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Verliebte Abenteuer

Verliebte Abenteuer

Titel: Verliebte Abenteuer
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Bursche ist schon ganz verwirrt. Anstatt die Gelegenheit beim Schopf zu packen und gleich bei Tante Mary den Sturm auf Lorettas Herz zu versuchen, zieht er es vor, einen verrückten Umweg zu machen und eine Stellung als Fahrer anzunehmen, um das gleiche Ziel zu erreichen. Was soll man dazu sagen?
    Nichts, dazu kann man nichts sagen – oder man hätte in Ashbornes Haut stecken müssen. Er kannte nämlich seine Verwandtschaft, zu der nun auch noch – wenn auch über 14 Ecken – Loretta zählte. Ein Ehehindernis wäre darin wohl nicht mehr zu sehen, sagte er sich und entschied sich zunächst, so zu tun, als ob er den Brief der Tante nicht bekommen hätte. Das läßt sich ja deichseln, auch in Schottland – und gerade dort! Wenn man einem Briefträger von Invergarry ein Pfund in die Hand drückt, kneift er beide Augen – nicht nur eines – zu und schwört sieben Eide, daß ihm ein bestimmter Brief nicht zur Beförderung in die Finger gekommen ist.
    Dafür hat er einen anderen Brief gebracht, den Ashborne auch sofort beantwortete. Er kam aus Aberdeen und war von Butler Stoke, der um Auskunft über den Chauffeur und Kutscher bat.
    William nahm einen Bogen mit Wappen und setzte sich hin, um persönlich eine Antwort abzufassen.
    »Mein treuer William Flip«, schrieb er, »ist ein Muster an Zuverlässigkeit und Können. Sein Verständnis für Pferde und Motoren findet nicht leicht seinesgleichen. Ich wäre sehr traurig, wenn er mich verlassen würde, und ich kann Sie nur bitten, seiner Bewerbung bei Ihnen einen abschlägigen Bescheid zu erteilen, da ich ihn nicht gern verlieren möchte. Lord William Ashborne Earl of Blandfort.«
    Als Butler Stoke diesen Brief erhielt, grinste er zufrieden, lief aus dem Haus und klopfte Percy Bishop, der unglücklich im Garten stand und in einem Mistbeet herumharkte, auf die Schulter.
    »Gut, mein Lieber, sehr gut«, lobte er Percy erfreut. »Ich habe bei Lord Ashborne Auskunft über Ihren Freund Flip eingeholt. Sie ist blendend. Ich werde ihn sofort engagieren.«
    Percy hustete ein wenig und wandte sich wieder seinem Beet zu. »Vor der Aussaat sind mit der Harke 4-5 cm tiefe Rillen im weichen Boden zu ziehen, in die man die Setzlinge steckt. Diese sind nicht zu stark zu begießen, und dann ist mit leisem Druck die Erde anzudrücken …« Das stand so in dem Buch, in dem Percy abends zu lesen pflegte.
    Alles blödsinnige Theorie, dachte er nun. Wie man diesen eisenharten Boden erst einmal weich bekommen soll, um die Rillen zu ziehen, das steht nicht drin. War doch eine blödsinnige Idee von mir, mich als Gärtner anstellen zu lassen. Und Bebsy habe ich heute den ganzen Tag auch noch nicht gesehen.
    Immer draußen in der Sonne, immer den Rücken krummmachen und so tun, als täte man etwas – verflucht noch mal, gar nicht so einfach war das!
    Butler Stoke wußte, als er sich freudig gestimmt in seine Wohnung zurückbegab, nicht, was unterdessen in Invergarry stattfand. Dort rollte nämlich, gerade als Lord Ashborne vorbeugungshalber in die Einsamkeit des Loch Ness entfliehen wollte, ein Rolls Royce vor das Portal seines Hauses, und eine alte, würdige Dame mit sehr, sehr viel Busen und einem asthmatischen Atem entstieg dem schmucken Vehikel. William, der am Fenster stand, erbleichte wie Desdemona kurz vor der Erdrosselung durch Othello und sank in einen Sessel.
    Tante Mary! Es gibt keine gütigen Götter mehr, die einem das ersparen, dachte William. Und schon klingelte es draußen, und der alte Diener schlurfte an die Tür. Tante Marys durchdringendes Organ erfüllte die Diele. Sie fragte nach William, ihrem Neffen, und dann stand sie im Zimmer, breitete die Arme aus und rief: »Komm an mein Herz, du lieber Junge!«
    Ashborne hatte wenig Lust, mit ihrem Busen zu kollidieren, und verneigte sich höflich. Das ist überhaupt eine besondere Eigenschaft der Männer: Mögen sie sich innerlich noch so gegen den Besuch einer alten Dame auflehnen, nach außenhin machen sie, wenn das Ereignis eintritt, gute Miene zum bösen Spiel und sind bestrickend höflich. Meistens aber merkt das die erfahrene alte Dame und ist dann doppelt so herzlich; daraus entsteht eine Unterhaltung ganz nach dem Geschmack des alten Herrn Knigge. Erst wenn der Gast wieder in der Ferne verschwindet, knirscht der Mann mit den Zähnen und wird zum geistigen Mörder und Amokläufer. Man nennt das Ganze schlicht ›gute Erziehung‹. Es soll aber auch Leute geben, die darauf pfeifen. Na ja, William Ashborne pfiff nicht darauf,
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