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Verschlüsselte Wahrheit - Inspektor Rebus 05

Verschlüsselte Wahrheit - Inspektor Rebus 05

Titel: Verschlüsselte Wahrheit - Inspektor Rebus 05
Autoren: Ian Rankin
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brauche eine Bleibe. Nur für ein bis zwei Wochen, bis ich wieder Boden unter den Füßen habe.« Rebus starrte mit steinerner Miene auf die Poster an den Wänden, während Michael weiterredete. Er wolle sich eine Arbeit suchen … das Geld wäre knapp … er würde jeden Job nehmen — er brauche bloß eine Chance.
    »Weiter nichts, John, bloß eine Chance.«
    Rebus dachte nach. Patience hatte natürlich Platz in ihrer Wohnung. Selbst jetzt, wo die Nichten zu Besuch waren, gab es immer noch genügend Platz. Aber Rebus würde auf keinen Fall seinen Bruder mit nach Oxford Terrace nehmen. Die Dinge liefen eh schon nicht besonders gut. Sie engagierten sich beide beruflich, arbeiteten lange und waren deshalb häufig erschöpft. Rebus bezweifelte, dass sich die Situation durch Michael entspannen würde. Ich bin doch nicht der Hüter meines Bruders, dachte er. Aber trotzdem.
    »Wir könnten dich vielleicht hier in der Abstellkammer unterbringen. Ich muss allerdings erst mit den Studenten reden.« Er glaubte zwar nicht, dass sie nein sagen würden, doch es schien ihm höflicher zu fragen. Wie könnten sie es überhaupt wagen, nein zu sagen? Er war schließlich ihr Vermieter, und Wohnungen waren schwer zu finden.
    »Das wär toll.« Michael klang erleichtert. Er stand auf und ging zur Tür der Abstellkammer. Die war eher ein großer belüfteter Schrank, der vom Wohnzimmer abging. Gerade groß genug für ein Bett und eine Kommode, wenn man die Kisten und den übrigen Plunder ausräumte.
    »Das ganze Zeug kriegen wir vermutlich im Keller unter«, sagte Rebus, der nun direkt hinter seinem Bruder stand.
    »John«, erwiderte Michael, »so wie ich mich fühle, wär ich schon zufrieden, wenn ich im Keller schlafen dürfte.« Und als er sich zu seinem Bruder umdrehte, hatte Michael Rebus Tränen in den Augen.
    Am Mittwoch wurde Rebus allmählich klar, dass seine Welt eine schwarze Komödie war.
    Michael war ohne jedes Aufhebens in die Wohnung in der Arden Street eingezogen. Rebus hatte Patience mitgeteilt, dass sein Bruder wieder da war, ansonsten jedoch nicht viel dazu gesagt. Sie verbrachte ohnehin viel Zeit mit den Töchtern ihrer Schwester. Sie hatte sich ein paar Tage freigenommen, um ihnen Edinburgh zu zeigen, was sich jedoch als ziemlich anstrengend erwies. Die fünfzehnjährige Susan wollte nämlich genau die Dinge tun, die Jenny mit ihren acht Jahren nicht tun wollte oder konnte. Rebus fühlte sich von diesem weiblichen Triumvirat fast völlig ausgeschlossen. Allerdings schlich er sich manchmal nachts in Jennys Zimmer, um den unschuldigen Anblick eines schlafenden Kindes zu erleben. Susan versuchte er allerdings eher aus dem Weg zu gehen, da diese sich anscheinend der Unterschiede zwischen Männern und Frauen nur allzu sehr bewusst war.
    Beruflich war er so eingespannt, dass er nicht mehr als ein paarmal am Tag an Michael dachte. Ach ja, die Arbeit, das war auch so eine Sache. Nachdem die Great London Road Police Station abgebrannt war, hatte man Rebus nach St. Leonard’s versetzt, der Hauptwache im Stadtzentrum.
    Mit ihm gekommen waren Detective Sergeant Brian Holmes und — zu ihrer beider Bestürzung — Chief Superintendent »Farmer« Watson und Chief Inspector »Fart« Lauderdale. Der Umzug hatte durchaus Vorteile gebracht — neuere Büros und Möbel, günstigere Lage und bessere Ausstattung —, aber nicht genug. Rebus konnte sich immer noch nicht so ganz an seinen neuen Arbeitsplatz gewöhnen. Alles war dermaßen aufgeräumt, dass er nie etwas fand. Folglich war er stets darauf erpicht, aus dem Büro heraus und auf die Straße zu kommen.
    Was dazu führte, dass er in einer Metzgerei in der South Clerk Street landete und auf einen Mann mit einer schweren Stichwunde hinunterstarrte.
    Der Mann war bereits von einem Arzt versorgt worden, der zufällig in der Schlange gestanden hatte und auf seine Koteletts und ein paar Scheiben Vorderschinken wartete, als der Verletzte in den Laden taumelte. Die Wunde war provisorisch mit einer sauberen Metzgerschürze verbunden worden, und nun warteten alle darauf, dass aus dem Krankenwagen vor der Tür eine Trage ausgeladen wurde.
    Ein Constable setzte Rebus kurz ins Bild.
    »Ich war nur ein Stück weiter die Straße rauf, als mich jemand über den Vorfall informierte. Deshalb kann er nicht länger als fünf Minuten hier gewesen sein, und ich bin sofort gekommen. Dann hab ich’s gleich per Funk durchgegeben.«
    Rebus hatte die Funkmeldung des Constable im Auto aufgeschnappt und
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