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Verschieden - ein Mira-Valensky-Krimi

Verschieden - ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Verschieden - ein Mira-Valensky-Krimi
Autoren: Wien/Bozen Folio Verlag
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Valensky, aber es gibt Dinge, die soll man nicht alleine machen.«
    »Weißt du schon, wo? Und was du willst?«
    »Ich kenne Teilhaber bei einer Werkstätte plus Gebrauchtwagenverkauf. Der kann mich nicht betrügen, weil er ist Freund von unserem Nachbarn, und unser Nachbar ist guter Freund von meinem Mann und von mir auch. Wir werden sehen, was er hat. Ich habe 4.000 Euro gespart, extra gelegt, weil sonst geht alles in das normale Budget. Nicht dass mein Mann Geld vertrinkt oder so, aber von allem muss er nicht wissen.«
    »Und wenn du jetzt plötzlich mit einem Auto nach Hause kommst?«
    »Werde mir schon eine Geschichte einfallen lassen.«
    Die Redaktionssitzung ist eine unnötige Geduldübung wie beinahe immer. Bühne frei für unseren Chefredakteur, und die meisten meiner Kolleginnen und Kollegen wissen nichts Besseres, als über seine Späßchen auch noch zu lachen. Nur mein Freund Droch sitzt regelmäßig da, als würde ihn das alles nichts angehen. Anwesend abwesend. Ob ich ihm von Gerdas Problemen erzählen soll? Er mag sie ganz gern, das weiß ich. Oder ist das schon Tratschen? Außerdem: Seine Kompetenz bei Eheproblemen ist lange nicht so hoch wie jene in politischen Zusammenhängen. Er ist das Aushängeschild des »Magazins«, wenn es um seriösen politischen Journalismus geht. Und von Politikern aller Parteien gefürchtet. Jetzt witzelt der Chefredakteur auch noch darüber, dass ausgerechnet ich eine Reportage über den Fitnessboom mache, der scharfe Blick von außen, haha. Und dann starrt er tatsächlich auf meine Oberschenkel. Man sollte ihm eines über die Rübe ziehen, aber inzwischen ist er schon bei der Erzählung über den Halbmarathon, den er schneller gelaufen sei als der Wirtschaftsminister. Ich lächle und schlage zurück: »Der arme Minister hat wahrscheinlich weniger Zeit zu trainieren. Und: Ist er nicht schon an die sechzig?«
    Ich habe versprochen, Gerda abzuholen. Wir haben einen Termin bei einer Sportwissenschaftlerin, sie wohnt im Weinviertel. Vielleicht geht es sich danach noch aus, etwas Wein einzukaufen, überlege ich, während ich mich durch den Wiener Frühverkehr staue. Fast ein Glück, dass ich um diese Zeit noch so benommen bin und mein Aktivitätspegel für Ärger oder Stress einfach noch nicht ausreicht. Ich gähne und bin zufrieden, dass ich die Straße auf Anhieb gefunden habe. Und als dann auch noch genau vor Gerdas Haustür ein Parkplatz frei wird, wache ich vor Freude beinahe auf. Schöner Altbau. »Dr. Hofer«, lese ich am Klingelbrett, ich läute – keine Reaktion. Ich läute noch einmal. Wieder nichts. Eine ältere Frau mit einem Dalmatiner stößt die Eingangstür auf, ich sage ein freundlich-verwaschenes »Guten Morgen« und husche ins Haus. Nein, nicht den Lift, Mira, du weißt nicht, in welchem Stock Gerda wohnt. Sicher in einem der oberen. Also doch Lift, ich kann die Treppe ja von oben nach unten gehen. Der Lift ist eindeutig frisch renoviert, sauber. Das ganze Haus strahlt großbürgerliche Wohnqualität aus. Viel Platz, viel Licht, gediegen.
    Im vierten Stock ist nur eine Eingangstür: »Professor Winternitz«. Okay, dann nach unten. Zwei hohe zweiflügelige Wohnungstüren im dritten Stock. Ich lese »Hofmann«, gehe auf die andere Seite, lese gerade »Dr. Hofer«, als ich es höre:
    »Es reicht jetzt!«, schreit ein Mann. »Ich befehle dir, hier zu bleiben. Du verlässt das Haus nicht, bis ich es sage!«
    Ich merke, dass die Tür nur angelehnt ist. Davon, dass er sie anbrüllt, hat Gerda nichts gesagt. Soll ich reingehen? Was, wenn er gewalttätig wird? Die Stimme hört sich so an, als sei alles möglich, am Kippen.
    »Lass mich gehen, sofort«, kreischt Gerda. Es klingt kaum besser.
    »Glaubst du, ich weiß nicht, mit wem du dich triffst? Glaubst du, ich bin ein Idiot?«
    Ich atme flach, kann keine Entscheidung treffen, lausche wie gelähmt.
    »Ich werde von einer Redakteurin abgeholt, wir machen eine Reportage. Eine Reportage, wenn das in dein Hirn geht.«
    Ein Poltern.
    »Ahhh«, schreit Gerda, »fass mich nicht an. Wenn du mich anfasst …«
    »Dann was? Ha, dann was? Alle anderen können dich antatschen, glaub ja nicht, dass ich so blöd bin, ich bin dein Mann, und ich befehle dir …«
    »Einen Dreck hast du mir zu befehlen, du bist ja übergeschnappt.«
    Wieder Poltern, Keuchen, ich muss rein, da wird immer wieder über Zivilcourage geredet und darüber, dass man nicht zusehen darf, wie Frauen und Kinder verprügelt werden, aber wenn es dann einmal so
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