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Verschlüsselte Wahrheit - Inspektor Rebus 05

Verschlüsselte Wahrheit - Inspektor Rebus 05

Titel: Verschlüsselte Wahrheit - Inspektor Rebus 05
Autoren: Ian Rankin
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sagen.« Er ging zum Bett zurück und stellte sich ans Fußende, an dem McPhails Fieberkurve und die Liste der Medikamente, die man ihm verordnet hatte, hingen. Rebus wartete, bis McPhails feuchte Augen auf ihn gerichtet waren, dann lächelte er noch einmal mitfühlend.
    »Es tut mir Leid«, sagte er. Diesmal drehte er sich um und verließ endgültig den Raum.
    Rebus hatte Andy Steele als Vermittler gebraucht. Es wäre für ihn ein zu großes Risiko gewesen, die Geschichte selbst in Umlauf zu setzen. Cafferty hätte vielleicht erfahren, von wem sie stammte, und das hätte alles scheitern lassen. McPhail war nicht notwendig, aber trotzdem ganz nützlich gewesen. Rebus erklärte Andy Steele zweimal, wie die Intrige gelaufen war, und selbst dann schien der junge Mann noch nicht alles zu begreifen. Er sah aus wie ein Mensch, den ein Dutzend Fragen quälten, auf die es keine Antwort gab.
    »Was hast du denn nun vor?«, fragte Rebus. Eigentlich hatte er gehofft, dass Steele bereits auf der Heimreise war.
    »Ich werde mich für ein Stipendium bewerben«, antwortete Steele.
    »Du willst studieren?«
    »Wohl kaum! Es handelt sich um eins von diesen Programmen, mit denen man Arbeitslosen neue Jobs verschaffen will.«
    »O aye?«
    Steele nickte. »Ich komm dafür in Frage.«
    »Und was ist das für ein Job?«
    »In einem Detektivbüro natürlich!«
    »Wo genau?«
    »In Edinburgh. Seit ich hier bin, hab ich mehr Geld verdient als in sechs Monaten in Aberdeen.«
    »Das kann doch nicht dein Ernst sein«, sagte Rebus. Aber Andy Steele meinte es ernst.

36
    Er hatte noch ein letztes Gespräch vor sich, auf das er sich gar nicht freute. Von St. Leonard’s ging er zur Universitätsbibliothek am George Square. Der Sicherheitsposten an der Tür warf einen kurzen Blick auf Rebus’ Ausweis und deutete dann mit dem Kopf zur Ausleihtheke, wo Nell, groß und breitschultrig, gerade Bücher von einem Studenten im Dufflecoat zurücknahm. Überrascht nahm sie seine Gegenwart zur Kenntnis, schien zunächst sogar erfreut, doch als sie die Bücher kontrollierte, bemerkte Rebus, dass sie nicht ganz bei der Sache war. Schließlich kam sie zu ihm herüber. »Hallo, John.«
    »Nell.«
    »Was führt Sie hierher?«
    »Kann ich Sie kurz sprechen?«
    Sie bat ihre Kollegin, fünf Minuten für sie einzuspringen. Dann gingen sie in einen von Bücherregalen gesäumten Gang.
    »Brian hat mir erzählt, der Fall wäre abgeschlossen. Der Fall, der ihm so viel Sorgen gemacht hatte.«
    Rebus nickte.
    »Das ist ja toll. Danke für Ihre Hilfe.«
    Rebus zuckte die Schultern.
    Sie neigte den Kopf ein wenig zur Seite. »Ist irgendwas nicht in Ordnung?«
    »Ich weiß es nicht genau«, sagte Rebus. »Vielleicht können Sie es mir sagen?«
    »Ich?«
    Rebus nickte wieder.
    »Ich versteh Sie nicht.«
    »Sie haben mit einem Polizisten zusammengelebt, Nell. Sie wissen, dass wir uns auf Motive stützen müssen. Manchmal haben wir nicht viel mehr als das in der Hand. Ich habe in letzter Zeit viel über Motive nachgedacht.« Er schwieg, als eine Studentin in der Tür erschien, in den Flur trat, Nell kurz zulächelte und wieder ging. Nell blickte ihr nach. Rebus hatte den Eindruck, sie wäre gern für ein paar Minuten in die Haut der Studentin geschlüpft.
    »Motive?«, fragte sie. Sie lehnte an der Wand, doch ihre Haltung vermittelte keineswegs Gelassenheit.
    »In jener Nacht im Krankenhaus«, sagte er, »der Nacht, in der Brian überfallen wurde, da haben Sie doch was von einem Streit erzählt, und dass er anschließend ins Heartbreak Café abgehauen ist?«
    Sie nickte. »Das stimmt. Wir hatten uns an dem Abend auf einen Drink getroffen, um über alles zu reden. Doch stattdessen haben wir uns gestritten. Ich versteh nicht …«
    »Ich hab immer wieder darüber nachgedacht, was für ein Motiv hinter dem Überfall stecken könnte. Zu Anfang waren es zu viele, doch es ist mir gelungen, sie einzugrenzen. Und es blieben lauter Motive übrig, die auf Sie verweisen, Nell.«
    »Was?«
    »Sie haben mir erzählt, Sie hätten Angst um ihn, und zwar, weil er selbst Angst hatte. Und die hatte er deshalb, weil er auf etwas gestoßen war, womit man womöglich Big Ger Cafferty drankriegen könnte. Wäre es da nicht besser, wenn jemand anders den Fall übernähme, sich jemand anders der Gefahr aussetzte? Mit anderen Worten: ich. Also haben Sie mich da reingezogen.«
    »Moment mal …« Doch Rebus hob die Hand und schloss die Augen — ein Zeichen, dass sie schweigen sollte. »Dann«, fuhr er
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