Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verliere nicht dein Gesicht

Verliere nicht dein Gesicht

Titel: Verliere nicht dein Gesicht
Autoren: Scott Westerfeld
Vom Netzwerk:
hatte nicht viel von den beiden gesehen, nur ein Gewirr aus perfekten Armen und Beinen. Schließlich erreichte sie das Ende des Parks, nur wenige Blocks von Peris’ Wohnung entfernt.
      Tally lugte hinter einem Vorhang aus Kletterpflanzen hervor. Mit Peris zusammen war sie nie so weit gekommen, und ihr Plan endete hier. Es gab keine Möglichkeit für sie, sich in den geschäftigen, hell erleuchteten Straßen zu verstecken. Sie hob die Finger an ihr Gesicht, betastete ihre breite Nase und ihre dünnen Lippen, die viel zu hohe Stirn und den zerzausten Schopf aus Strubbelhaaren. Ihr Gesicht schien zu brennen, als das Licht darauffiel. Was machte sie hier eigentlich? Sie sollte in der Dunkelheit von Uglyville sitzen und darauf warten, dass die Reihe an sie kam. Aber sie musste Peris sehen, musste mit ihm sprechen. Sie wusste nicht so ganz, warum eigentlich, außer dass sie es satthatte, sich abends vor dem Einschlafen tausend Gespräche mit ihm auszumalen. Sie hatten jeden Tag miteinander verbracht, seit sie Winzlinge gewesen waren, und jetzt ... nichts. Wenn sie nur einige Minuten miteinander sprechen könnten, würde vielleicht ihr Gehirn aufhören, auf einen imaginären Peris einzureden. Und von drei Minuten würde sie möglicherweise drei Monate zehren können.
      Tally schaute sich in der Straße um und hielt Ausschau nach Hinterhöfen, in die sie sich verdrücken, nach dunklen Torwegen, in denen sie sich verstecken könnte. Sie kam sich vor wie eine Bergsteigerin vor einer kahlen Felswand, wo sie nach Spalten und Stellen sucht, an denen sie sich festhalten kann.
      Der Verkehr ließ ein wenig nach und sie wartete und rieb dabei an der Narbe in ihrer rechten Hand herum. Dann seufzte sie, flüsterte "Freunde fürs Leben" und machte einen großen Schritt vorwärts ins Licht.
      Eine Explosion von Geräuschen traf Tally von der Seite und sie sprang zurück in die Dunkelheit, taumelte zwischen den Kletterpflanzen herum, landete auf den Knien in der weichen Erde und war einige Sekunden lang sicher, dass sie jetzt erwischt worden war.
      Aber der Lärm verwandelte sich in einen pochenden Rhythmus. Es war eine Trommelmaschine, die sich dröhnend durch die Straße schob. Sie war breit wie ein Haus und funkelte bei jeder Bewegung der vielen mechanischen Arme, die auf Trommeln aller Größen einschlugen. Eine immer größer werdende Gruppe von feiernden Menschen folgte ihr, sie tanzten im Rhythmus der Trommelschläge, tranken und warfen ihre leeren Flaschen nach der riesigen Maschine.
      Tally lächelte. Die tanzende Menge trug Masken.
      Die Trommelmaschine spuckte diese Masken aus, um immer mehr Leute in die improvisierte Parade zu locken. Es gab Teufelsgesichter und grausige Clowns, grüne Ungeheuer und graue Aliens mit großen ovalen Augen, Katzen und Hunde und Kühe, Gesichter mit verzerrtem Lächeln oder riesigen Nasen.
      Die Prozession zog langsam vorbei und Tally verkroch sich wieder zwischen den Pflanzen. Einige der Feiernden kamen ihr so nah, dass Tally der süßliche Geruch aus ihren Flaschen in die Nase stieg. Als die Maschine einen halben Block weiter war, sprang Tally hervor und hob eine liegengebliebene Maske von der Straße auf. Das Kunststoffmaterial war noch warm, weil es erst wenige Sekunden zuvor im Inneren der Maschine zurechtgeformt worden war.
      Ehe sie die Maske auf ihr Gesicht presste, bemerkte Tally, dass sie die gleiche Farbe hatte wie das Katzenkotzerosa des Sonnenuntergangs, dazu eine lange Schnauze und zwei rosa Öhrchen. Haftstoffe verteilten sich auf Tallys Haut, als die Maske sich ihrem Gesicht anpasste.
      Tally drängte sich zwischen den betrunkenen Tänzern hindurch auf die andere Seite und lief eine Nebenstraße entlang Richtung Garbo Mansion. Auf ihrem Hals saß das Gesicht eines Schweins.

 
     
       Freunde fürs Leben

      
      Das Haus Garbo Mansion war groß, grell und laut.
      Es füllte den Zwischenraum zwischen zwei Partytürmen, eine kompakte Teekanne zwischen zwei schlanken Sektgläsern. Jeder der Türme ruhte auf einer einzelnen Säule, die nicht breiter war als ein Fahrstuhl. Weiter oben dehnten sie sich dann zu fünf von Balkons umgebenen Stockwerken aus, auf denen sich frischgebackene Pretties drängten. Tally stieg den Hang zu dem Gebäudetrio hoch und versuchte durch die Gucklöcher ihrer Maske alles zu sehen.
      Jemand sprang aus einem der Türme oder wurde heruntergeschubst, er schrie und fuchtelte mit den Armen. Tally schnappte nach Luft und zwang
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher