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Verliebt, verlobt, verflucht

Verliebt, verlobt, verflucht

Titel: Verliebt, verlobt, verflucht
Autoren: Melanie Neupauer
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Schweinsnase in den Salon geschleift, vorbei an der Kochecke und dem Esstisch, bis er Natalies Sessel erreichte. Natalie wickelte sich die Decke um den Körper.
    »Danke, Schweinsnase. Sei so lieb und bring mir jetzt mein Geschichtsbuch aus meinem Zimmer.«
    Natalie kuschelte sich fest in die Decke. Schon bald wirkte der Stoff aus Einhornfasern und Natalie wurde wohlig warm. Am praktischsten wäre es natürlich, die Kamine wären vor vierhundert Jahren nicht versiegelt worden. Dann hätte Natalie einfach nur einen Brief in die Flammen werfen müssen und dieser wäre bei Gingin aufgetaucht. Sie wickelte einen Arm aus der Kuscheldecke und trank vorsichtig den heißen Kleeblatttee.
    Schweinsnase watschelte wieder in den Salon, das Geschichtsbuch auf seinem Kopf balancierend.
    »Danke, Schweinsnase. Du hast für heute genug getan. Ich wünsche dir eine gute Nacht!«, sagte Natalie, stellte den Tee wieder ab und tätschelte Schweinsnases Ferkelohren. Dieser quiekte, brabbelte »Gunne Nacht« und verließ watschelnd den Salon. Natalie hörte, wie er es sich in seiner Hängematte in der Vorratskammer gemütlich machte, und vernahm alsbald das vertraute sägende Schnarchen des Minitrolls.
    Verdrießlich schlug Natalie das Geschichtsbuch auf. Der Titel ist ja wirklich sehr verlockend, dachte sie verstimmt und las laut: »Peretruas Zollgesetz von 1548.« Sie überflog die folgenden vierzehn Seiten und merkte, wie ihre Augen immer müder und müder wurden ...
    Von einem Knall wurde Natalie geweckt, sie riss erschrocken die Augen auf und wurde von den ausladenden Flammen des Kamins geblendet. Das Feuer loderte hoch, die Flammen leckten hungrig an den Kaminwänden. Was konnte nur zu diesem Knall geführt haben? Natalie wickelte sich aus ihrer Decke und ging vorsichtig auf die Flammen zu. War wieder Knallkohle in den Kamin geraten? Natalies Vater betrieb einen Krimskramsladen, in dem er neben Trödelsachen auch Dinge verkaufte, die er bei Experimenten in seinem Labor entwickelt hatte. Weshalb er regelmäßig Ärger mit der Aufsichtsbehörde Peretruas bekam.
    Nur noch ein Meter trennte Natalie von dem Kamin. Irgendetwas befand sich darin. Sie blinzelte, die Flammen blendeten sie. Mitten in der Glut steckte ein Briefumschlag … der nicht brannte! Das verblichene Pergamentpapier hielt den Flammen stand. Wie war er nur in den Kamin gekommen? Hatte Gingin einen Weg gefunden, die Versiegelung zu umgehen? Aber das hätte sie bestimmt nicht ohne Natalie gemacht, und schließlich steckte sie bestimmt gerade ihre Nase in die Geschichtsbücher. Doch wer schrieb Natalie einen Brief? Sie nahm den Schürhaken in die Hand und stach den Brief auf. Neugierig musterte sie ihn. Ein schwarzes Siegel aus Wachs verschloss den Umschlag, es zeigte ein großes A. Wenn sich Natalie nicht täuschte, trug das Siegel die Form einer Kralle. Sie fröstelte, doch diesmal nicht vor Kälte.
    Vorsichtig legte sie den Brief auf den Marmorboden des Salons, stellte den Schürhaken an die Wand und starrte verblüfft auf das Feuer. Dieses flackerte wieder friedlich in zahmen Flammen. Hatte der Brief es derart aufgepeitscht? Natalie war verwirrt. Sie setzte sich auf den kalten Boden und griff mit zittrigen Fingern nach dem Umschlag. Die Glut hatte das Pergamentpapier nicht einmal erhitzt, es fühlte sich ganz normal an. Natalie schauderte. Mit der Fingerspitze berührte sie das Wachssiegel. Es war ebenfalls kalt. Sie brach das Siegel auf und griff in das Kuvert. Heraus zog sie ein Blatt Pergament, das jemand mit schwarzer, krakeliger Schnörkelschrift beschrieben hatte. Natalie stockte der Atem, als sie ihren Namen bemerkte. Hastig las sie die Zeilen:
    Liebe Natalie,
    vielleicht wirst du dich meiner nicht mehr erinnern.
    Unser letztes Treffen war vor vielen Jahren.
    Unser hastiger Abschied brach mein Herz.
    Doch nun bin ich wieder zurück in der Stadt.
    Mein Herz verlangt nach dir, ich will dich auf Gedeih und Verderb wiedersehen,
    weil es sonst für immer zu Stein werden wird.
    Dein dir ergebener
    Artus R. Ruvin
    Natalie starrte den Brief fassungslos an. Wer zur Hölle war Artus R. Ruvin? Warum schickte er ihr einen Brief durch den Hauskamin ihrer Familie? Und wie konnte er das überhaupt? Von welchem Abschied sprach er? Tausende von Fragen prasselten auf Natalie ein und auf keine wusste sie eine Antwort.
    Plötzlich schlugen die Flammen wieder wild aus und die Glut knisterte bedrohlich. Natalie stand auf und starrte in den Kamin. Etwas Schwarzes räkelte sich dort,
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