Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verschieden - ein Mira-Valensky-Krimi

Verschieden - ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Verschieden - ein Mira-Valensky-Krimi
Autoren: Wien/Bozen Folio Verlag
Vom Netzwerk:
Eingang.«
    Die Sportwissenschaftlerin wohnt in einer Siedlung, die wenig mit der Weinviertler Idylle zu tun hat. Fünfhundert-Quadratmeter-Parzellen, ein Haus neben dem anderen, gebaut oder gekauft von denen aus Wien, die nicht so viel Geld haben, aber trotzdem ihren Traum vom Eigenheim leben wollen.
    »Ich habe es von meinem Vater übernommen«, erklärt sie. »Er war bei der Finanz, und jetzt ist er im Altersheim. Man kann hier sehr schön joggen.«
    Gerda fotografiert, ohne viel zu sagen, ich versuche mich auf meine Fragen zu konzentrieren. Die Sportwissenschaftlerin plädiert für Mittelmaß, auch beim Sport, ist nett und ein wenig langweilig.
    Ich fahre mit Gerda zurück zur Redaktion, im Lift murmle ich: »Wenn du was brauchst …«
    Gerda sieht mich an. »Mir ist das fast peinlich, sorry. Es ist alles okay – oder so.« Sie versucht ein Grinsen. »Life goes on. Ich schau mal, ob die Bilder brauchbar sind.«
    Ich sehe auf die Uhr. Genug Zeit, um noch meine Mails zu checken, bevor ich Vesna beim Türken am Eck aufgable.
    Der Gebrauchtwagenhandel Drago Kelvac sieht nicht so aus, als dass ich hier freiwillig stehen bleiben und ein Auto kaufen würde. Ich wusste gar nicht, wie weit Wien nach Süden reicht: staubige Landstraßen mit kleinen Fabriken, Hallen, dazwischen graue Wohnhäuser, geduckte Einfamilienhäuser. Und weil momentan so viel von der Feinstaubbelastung geredet wird – hier hat man das Gefühl, er ist so dicht, dass man ihn schneiden kann. Was für ein Unterschied selbst zur langweiligen Siedlung am Ortsrand im Weinviertel, gar nicht zu reden von dem hohen Bürgerhaus, in dem Gerda wohnt. Ganz vorne, gleich am Stacheldrahtzaun, stehen vier Mercedes unterschiedlichen Baujahrs, in großen Lettern steht geschrieben, zu welch günstigen Monatsraten sie zu haben sind.
    Vesna wirft bloß einen kurzen Blick darauf. Auf dem Weg habe ich ihr erzählt, was heute Früh bei Gerda los war. »Manchmal ist Schlagen nicht das Schlimmste«, hat sie gemeint. »Schlimm schon, aber die Angst ist noch schlimmer.« Wie viel weiß ich von ihr?
    »Mercedes ist nichts für mich«, meint sie jetzt. »Ich zahle lieber bar, und solche Mercedes-Autos sind entweder alt und langsam oder zu teuer.«
    Ich bin beruhigt.
    Ein schwarzhaariger Mann, der mir gerade einmal bis zum Kinn reicht, kommt heraus, klopft Vesna freudestrahlend auf die Schulter und beginnt sofort, in seiner Muttersprache auf sie einzureden.
    Vesna schüttelt freundlich lächelnd den Kopf. »Du musst deutsch reden, Drago, ist unhöflich vor Mira Valensky, sie kann kein Bosnisch.«
    Drago wechselt mitten im Satz ins Deutsche, ohne deshalb die Anzahl der Silben pro Minute zu reduzieren. »Schönes Damenauto, wie gesagt, Vesna, mein Schatz, hat sie viel Freude damit, ganz gelb und von echter Dame gefahren, nicht viel und vorsichtig, ist er kleiner Opel, alles perfekt in Schuss, gepflegt, in Garage.«
    Vesna schüttelt den Kopf. »Ich will kein Damenauto, weiß auch nicht, was das ist. Mein Auto muss schnell sein und nicht auffällig, und viel kosten darf es nicht.«
    Drago klatscht in die Hände. »Dann ist der genau richtig für dich. Da hinten. Golf GTI, ohne Probleme. Was meinst du?«
    Vesna sieht sich den schwarzen Wagen interessiert an. »Ist ziemlich alt, oder?«
    »Aber ganz gut in Schuss, Ehrenwort!«
    »Besser, wenn meine Brüder da wären, die kennen sich aus«, flüstert sie mir unschlüssig zu.
    »Und so ein GTI ist unauffällig genug?«, gebe ich zu bedenken.
    »Weiß nicht, aber schnell, wenn er wirklich noch in Ordnung ist.«
    »Und was ist mit dem dort hinten?« Ich deute auf einen kleinen Mitsubishi in Hellblau. »Der ist unauffällig.«
    Vesna rümpft die Nase. »Das ist schon zu unauffällig.«
    Drago fällt noch etwas ein: »110 PS, Renault, nicht groß, 3.000 Euro – ist das Deal?«
    Vesna runzelt die Stirn: »Was hat er für Fehler?«
    »Er ist achtzehn Jahre alt, Pickerl neu, top, bei meine Ehre! Ich Freunden von Freunden nie Schlechtes verkaufen.«
    Ich bin dezent genug, um nicht zu fragen, wie er das mit Käufern handhabt, die er nicht kennt.
    Jedenfalls hat Vesna eine halbe Stunde später einen knallroten R5, und ich hoffe, sie nutzt die 240 km/h, die er angeblich fährt, nie aus.
    »Was der für Beschleunigung hat«, schwärmt Vesna, »und ist er dabei klein und unauffällig.«
    »Und was machst du, wenn er übermorgen eingeht?«
    »Dann rede ich mit Nachbarn. Aber der geht nicht ein, das habe ich in Gefühl.«
    Am nächsten Nachmittag
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher