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Verlieb Dich nie in einen Tierarzt

Verlieb Dich nie in einen Tierarzt

Titel: Verlieb Dich nie in einen Tierarzt
Autoren: Mary Scott
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nicht.«
    Der alte Mann runzelte die Stirn und warf ihr einen vorwurfsvollen Blick zu. Dann ging er zu seinem Hund zurück. Jill war unheilbar frivol, er konnte nur hoffen, daß sie hier in dieser Kleinstadt ihre Zunge im Zaum halten würde.
    Hunde sind ein Trost. Als ob er die Gedanken des alten Mannes erraten hätte, sprang der Hund von der Matratze neben dem Bett. Er hatte dies trotz der komfortablen Liegestatt, die sie ihm hergerichtet hatten, als sein Lager ausgewählt. Jetzt leckte er seinem Herrn die Hand. Mit gespieltem Ernst fragte Robert: »Wenn ich dich nun auf einen Spaziergang den Bach entlang mitnehme, wirst du mir dann davonlaufen?«
    Ein ergebungsvoller Blick und ein mißbilligendes Schwanzwedeln versuchten Robert Henderson zu beruhigen. Nun würde der Hund niemals mehr in der Gegend herumstrolchen. Er hatte seinen Hafen gefunden, und er verfügte über all die Intelligenz, die gewöhnlich den Bastarden, vielleicht als Ausgleich für ihr Äußeres, manchmal von der Natur gegeben ist.
    Als Jill eines Morgens Webster im Lebensmittelgeschäft traf, fragte sie ihn erwartungsvoll: »Was für eine Rasse ist er eigentlich?«
    Er grinste und zuckte die Schultern. »Eine richtige Promenadenmischung. Sicher ist etwas Labradorhund dabei, dann ein bißchen Spaniel oder sonst ein Jagdhund. Wenn man ihn nach den Ohren und dem Wuchs beurteilt. Genaueres kann ich auch nicht herausfinden.«
    »Auf jeden Fall ist er süß und Großvater bereits treu ergeben. Ich bin froh darüber, weil er immer behauptet hat, nur der Stammbaum sei wichtig. Jetzt behauptet er, daß allein Zuneigung und Intelligenz zählen.«
    »Was sagen die Kunden Ihrer Leihbücherei dazu? Sind sie gleichfalls begeistert?«
    »Wir lassen ihn nicht in diesen Teil des Hauses. Damit fangen wir besser gar nicht erst an. Manche Leute sind ja so albern und regen sich gleich auf. Als ob unser Hund irgendeinen von diesen Lümmeln fressen würde.«
    »Nur was ihm gut bekommt, vermute ich. Fettes Fleisch. Genau das, was Evelyn Garland bietet.«
    Sie wollte ihn noch fragen, wer Evelyn Garland sei, aber er eilte davon. Keiner im Dorf war im Frühling so beschäftigt wie der junge Tierarzt. Und wieder einmal stellte sie fest, daß sie wegen der nicht zurückgegebenen Bücher keine Einwände erhoben hatte.
    »Großvater, wie wollen wir ihn nennen?« fragte sie, als sich der Hund gänzlich bei ihnen eingenistet hatte und ihnen für Lebzeiten bleiben würde.
    »Keine Ahnung. Du hast mehr Phantasie als ich. Blühendere Phantasie.«
    »Laß ihn uns Cuthbert nennen.«
    »Ein gräßlicher und anmaßender Name. Warum schlägst du ihn vor?«
    »Er sieht so aus. So einnehmend, und ich bin sicher, daß das alle Cuthberts sind.«
    So bekam der Hund trotz des Protestes seines Herrn den Namen Cuthbert.
    Der Büchereibetrieb lief reibungslos. Alle eingeschriebenen Kunden gewöhnten sich schnell an Jill. Die Männer fanden die neue Bibliothekarin hübsch und fröhlich, und die Frauen hatten sich nach einigem Zweifel zu der Meinung entschlossen, daß sie ein nettes, anziehendes, aber nicht eben schönes Mädchen sei. Die Arbeitszeit fiel ihr leicht: fünfmal in der Woche von zwei bis fünf, und am Dienstag und Freitag zusätzlich von sieben bis neun. Da war in Shepherd’s Crossing Markttag. Dienstag um die Lager zu räumen und Freitag wegen der Nachzügler.
    Die Namen der Kunden bereiteten ihr Kummer. Da es die Leute nicht gerne haben, wenn man ihre Namen vergißt, machte sich Jill auf der Karteikarte des jeweiligen Kunden Notizen. Dann überkam sie fürchterliche Angst bei dem Gedanken, daß jemand seine Karte sehen wollte. Es wäre schrecklich, wenn ein Kunde da lesen würde: >Schattierung im Auge<, >wichtigtuerisches Gehabe< oder — noch viel schlimmer — >Schwärmer<. Es gelang ihr jedoch, die Eintragungen geheimzuhalten, und als sie mit den verschiedenen Gesichtern vertraut geworden war, konnte sie die Bemerkungen ausradieren. Sie fühlte sich wieder sicherer.
    Robert Henderson hatte sich mit seinem Leben zurechtgefunden, er hatte genügend Zerstreuung. Er entdeckte einen Mann für alles, der auch Bücherregale aufstellen konnte. Er brachte Cuthbert bei, brav vor der Schwelle der Geschäfte Platz zu nehmen, so daß er die Einkäufe für seine Enkelin erledigen konnte. Manchmal vertrat er sie in der Bücherei, wenn es im Haus etwas Wichtiges zu erledigen gab. Mit seinem distinguierten Aussehen und seinen untadeligen Sitten hinterließ er überall einen nachhaltigen Eindruck.
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