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Verrat in Paris

Verrat in Paris

Titel: Verrat in Paris
Autoren: Tess Gerritsen
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Sir Reggie und Lady Helena Vane – versprach, etwas interessanter zu werden als die üblichen Empfänge. Es war die erste große Party, die Onkel Hugh seit seinem Ausscheiden aus dem britischen Geheimdienst gab, und eine Reihe seiner ehemaligen Kollegen vom MI 6 wurde erwartet. Dazu kamen ein paar alte Bekannte aus seiner Zeit in Paris, die alle wegen des Wirtschaftsgipfels gerade in London weilten. Es könnte also ein spannender Abend werden. Denn immer, wenn Diplomaten und ehemalige Agenten aufeinander trafen, kamen überraschende Geheimnisse ans Licht.
    Jordan sah auf, als sein Onkel leise vor sich hin schimpfend ins Arbeitszimmer kam. Er trug bereits seinen Smoking und versuchte erfolglos, seine Fliege zu binden; schließlich gelang es ihm, eine Art störrischen Kreuzknoten zu machen.
    »Jordan, hilf mir doch bitte mal mit diesem verdammten Ding«, bat Hugh.
    Jordan erhob sich aus seinem Sessel und löste den Knoten wieder.
    »Wo ist Davis? Er kann so was viel besser als ich.«
    »Ich habe ihn gerade deine Schwester holen geschickt.«
    »Ist Beryl schon wieder weg?«
    »Natürlich. Erwähne das Wort ›Cocktailparty‹, und weg ist sie.«
    Jordan band seinem Onkel die Fliege. »Beryl mochte Partys noch nie. Mal ganz unter uns: Ich glaube, sie hat genug von den V anes.«
    »Meinst du? Aber sie sind so nette Gäste. Sie passen so gut dazu –«
    »Es sind die kleinen Gemeinheiten, die sie austauschen.«
    »Ach,
das
meinst du. So waren sie schon immer. Mir fällt das schon gar nicht mehr auf.«
    »Ist dir aufgefallen, dass Reggie Beryl nachläuft wie ein Hündchen?«
    Hugh lachte. »Bei hübschen Frauen
wird
Reggie zu einem Hündchen.«
    »Kein Wunder, dass Helena ihn dauernd anmeckert.« Jordan ging einen Schritt zurück und betrachtete die Fliege seines Onkels mit einem Stirnrunzeln. »Wie sehe ich aus?«
    »Das muss reichen.«
    Hugh sah auf die Uhr. »Ich sehe besser noch mal in der Küche nach, ob alles in Ordnung ist. Und warum sind die Vanes noch nicht unten?«
    Wie aufs Stichwort hörten sie zwei streitende Stimmen im Treppenhaus. Lady Helena schimpfte wie so oft mit ihrem Mann. »
Irgendjemand
muss es dir ja mal sagen«, rief sie gerade aus.
    »Ja, und dieser Jemand bist immer du.«
    Sir Reggie flüchtete sich ins Arbeitszimmer, seine Frau folgte ihm. Jordan war bei jedem Treffen wieder aufs Neue erstaunt darüber, wie wenig die beiden zueinander passten. Der grauhaarige und gut aussehende Sir Reggie überragte seine unscheinbare Frau um Längen. Vielleicht lag es an Helenas Erbe, dass die beiden zusammengefunden hatten; mit Geld ließen sich gewisse Defizite schon seit jeher ausgleichen.
    Als es kurz vor sechs war, schenkte Hugh vier Gläschen Sherry ein und reichte sie seinen Gästen. »Bevor die Massen ankommen«, sagte er. »Ich trinke auf eure sichere Rückkehr nach Paris.« Sie tranken. Dieser letzte Abend im Kreise alter Freunde hatte etwas von einer feierlichen Zeremonie.
    Jetzt erhob Reggie sein Glas in Richtung des Gastgebers. »Auf die englische Gastfreundschaft, die wir immer wieder zu schätzen wissen!«
    Von der Einfahrt hörte man einen Wagen auf dem Schotter vorfahren. Alle spähten aus dem Fenster, um zu sehen, wer die ersten Ankömmlinge waren. Der Chauffeur öffnete die Wagentür, und eine Dame in den Fünfzigern stieg aus, ihren reifen Körper umschmeichelte ein grünes Kleid, das über und über mit Perlen besetzt war. Hinter ihr tauchte ein junger Mann in einem lilafarbenen Seidenhemd auf. Er nahm ihren Arm.
    »Ach du lieber Himmel, Nina Sutherland mit ihrem unmöglichen Sohn«, murmelte Helena. »Auf welchem Besen ist
die
hierher geflogen?«
    Nina Sutherland bemerkte, dass die vier am Fenster standen. »Hallo Reggie! Helena!« rief sie mit einer Stimme, tief wie ein Fagott.
    Hugh setzte sein Sherryglas ab. »Zeit, die Barbaren zu begrüßen«, murmelte er seufzend. Und er und die Vanes verschwanden Richtung Vordertür, um die Gäste willkommen zu heißen.
    Jordan ließ sich noch etwas Zeit, trank seinen Sherry aus, setzte ein Lächeln auf und machte sich bereit fürs Händeschütteln. Die Stürmung der Bastille – was für ein Vorwand für eine Party! Er strich noch einmal über seine Frackschöße und über sein Rüschenhemd und machte sich dann resignierend auf den Weg zum Eingang. Der Zirkus konnte losgehen.
    Die Frage war nur, wo um Himmels willen seine Schwester war.
    Diese ritt zur selben Zeit wie eine Besessene über eine Wiese. Die gute alte Froggie braucht Bewegung, dachte
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