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Verschlüsselte Wahrheit - Inspektor Rebus 05

Verschlüsselte Wahrheit - Inspektor Rebus 05

Titel: Verschlüsselte Wahrheit - Inspektor Rebus 05
Autoren: Ian Rankin
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beschlossen vorbeizufahren. Nun wünschte er beinah, er hätte es nicht getan. Der Fußboden war voller Blut, das das dort ausgebreitete Sägemehl rot gefärbt hatte. Warum einige Metzger immer noch Sägemehl über ihre Böden schütteten, war ihm unbegreiflich. Außerdem war an der weiß gekachelten Wand ein blutiger Handabdruck und darunter ein Blutfleck von undefinierbarer Form.
    Der Verletzte hatte auch draußen eine feucht schimmernde Blutspur hinterlassen, die Clerk Street entlang und ein Stück in den Lutton Place hinein (beleidigend nahe an St. Leonard’s), wo sie urplötzlich am Bordstein endete.
    Der Name des Mannes war Rory Kintoul, und jemand hatte ihm ein Messer in den Unterleib gerammt. Das wussten sie. Viel mehr jedoch nicht, da der Mann sich weigerte, über den Vorfall zu sprechen. Ganz anders verhielten sich dagegen die Leute, die zum fraglichen Zeitpunkt in der Metzgerei gewesen waren. Sie standen jetzt draußen und berichteten denjenigen, die stehen blieben, um durch das Schaufenster zu starren, von den aufregenden Ereignissen. Das erinnerte Rebus an Samstagnachmittage im St. James Centre, wenn sich Männer vor den Fernsehläden scharten in der Hoffnung, die Fußballergebnisse mitzukriegen.
    Rebus beugte sich zu Kintoul hinab.
    »Und wo wohnen Sie, Mr Kintoul?«
    Doch der Mann hatte nicht vor zu antworten. Stattdessen kam von der anderen Seite der Glastheke eine Stimme.
    »Duncton Terrace.« Der Sprecher trug eine blutige Metzgerschürze und wischte gerade ein großes Messer an einem Geschirrtuch ab. »Das ist in Dalkeith.«
    Rebus sah den Metzger an. »Und Sie sind …?«
    »Jim Bone. Mir gehört der Laden.«
    »Und Sie kennen Mr Kintoul?«
    Kintoul hatte mühsam den Kopf gedreht und suchte offenbar Blickkontakt mit dem Metzger, als ob er dessen Antwort beeinflussen wollte. Doch so schlaff, wie er da unten gegen die Theke gelehnt saß, hätte er schon dämonische Fähigkeiten besitzen müssen, um das tatsächlich zu bewirken.
    »Sollte ich wohl«, antwortete der Metzger. »Er ist mein Cousin.«
    Rebus wollte gerade etwas sagen, doch in diesem Augenblick wurde die Fahrtrage von zwei Sanitätern hereingerollt. Einer von ihnen wäre fast auf dem glitschigen Fußboden ausgerutscht. Als sie die Trage vor Kintoul hinstellten, bemerkte Rebus etwas, das er so schnell nicht vergessen würde. Hinter der Theke waren zwei kleine Schilder, eines steckte in einem Stück Cornedbeef, das andere in einer dicken Scheibe Hüftsteak.
    Kalter Aufschnitt stand auf dem einen Schild, auf dem anderen ganz lapidar Frischfleisch. Als die Sanitäter den Cousin des Metzgers hochhoben, blieb ein großer Flecken frischen Blutes auf dem Fußboden zurück. Kalter Aufschnitt und Frischfleisch. Rebus ging schaudernd zur Tür.
    An dem Freitag nach der Arbeit beschloss Rebus, eine Massage zu nehmen. Er hatte Patience zwar versprochen, dass er um acht zu Hause sein würde, aber jetzt war es erst sechs. Außerdem schien ein kräftiges Durchkneten ihn immer für das Wochenende fit zu machen.
    Doch als Erstes spazierte er ins Broadsword, um sich ein Pint des dort ausgeschenkten Biers einzuverleiben. Es gab nichts Typischeres in dieser Gegend als Gibson’s Dark, ein starkes Bier, das nur sechshundert Meter weiter in der Gibson Brewery hergestellt wurde. Eine Brauerei, ein Pub und ein Massagesalon — es fehlte nur noch ein gutes indisches Restaurant und ein kleiner Lebensmittelladen, und Rebus hätte hier bis in alle Ewigkeit glücklich und zufrieden leben können.
    Nicht dass er nicht gerne mit Patience in deren Gartenwohnung in der Oxford Terrace wohnen würde. Das stellte sozusagen die andere Seite seines Lebens dar. Denn zweifellos lagen Welten zwischen Oxford Terrace und dieser anrüchigen Gegend Edinburghs, einer von vielen dieser Art. Rebus fragte sich, warum diese eine so starke Anziehungskraft auf ihn ausübten.
    Die Luft draußen war von dem typischen Hefegeruch der Bierherstellung erfüllt, der mit dem noch schlimmeren Gestank der viel größeren Brauereien der Stadt konkurrierte.
    Das Broadsword war eine beliebte Kneipe und wurde wie die meisten beliebten Kneipen in Edinburgh von einem gemischten Publikum frequentiert: Studenten, Proleten und ab und zu ein Geschäftsmann. Das Einzige, was für das ansonsten recht anspruchslose Lokal sprach, war gutes Bier und ein guter Weinkeller. Das Wochenende hatte bereits begonnen, und Rebus stand eingezwängt an der Bar neben einem Mann, dessen riesiger Schäferhund hinter den
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