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Verkehrt!

Verkehrt!

Titel: Verkehrt!
Autoren: Thorsten Nesch
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fliege zwei Schritte nach vorne.
    Lauras Kopf guckt heraus, sie zeigt auf mich, – Hau ab! Hast du noch durchs Schlüsselloch geglotzt? Perverser Spanner!
    Dann schaut sie Frank an, – Elizabeth, das Schwein war gerade bei uns auf dem Klo!
    Augenblicklich guckt er von ihr zu mir, verzerrt sein Gesicht, klopft sich mit beiden Händen an die Seiten seines Kopfes und trampelt mit beiden Beinen auf der Stelle, während er einen hohen Quietschton von sich gibt, – Echt? Iiiiiiih, du … notgeiler Hodensack.

10

    Das Mädel knallt die Tür zu. Elizabeth rennt los, und ich laufe ihr hinterher. Viel Vorsprung hat sie nicht, aber ich merke, dass ich in ihrem Körper nicht so schnell laufen kann wie sie in meinem durchtrainierten.
    – Warte!, rufe ich.
    Sie dreht sich noch nicht einmal um.
    – Warte doch!
    Sie biegt ab ins leere Treppenhaus.
    – Elizabeth, Elizabeth!
    Endlich bleibt sie stehen. Ich stoppe drei Stufen unter ihr und schaue zu ihr auf. Sie klammert sich an das Geländer. Ich sehe mich kurz um.
    Gut, dass mich niemand gehört hat. Nur ein Bekloppter läuft herum und brüllt seinen eigenen Namen.
    – Was? Was? Was?, fragt sie rasch hintereinander.
    – Wir müssen …
    – Was? Zusammenhalten? Das habe ich gesehen eben! Ganz toll!
    – Wie sollte ich denn reagieren?
    – Anders.
    – So habe ich wenigstens dein Gesicht gewahrt.
    – Ach, mit Rumzappeln wie eine alte Frau in einem Schwarzweißfilm?
    – Das nächste Mal, wenn du auf das falsche Klo rennst, sage ich «Wow» und stecke dir die Zunge in den Hals.
    – Gibt kein nächstes Mal.
    – Gut.
    – Ich gehe jetzt ins Lehrerzimmer.
    – Nicht gut.
    – Warum nicht?
    – Was willst du denen erzählen?
    – Die Wahrheit.
    – Viel Glück.
    – Du kommst mit.
    – Wohin?
    – Ins Lehrerzimmer.
    – Und von da aus direkt in die Klapse. Keine Chance. Weder in meinem noch in deinem Körper.
    – Es gibt Ärzte, Wissenschaftler …
    – Die dich zum Psychiater schicken.
    – Dann mache ich das eben alleine.
    – Dann verabschiede dich schon mal von deinem Körper. Den wirst du einige Zeit nicht zu sehen bekommen, aber ich werde dich besuchen.
    Sie setzt sich auf die Treppe und schaut aus dem Fenster.
    Ich steige eine Stufe höher und gehe in die Hocke, – Lass uns zurück zum Berntchen gehen und dann blaumachen. Dann können wir weiter überlegen.
    Wie auf ein unsichtbares Kommando heult sie Rotz und Wasser. Und das bei meiner Nase.
    – Hey, hör auf, wenn dich hier einer sieht, mich, so heulend.
    Sie hört nicht auf.
    – Stopp, hallo!
    Sie zieht die Nase hoch, mehrmals. Kein Wunder. Heulen ist die Seuche.
    – Warum läuft denn die Nase so?
    – Du heulst! Hör auf!
    Ich wusste gar nicht, dass so viel Wasser in meinem Kopf ist.
    Schritte von oben.
    – Bitte, hör auf!
    Endlich kriegt sie sich wieder ein. Aber die Augen sind rot und das Gesicht nass, und sie schluchzt noch.
    Ein Schüler aus der Oberstufe kommt vorbei, beobachtet uns mit Aktentasche in der Hand, als wäre er schon bei der Bank, der Idiot.
    – Was ist?, frage ich ihn gereizt.
    – Erster Liebeskummer?, fragt er zurück.
    – Ja, bleib stehen, dann siehst du wenigstens mal, wie das ist.
    Er geht etwas langsamer weiter, – Ihr zwei hattet eh keine Zukunft.
    – Was soll das denn heißen?
    Er bleibt stehen, beugt sich zu mir vor und flüstert mir ganz vertraulich zu – Guck dich doch mal an und dann den Quasimodo da.
    Peng, hat er eine sitzen. Meine rechte Faust passt genau auf seine Nase. Für den Bruchteil einer Sekunde spüre ich den Höcker an meinen Knöcheln. Den Jab hat er nicht kommen sehen, den hatte er noch nicht mal erwartet. Und das bei so einem Kommentar. Der Idiot.
    Was denkt der denn?
    Die Aktentasche fällt auf die Stufen und purzelt herunter bis auf den Treppenabsatz.
    Mit beiden Händen hält er sich seine Nase. Blut läuft zwischen seinen Fingern durch.
    Er lehnt am Geländer und jammert, – Die ist gebrochen, die ist gebrochen.
    Hinter mir hört Elizabeth auf zu schluchzen.
    – Red kein Scheiß, gebrochen, ich kann sie dir brechen, dann kennst du den Unterschied.
    – Nein.
    – Hast du noch nie ein paar aufs Maul gekriegt?
    – Häh?
    – Eine blutige Nase, das ist alles.
    – Sei froh, dass du ein Mädel bist.
    – Du auch, sonst wärst du so am Boden!
    In der Tat habe ich nicht meine gewohnte Schlagkraft gespürt. Nur die Schnelligkeit, die war da.
    Er schleicht die Stufen runter und hebt seine Aktentasche auf,
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