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Verrückte Zeit

Verrückte Zeit

Titel: Verrückte Zeit
Autoren: Kate Wilhelm
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Laurens Seh- und Hörvermögen hatten sich rasch erholt, und die Angelegenheit wurde als erledigt betrachtet und auf pubertäre Schwierigkeiten geschoben.
    Doch die Angst vor dem Wahnsinnigwerden hatte sich in ihr eingenistet, hatte sich eine kleine tiefe Höhle in ihr gegraben, und dort existierte sie weiter. Sie hatte jetzt von sich selbst den Eindruck, als ob sie sich davor duckte und ständig beobachtete, ob sie womöglich wuchs; sie zu verleugnen wagte sie nicht.
    Sie hatte das Unmögliche gesehen; deshalb konnte sie nicht das gesehen haben, was sie gesehen zu haben glaubte. Unmöglich bedeutete, daß es nicht sein konnte. Das durfte sie niemals vergessen. Und wenn sie nicht das gesehen hatte, was sie gesehen zu haben glaubte, was hatte sie dann wirklich gesehen? Sie hatte der Polizei genau erzählt, was sie gesehen hatte, doch wenn sie ihre Geschichte abwandelte, was konnten sie dagegen tun? Sie wären zufriedener mit ihr, wenn sie zugeben würde, daß sie durcheinander war. Durcheinander! Eher hysterisch. Der Mann war aus dem Fenster gesprungen. Das Fenster war nicht zu öffnen. Nun gut, dann war er eben zum Aufzug zurückgegangen. Doch er hatte seine Kleider am Boden liegend zurückgelassen. Okay. Er war gar nicht da gewesen. Jemand hatte seine Kleider irgendwo hingelegt, und sie hatte gleich eine ganze Geschichte darum herum erfunden. Selbstentzündung! Peter hielt immer noch an dieser Vorstellung fest. Sie erschauderte und nippte am Scotch.
    Die Tür wurde geöffnet, und die beiden Polizisten kamen herein, ein Farbiger, ein Weißer, die gleiche Sorte; beide glaubten ihr nicht. Jetzt waren noch zwei weitere Männer bei ihnen, ein großer Mensch mit einer Leichenmiene und ein faßförmiger, der aussah, als ob er Uniform trüge, obwohl er in Wirklichkeit einen gutgeschnittenen grauen Anzug anhatte.
    Der farbige Polizist lächelte sie an und sagte dann zu den anderen: »Dr. Waycross, wenn Sie und Ihre Mitarbeiter bitte im Vorraum warten würden, wir möchten uns ein paar Minuten mit Dr. Steele unterhalten.«
    »Natürlich. Natürlich. Ich verstehe vollkommen, Lieutenant. Lauren, meine Liebe, wenn Sie uns aus irgendeinem Grund brauchen sollten, was es auch sei, bitte, bitte lassen Sie es uns wissen. Wirklich, was es auch sein mag, meine Liebe.« Auf dem Weg aus dem Zimmer blieb er vor ihr stehen und tätschelte ihr leicht die Wange. »Ihr Gesicht, wie blaß es ist, ihre Hand, wie sie zittert! Gehen Sie behutsam mit ihr um, Lieutenant. Kommen Sie, Rich, Warren. Kommen Sie!«
    Der farbige Polizist wartete, bis sich die Tür hinter ihnen geschlossen hatte, dann sagte er: »Wir möchten Sie bitten, uns noch einmal ganz genau alles zu erzählen, was passiert ist, Dr. Steele, von dem Moment an, als Sie den Mann zum erstenmal sahen, bis zu seinem … Verschwinden. Ja?«
    Sie hatte ein ganzes Jahr lang nichts anderes als Kriminalromane gelesen; sie wußte, daß das nur Routine war, doch auch wenn sie ihr nicht glaubten, was lag schon daran? Sie hätte sich keine Geschichte ausdenken können, die unglaubwürdiger wäre als die wahre. Sie erzählte noch einmal.
    »Sie haben ihn vor dem heutigen Abend noch nie gesehen?« fragte der militärische Typ mit fester Stimme.
    Sie nickte. »So ist es.«
    »Und er glühte blau und verschwand anschließend.« Seine Stimme triefte vor Ungläubigkeit.
    Sie nickte erneut.
    »Wieviel haben Sie heute abend getrunken?«
    Entrüstet setzte sie ihr Glas hart ab. »Überhaupt nichts. Mit Ausnahme von diesem hier, und ich habe kaum daran genippt. Peter hat es mir eben erst eingeschenkt.«
    Trigger Happy klopfte sich auf den Bauch und wanderte im Zimmer auf und ab; ihm galt seine Untersuchung, nicht dem Mädchen. Für ihn waren alle weiblichen Wesen mit Ausnahme seiner Mutter Mädchen. Dieses hier log. Ein paar Gläser in einer Bar mit ihrem Freund, ein Streit, und dann das. Er schüttelte den Kopf und klopfte sich wieder auf den Bauch, diesmal zufrieden. Er hatte seit über einer Stunde nicht mehr rumort; wenn es ihm gutging, ging es auch seinem Bauch gut. Die beiden Wissenschaftler waren nicht ganz richtig im Kopf. Das war naturgegeben. Aber schließlich hatten sie etwas geboten. Mehr, als sie selbst erwartet hatten, mehr, als sie zu beherrschen in der Lage waren. Liebes Gottchen, dachte er vergnügt, eine Waffe, die durch Wände schießen konnte, ohne daß hinterher etwas davon zu sehen war, und die dann einen Menschen in Luft auflöste, ohne daß eine Spur von ihm zurückblieb! Der Laser
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