre Augen hatten exakt die Farbe der letzten Lichtstrahlen des vergehenden Tages.
    Sie zogen mich in ihren Bann, verschlangen mich.
    Wie alt sie wohl war?
    Ich murmelte ein Hi.
    »Du hast doch nach mir gesucht, oder?« Sie sagte das nicht spöttisch. Überhaupt nicht.
    »Ja, stimmt. Woher hast du das gewusst?«
    Ihre vollen Lippen formten ein Lächeln, aber sie antwortete nicht.
    Sie sah mich an, und ich sah sie an, und wieder kam sie mir so entblößt vor, so unbeschwert nackt. Erneut schlug sie mit dem Handtuch, und der Kopf einer Gänseblume fiel in den Staub. Dann drehte sie sich um und ging zu einem dunkelgrünen Mercedes, der zwischen Raffertys altem Dodge und einem weißen Corvair parkte.
    »Fährst du mich nach Hause?«
    »Klar.«
    Sie stieg auf den Beifahrersitz. Ich ging auf die andere Seite und setzte mich hinters Steuer. Der Schlüssel steckte im Zündschloss, und ich ließ den Motor an.
    »Wohin?«
    »Willoughby Road Nr. 7. Weißt du, wo das ist?«
    »Klar. Eine Ferienwohnung?«
    »Ja.«
    »Das klingt nicht gerade begeistert.«
    »Bin ich auch nicht. Sie haben mich in der Schule angerufen und gesagt, dass sie diese tolle Ferienwohnung für den Sommer gefunden haben. Ich fahre hier hoch, und auf dem Weg schrumpft alles – die Bäume, die Häuser, das Gebüsch, einfach alles. Ich frage mich, ob ich nicht auch langsam schrumpfe. Das Kaff hier ist ziemlich öde, oder?«
    »Wem sagst du das.«
    »Gehst du aufs College?«
    »Nein.«
    Ich fuhr vom Parkplatz. Bis jetzt hatte ich noch nie ein schlechtes Gewissen gehabt, weil ich nicht aufs College ging. Hatte ich eigentlich immer noch nicht, aber ich war nahe dran.
    »Du schon, oder?«
    Ich kann richtig gut Konversation machen.
    »Aufs Pine Manor, drüben in Chestnut Hill. Ich bin kurz vorm Abschluss. Steven geht nach Harvard. Kimberley ist nur ein Jahr unter mir, sie hat Französisch als Hauptfach. Ich hab Humanbiologie. Nächstes Jahr könnte ich Feldforschung machen, aber ich weiß noch nicht so recht.«
    »Warum nicht?«
    »Klar, warum nicht. Wird’s dir hier nicht langweilig?«
    »Hä?«
    »Ist es nicht furchtbar langweilig hier?«
    »Doch, schon.«
    »Was machst du so?«
    »Was ich arbeite?«
    »Um die Zeit totzuschlagen.«
    »Och, dies und das. Ich bin oft am Strand.«
    »Das glaub ich sofort.«
    Die Straße war kurvig und eng. Zum Glück kannte ich sie wie meine Westentasche, daher konnte ich hin und wieder einen Blick auf sie werfen. Sand klebte auf ihrer Schulter. Ich hätte ihn gern weggewischt, nur um sie zu berühren. Sie lümmelte im Sitz, und sie war zweifellos topfit. Ihr Bauch war bis auf eine kleine Falte über dem Magen völlig glatt. Sie roch ganz leicht nach Schweiß und Salzwasser.
    »Schöner Wagen«, sagte ich. »Gehört er dir?«
    »Nein.«
    »Deinem
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