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Verschwundene Schätze: Roman (German Edition)

Verschwundene Schätze: Roman (German Edition)

Titel: Verschwundene Schätze: Roman (German Edition)
Autoren: Miklós Bánffy
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schritt Gazsi Kadacsay, der in Kronstadt aktiv bei den kaiserlich-königlichen Husaren im Dienst stand, doch da er sich jetzt, wie so oft, wieder in Urlaub befand, trug er Zivilkleider: eine kurze Pelzjacke und auf dem Kopf eine keck schräg aufgesetzte, verschlissene Schaffellmütze. Links ging Ákos, der jüngste Alvinczy. So begleiteten sie den in der Mitte schreitenden Ambrus Kendy, den Anführer der Jugend. Sie hofierten ihn von beiden Seiten eifrig, denn es galt als eine gewaltige Sache, dass Onkel Ambrus sich nicht zu gut gewesen war, die feine Vergnügung bei Zigeunermusik zu unterbrechen und sich ihnen zu diesem Serenade-Rundgang anzuschließen. Hätte er widersprochen, so wäre es ihnen gar nie möglich gewesen, ihm die Zigeunermusikanten abspenstig zu machen. Sie hatten denn auch kaum den Mut gefunden, den Vorschlag zur Sprache zu bringen.
    Zu ihrer großen Freude stimmte Onkel Ambrus gleich zu: »Meinetwegen, hol’s der Henker!«, sagte er. »So komme ich eben mit euch hinaus, dabei sehe ich euren Nasenflügeln an, dass ihr mich weit mitschleppen wollt. Was? Ihr Schlingel! Natürlich, dort hinaus. Zu der Schönen, freilich! Zur Villa Uzdy, was? Zu Adrienne Milóth, ja! Nun gut, ich laufe mit, obwohl ich eher gewohnt bin, den Frauen drinnen zu tuten, statt ihnen von draußen zu zirpen!«
    Hierauf johlte er ein langes »Hii-ji-ji-jii!« und lachte dazu kräftig, während er schwungvoll klatschend mit den schweren flachen Händen schnipste, wie das Bauernburschen beim Csárdás tun. Die jungen Leute nahmen heute einen Stuhl mit, damit Onkel Ambrus nicht zu stehen brauchte, was er, wie sie wussten, nicht mochte. Und wenn es schon einen Stuhl gab, dann sollten es mehrere sein, und wenn Stühle da waren, dann sollte auch ein Tisch her, und wenn sie einen Tisch hatten, dann brauchte man auch Champagner. So hatte sich das schon einige Male abgespielt, galt aber doch als eine Ausnahme.
    Der Sechste, der mithielt, war László Gyerőffy. Er schlich nur seitwärts mit wie ein Beipferd. So im Dunkel wirkte er immer noch sehr elegant. In der schlecht beleuchteten Gasse sah man ihm nicht an, dass sein gut geschnittener Überzieher zerknittert und leicht abgewetzt und der aus London stammende Lob-Hut oben beschädigt war. In seiner englischen Kleidung hielte man ihn für ebenso stattlich wie einst in seiner Glanzzeit letztes und vorletztes Jahr, als er in Pest Vortänzer war, bevor ihn das Kartenspiel zugrunde richtete und er aus verschiedenen Clubs in der Hauptstadt austreten musste. Sein Äußeres war gleich geblieben, und das, was geschehen war, spürte man nur an seinem Benehmen, an den leicht linkischen, sich unterordnenden Umgangsformen, an der Art, wie er sich stets nur ans Tischende setzte; er erschien nur, wenn er darum ausdrücklich gebeten wurde, und irgendwie schien er es für eine Ehre zu halten, wenn ihn jemand ansprach. Sein Verhalten veränderte sich nur dann, wenn man ihn viel trinken ließ. In solchen Augenblicken kam bei ihm unerwartet irgendeine merkwürdige Hoffart zum Vorschein, ein gesteigertes Selbstwertgefühl. In solchen Momenten trug er den Kopf hoch, stieß den Hut zurück und sprach mit jedem, wer es auch sein mochte, von sehr hoch oben herab in geringschätzigem, verächtlichem Ton. Jetzt traf dies nicht zu, er hatte dazu zu wenig getrunken. Jetzt schlenderte er bescheiden an der Seite der anderen, manchmal blieb er auch ein wenig zurück.
    Den ersten Halt legten sie in der Kül-Torda-Straße ein. Dort, in einem Haus, das sich an die einstige Wehrmauer anlehnte, wohnte die alte Frau Kamuthy mit ihren Enkeln. Man musste sich in den Hof begeben, auf welchen ihre Fenster hinausgingen. Hier ließ Ákos Alvinczy die Musikanten das Leiblied der jüngeren Tochter sowie sein eigenes spielen, dazu einige Walzer und noch zwei weitere Weisen, und nachdem sich im Fenster eine Kerze gezeigt hatte, zum Zeichen, dass man der Serenade lausche, kam noch ein frischer Csárdás an die Reihe. Hernach setzte die Gesellschaft ihren Weg fort. Nun hielten sie auf der Monostori-Straße vor Frau Laczóks Haus. Hier schlugen sie auf dem Gehsteig ihr Lager auf. Der Tisch wurde vom Wagen heruntergeholt, Ambrus und seine Genossen setzten sich darum herum, tranken und prosteten einander eifrig zu, einzig Baron Gazsi blieb vor den Zigeunern stehen, denn bei diesem Halt war es an ihm, die Serenade darzubringen. Nüchtern kam es ihm niemals in den Sinn, im Rausch aber war er jeweils überzeugt, dass er in Idus Laczók auf
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