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Verschieden - ein Mira-Valensky-Krimi

Verschieden - ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Verschieden - ein Mira-Valensky-Krimi
Autoren: Wien/Bozen Folio Verlag
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Ich habe sie zusammen mit vielen Wachtelknochen eingesperrt, sie nervt zu sehr, wenn ich koche. Was wird mit ihr werden? Noch haben wir die Wohnungsfrage nicht gelöst, es ist einfach keine Zeit dafür gewesen.
    Im Vorzimmerspiegel betrachte ich die Verletzung im Gesicht. Die Schwellung ist in den letzten Tagen merklich zurückgegangen, und von weitem könnte man die Farbe meiner Wange auch schon für eine mutige Rouge-Kreation halten. Den Riss aber werde ich wohl noch eine ganze Zeit lang haben.
    Vielleicht sollte ich doch meine Jeans wechseln, die Kocherei hat ihnen nicht wirklich gutgetan. Außerdem sollte ich dringend ein paar Kilo abnehmen. Auch nichts Neues. Wer weiß, ob ich nicht doch noch beginne mich im get.moving herumzutreiben. Zwecks immer möglicher Veränderung. Ich könnte ja nicht nur die anderen, sondern auch mich selbst überraschen. Das ist immerhin eine nette Zukunftsperspektive. Ich schneide mir vor dem Vorzimmerspiegel eine Grimasse, befreie Gismo, sie hat in der Zwischenzeit das Schlafzimmer in ein Wachtelbeinhaus verwandelt. Entweder mag sie die zarten Knochen nicht, oder sie war einfach sauer, dass ich sie eingesperrt habe. Man wird sehen: Wenn sie bloß beleidigt war, sind die Knochen weg, wenn ich wieder zurück bin. Ich habe ohnehin keine Zeit, also lasse ich das Schlachtfeld, wie es ist, nehme bequeme Leinenhosen aus dem Schrank und mache mich mit einigen Kilo Hühnerteilen auf den Weg Richtung Auto. Drei Mal muss ich die Stiegen hinauf und hinunter, bis ich alles verstaut habe.
    Erschöpft falle ich danach auf den Fahrersitz und gebe Gas.
    Dass zwei Mütter so viel bewegen können. Manninger trägt mit einem Helfer Speisen in den Kühlraum, Oskar muss Tische hin und her schieben. Ein Putztrupp ist dabei, das gesamte Heurigenlokal in neuem Glanz erstrahlen zu lassen, der Gärtner liefert riesige Palmen an, meine Mutter wollte Oleander, aber die blühen jetzt nicht mehr, und etwas internationales Flair kann nicht schaden, haben Oskar und ich entschieden. Vesna wurde dazu verdonnert, meinem Vater Gesellschaft zu leisten, sie debattiert mit ihm über den Bosnien-Krieg. Sie war live dabei, aber natürlich hat er Recht, immerhin war er vor seiner Pensionierung Landesrat und muss sich daher mit Politik besser auskennen als eine Putzfrau und Privatdetektivanwärterin.
    Ich soll den Tischplan überprüfen. Dabei, gebe ich zu, ist es mir herzlich egal, wer neben wem sitzt. Es soll ein lockeres Gartenfest werden, und da braucht es keine Sitzordnung.
    »Sei nicht so bockig«, sagt meine Mutter.
    Oskars Mutter lächelt etwas schmallippig: »Aber sie ist eine reizende Braut!«
    Ich renne davon.
    Als die Palmen geparkt, die Tische angeordnet, die Speisen eingeräumt und Vaters Kriegstheorien noch immer nicht am Ende sind, werden wir zusammengetrommelt. Nun werde man gemeinsam noch einmal alles durchgehen.
    Interessanterweise scheint nicht Oskars Mutter, sondern meine das Kommando übernommen zu haben. Seit Jahrzehnten steht die zierliche Frau unsicher im Schatten meines Vaters. Aber nun … Vielleicht ist es in Wirklichkeit nicht mein, sondern ihr »großer Tag«. Sie hält einen großen Block randvoll mit Notizen in der Hand.
    »Also«, beginnt sie, »wir sind um 14 Uhr am Standesamt. Wenn alles gut geht, fahren wir von dort um 14.30 Uhr weg – wollt ihr nicht doch noch eine Kutsche, Oskar? Maria?«
    »Mira«, brumme ich, »nein, wollen wir nicht.« Friedlicher füge ich hinzu: »Denk dran, was passieren kann, wenn die Pferde durchgehen.« Ich sehe Vesna grinsen.
    »Gut, also: Wir sind dann um 15 Uhr hier. – Oskar, mein Lieber, hast du daran gedacht, deinen Wagen waschen zu lassen?«, fährt sie fort.
    Oskar nickt brav. Zum Glück kommt mein kleiner alter Fiat für einen Hochzeitszug nicht in Frage. Ich lasse ihn nur waschen, wenn mich wieder einmal jemand gefragt hat, welche Farbe er eigentlich hat.
    »Wir« – damit meint sie Oskars Mutter und sich selbst – »werden beim Eingang stehen, die Gäste begrüßen, sie einweisen und zu ihren Plätzen bitten. Inzwischen geht Herr Manninger mit seinen Leuten herum und serviert erste Häppchen und Prosecco, Bier, Mineralwasser.«
    Und wie ich da so sitze, schweifen meine Gedanken ab, und ich sehe mich an einem Pool, ganz allein, nur ein großes Glas Weißwein neben mir. Und plötzlich taucht Philipp wie ein U-Boot aus dem Wasser auf und will mich … Ich schrecke hoch, ich muss eingenickt sein, kein Wunder, geschlafen habe ich wenig, die Kocherei
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