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Vermächtnis des Schweigens (German Edition)

Vermächtnis des Schweigens (German Edition)

Titel: Vermächtnis des Schweigens (German Edition)
Autoren: Heather Gudenkauf
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war, die mir geholfen hat, als ich einmal nicht perfekt war. Doch sie hätten es nicht verstanden, egal, was ich gesagt hätte.
    „War es das wert, Allison?“ Meine Mutter ließ nicht locker. „War sie all die Lügen wert?“
    „Ja“, sagte ich schlicht und erwiderte den starren Blick meiner Mutter ungerührt. „Ja, Brynn war es wert.“
    Am Ende hatte ich Brynn vor gar nichts beschützt. Ich dachte, ich hätte das Richtige getan, indem ich die Schuld auf mich genommen hatte. Ich wollte ihr weitere Schmerzen ersparen. Doch ich schätze, ich hatte das Unvermeidliche nur unnötig hinausgezögert. Ich hoffe, dass sie in ihrem Leben wenigstens für eine Weile Frieden gefunden hatte. In ihrer Zeit bei unserer Großmutter die Liebe und Unterstützung erfahren hatte, die sie verdiente. Etwas Trost in ihren Tieren gefunden hatte.
    „Nun.“ Mein Vater klatschte halbherzig in die Hände. „Wie wäre es, wenn wir dir einen Scheck ausstellen, damit der Anfangnicht ganz so schwer wird?“, bot er an, als würde das alles wiedergutmachen. Ich hatte keinen Job, keinen Platz zum Wohnen und war komplett pleite. Der normale Menschenverstand riet mir, das Geld anzunehmen.
    „Nein, danke“, lehnte ich ab, und das war es dann. So endete es also zwischen meinen Eltern und mir. Sie würden nie miterleben, wie ich das College abschloss, mich niemals heiraten oder Kinder bekommen sehen. Ich fragte mich, wem die Tränen meiner Mutter gegolten hatten. Dem Verlust von Brynn oder mir? Hatte sie geweint, weil wir uns nicht zu den Töchtern entwickelt hatten, die sie sich erhofft hatte? Ich würde es niemals erfahren.
    Nachdem meine Eltern gegangen und in das stille, isolierte Leben zurückgekehrt waren, das sie für sich erschaffen hatten, machte ich mich auf die Suche nach meiner Großmutter. Sie stand an Brynns Grab und weinte still. „Grandma“, fragte ich leise. „Ist mit dir alles in Ordnung?“ Ich legte ihr eine Hand auf die Schulter.
    „Ich dachte, dass es ihr besser ging.“ Sie schniefte. „Sie ist zu diesem Arzt gegangen. Sie war auf einem guten Weg mit der Schule und ihren Tieren.“
    „Oh Grandma“, sagte ich und fing wieder an zu weinen. „Es ist alles meine Schuld. Es war nicht ihr Fehler mit dem Baby. Es war meiner.“
    Meine Grandma zog mich in ihre starken, kräftigen Arme. Ich überragte sie ein ganzes Stück. „Allison, Liebes, es gibt genügend Schuld, die verteilt werden kann.“
    Nachdem sie mich losgelassen hatte, gingen wir zu ihrem Auto. „Werden deine Eltern versuchen, den kleinen Jungen kennenzulernen?“
    „Nein. Glaubst du wirklich, dass Joshua in die Nähe meiner Eltern kommen sollte?“ Ich zog eine Grimasse und schüttelte mich übertrieben.
    „Nein, ich schätze nicht. Hast du dich von ihm verabschiedet? Von Joshua, meine ich?“
    „Nein. Die Kelbys wollten offensichtlich nichts mit mir zu tunhaben, und ich schätze, ich kann sie verstehen. Ich habe Joshua seit dem Abend im Buchladen nicht mehr gesehen.“
    „Du hast geholfen, sein Leben zu retten. Das ist doch was.“
    „Es sind gute Leute, aber ich bin für sie nur eine fürchterliche Erinnerung. Auch wenn ich mit Brynns Versuch, Joshua zu ertränken, nichts zu tun habe, weiß ich, dass sie mir nie wieder vertrauen werden. Ich hätte meinen Job bei Bookends in der Sekunde kündigen müssen, als mir klar wurde, wer Joshua ist. Ich hätte Brynn nie von ihm erzählen dürfen.“
    Ich sah zu, wie meine Großmutter die Autotür öffnete, und fragte mich, wie anders wohl alles gekommen wäre, wenn sie da gewesen wäre, als Brynn und ich noch klein gewesen waren. Die wenigen Erinnerungen, die ich an Besuche bei ihr und Übernachtungen in ihrem Haus hatte, waren wundervoll. Ich erinnerte mich, mit Brynn zusammen zwischen Grandmas Blumen gespielt zu haben. Wir hatten unsere Nase in den samtigen Blütenblättern der schneeweißen Pfingstrosen vergraben und die Hummeln verscheucht, die uns für das Eindringen in ihr Territorium gerügt hatten. Hätte ihre Güte etwas geändert?
    „Soll ich dich irgendwohin mitnehmen?“, fragte sie.
    „Nein, danke. Olene wartet auf mich.“
    „Noch eine Umarmung“, forderte sie lächelnd, und ich beugte mich vor und schloss sie ein letztes Mal in die Arme.
    „Allison“, sagte sie, als sie ins Auto stieg und den Schlüssel mit ihren geschwollenen, knotigen Fingern ins Zündschloss steckte. „Wenn du mich brauchst – wenn du es willst –, bist du mehr als willkommen, einige Zeit bei mir in New Amery zu
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