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Verschieden - ein Mira-Valensky-Krimi

Verschieden - ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Verschieden - ein Mira-Valensky-Krimi
Autoren: Wien/Bozen Folio Verlag
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gesagt, dass ich eben gerne Fotografin sei und gerne ab und zu mit meinen Freundinnen und Freunden ausgehe, das sei alles. Was gab es da viel zu reden? Aber dann wurde mir alles zu viel, und ich bin von Mattei weggegangen und zum ›Magazin‹ gewechselt, damit er endlich aufhört mit seiner Eifersucht und diesem Druck, er liebe mich und ich sei der Mittelpunkt seines Lebens und er wolle dasselbe von mir hören. Ich bring’s nicht mehr raus, ich bin nicht besonders gut im Lügen – ich kann so was nicht sagen, wenn ich Zweifel habe, ob es noch stimmt.«
    »Was ist dein Mann von Beruf?«
    »Praktischer Arzt, ich dachte, du weißt das, er hat eine Praxis im fünften Bezirk.«
    »Dann hat er doch ohnehin auch eine Menge zu tun.«
    »Natürlich, noch dazu, wo er einer der wenigen ist, die täglich Hausbesuche machen. Das Problem ist: Ihn interessieren nur seine Arbeit und seine Familie und sonst nichts.«
    »Familien verändern sich eben, schon dadurch, dass die Kinder größer werden.«
    Gerda seufzt. »Allein das jährliche Trara, wenn er sie zwingt, mit auf Urlaub zu fahren. Er sieht es als Liebesbeweis, für mich ist es Erpressung, aber ich habe, solang es ging, halbwegs mitgespielt.«
    »Und jetzt?«
    »Ich weiß nicht mehr, was ich tun soll. Ich wollte unserer Beziehung noch eine Chance geben, indem ich von Mattei wegging und zum ›Magazin‹ gewechselt habe. Philipp ist ja erst sechzehn und sowieso in einer extrem schwierigen Phase. Zum Glück ist er in der Früh meistens schon fort.«
    Für mich klingt es, als hätte diese Beziehung keine große Zukunft mehr, aber vielleicht gehe ich auch zu sehr von meinem eigenen Freiheitsdrang aus. Mir vorzustellen, dass mich einer in der Früh mit existenziellen Fragen volllabert, wo ich doch noch nicht einmal richtig weiß, wie ich heiße … Jedenfalls habe ich nicht vor, mich da einzumischen. »Wenn du wen zum Reden brauchst oder sonst etwas – du kannst jederzeit zu mir kommen«, sage ich und rühre mit dem orangefarbigen Strohhalm im Bodensatz meines Drinks.
    Sie nickt. »Danke. Es ist ja vor allem wegen der Kinder. Dabei ist Claudia kaum noch daheim, sie übernachtet meistens bei ihrem Freund, das ist auch so ein Streitpunkt zwischen uns. Ich denke, dass so etwas heute ganz normal ist, auch wenn ich mich noch immer nicht ganz daran gewöhnt habe. Sie findet unsere Auseinandersetzungen in erster Linie peinlich, hab ich den Eindruck, sie will damit nichts zu tun haben. Und Philipp … ich weiß nicht, er tut so, als würde er seinen Vater hassen – was ich natürlich gar nicht will. Vor kurzem hat mein Mann einen ›Familienrat‹ einberufen, wie er das nannte. Er wollte die Kinder dazu bringen, dass sie sich über mein jetziges Leben beschweren, sie sollten sagen, dass es ihnen nicht passt, wie sich alles verändert hat. Haben sie aber nicht gemacht. Und Philipp hat eine unserer wilderen Streitereien mitbekommen. Seither ist er zu tausend Prozent auf meiner Seite, aber ich kann trotzdem nicht froh darüber sein. Na ja. Vielleicht wird ja alles wieder besser. Auf alle Fälle wird es mir gut tun, hier zu trainieren. Als Fotografin ist es ziemlich wichtig, dass man in Form bleibt. Nächstes Jahr werde ich vierzig …«
    Schwer bepackt steige ich einige Stunden später die steile Treppe zu meiner Wohnung hinauf, heute keuche ich schon ab dem dritten Stock, aber jetzt habe ich ja diese Halbjahreskarte, und diesem rapiden Verfall wird endlich Einhalt geboten. Ganz sicher. Außer den Taschen mit Zeug aus dem Supermarkt habe ich auch noch einen prall gefüllten Sack von einem großen Sportgeschäft. In den engen Workout-Hosen habe ich wie eine Kreuzung aus Knackwurst und Michelin-Männchen ausgesehen, allerdings war das Licht in der Umkleidekabine auch brutal. Ich habe mich schließlich für einen lässigen Trainingsanzug mit kurzer und langer Hose entschieden. Seit ich Chefreporterin beim »Magazin« geworden bin, verdiene ich zwar deutlich besser, trotzdem hat mein persönlicher Fitnessboom heute ein gewaltiges Loch ins Budget gerissen.
    Gismo erwartet mich mit lautem Gemaunze – man könnte es fast schon Gebrüll nennen – hinter der Tür, während ich keuchend in meiner Umhängetasche nach dem Wohnungsschlüssel krame. Sie schert sich einen Teufel um Fitness und ist trotzdem noch immer sehr beweglich, auch wenn sie jetzt schon … ich rechne nach … mehr als acht Jahre auf dem Buckel hat.
    Ich parke meine Einkaufstaschen im Vorzimmer und streichle meine
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