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Verliebte Abenteuer

Verliebte Abenteuer

Titel: Verliebte Abenteuer
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sondern begrüßte Tante Mary mit der hellen Freude eines überraschten Neffen.
    »Wie schön!« rief er. »Du in Invergarry?« Er drückte sie in einen Sessel und wünschte, dieser möge in der Erde versinken, mitsamt Tante Mary. »Das ist aber ein lieber Besuch!« Gott sei Dank kein häufiger, sonst wäre ich längst ausgewandert, dachte er.
    Tante Mary schnaufte ein wenig und wischte sich den Schweiß von der fettigen Stirn. Sie war einem Walroß nicht unähnlich, vor allem, wenn sie kurzatmig prustete und dadurch ihre allzu üppig geratene Oberweite in gefährliche Schwingungen brachte, die von dem ihr gegenüber Sitzenden ängstlicher beobachtet wurden als von ihr selbst.
    »Ich wollte dich noch einmal persönlich zu mir einladen«, sagte sie. »Und das war auch notwendig, denn ich habe auf der Herfahrt den Postboten getroffen. Merkwürdigerweise erklärte er mir, dir schon längere Zeit keinen Brief von mir mehr überbracht zu haben. Ich habe dir aber geschrieben. Wie gibt's das?«
    »Was höre ich da?« wunderte sich Ashborne mit kindlichen Kulleraugen unschuldig. »Du hast mir geschrieben, Tantchen?«
    »Ihr Männer seid alle furchtbar«, beklagte sich Tante Mary und schnaufte wieder. Seit sie Witwe war, erregte das Wort ›Männer‹ sie ungemein. »Natürlich habe ich dir geschrieben, und dieser seltsame Postbote steckt mit dir sicherlich unter einer Decke.« Sie blickte ihren Neffen mißbilligend an. »Warum, weiß ich nicht. Wie siehst du überhaupt aus? Nicht einmal rasiert bist du. Wozu hast du drei Diener, wenn dich keiner abschabt?«
    Ashborne fuhr sich über das Kinn und fühlte mit Genuß die langen Stoppeln.
    »Percy ist zu einer kranken Tante aufs Land gefahren«, sagte er. »Und die beiden anderen alten Knacker will ich nicht an mein kostbares Hälschen lassen. Dazu zittern sie mir schon zu stark. Mich selbst zu rasieren, wage ich auch nicht. Das will ich erst machen, wenn mein neues Buch abgelehnt wird. Dann fällt meine Lebensmüdigkeit nicht mehr sehr auf.«
    »Du bist schrecklich«, stellte die Tante fest. Sie tat das immer, wenn sie bei William war. »Du müßtest besser gepflegt werden. Du solltest heiraten.« Sie schnaufte wieder laut.
    William Ashborne hatte einen grausamen Zug um den Mund, als er zur Seite sah und das Verlangen unterdrückte, Tante Mary zu erwürgen.
    »Ich habe kein Interesse an unkontrollierbaren Abenteuern«, sagte er brummend. »Ich habe meine Schriftstellerei, mein Land, ab und zu eine Partie Golf – was brauche ich mehr?«
    »Ordnung brauchst du!« Tante Abbot richtete sich im Sitzen auf. Sie wirkte wie eine Glucke, der nur die zu behütenden Küken fehlten. »Du brauchst eine liebende Hand, die dein Leben zurechtrückt. Du verkommst hier, inmitten dieser reinen Männerwirtschaft. Du verlotterst. Ich habe deshalb für dich eine nette Braut ausgesucht, aus bestem, traditionsreichem Hause – ein Mädchen, tugendsam und edel.«
    »Vielleicht auch noch mit Zöpfen und der Leidenschaft, Blockflöte zu blasen?«
    »Spotte nicht! Sie ist die Tochter von Lord Saltefleet, eine vollendete Dame. Dreiundzwanzig Jahre alt, und so groß wie du.«
    »Also eine Bohnenstange!«
    »Sie ist schlank, ja«, meinte Tante Mary pikiert. »Sie hat die Rasse alten englischen Adels. Außerdem erbt sie vierhundertfünfzigtausend Pfund in bar und drei Landhäuser in Druham.«
    »Das wäre das einzige, was mich reizen könnte«, erklärte William offen. »Aber sonst, liebes, gutes, prächtig aussehendes Tantchen, habe ich durchaus keine Lust, vor allen Leuten ›Ja‹ zu sagen und mich freiwillig ins Gefängnis zu begeben. Was, da staunst du? Meine Beste, es soll vorkommen, daß auch Neffen einen Willen haben. Leider hat dein guter, kleiner William einen sehr starken.« Er wiegte den Kopf hin und her und brachte damit Tante Abbot in Wut.
    »So komm doch wenigstens zu meinem kleinen Abend, du Ekel!«
    »Bei dem ich mit der Saltefleet zusammengeführt werden soll? Die mich überhaupt nicht interessiert? Danke, süßes Tantchen.«
    »Ich habe, wiederhole ich, auch Loretta Gower eingeladen. Sie wird uns etwas vorsingen. Hast du sie schon einmal gehört?«
    »Einmal, ja.« William sah zu Boden. »Bei einem Liederabend. Sie war gut. Außerdem sieht sie auch nicht schlecht aus. Ganz netter Käfer, ja.«
    »William!« Tante Mary sah ihn empört an. »Sie ist die Tochter des Earls of Monmouth!«
    »Um so verwunderlicher, daß sie auch etwas kann. Aber im Grunde ist mir das egal. Ich will nichts als
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