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Verirrt in den Zeiten

Verirrt in den Zeiten

Titel: Verirrt in den Zeiten
Autoren: Oswald Levett
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zurückgekehrt
von dieser Reise, findet, daß sein Bett noch warm
ist.
    Ein Sultan von Egypten zweifelt an der Wahrheit der Legende
und disputiert darüber mit dem Scheich Schahabeddin.Der Scheich ersucht den Herrscher, daß er seinen Kopf in
eine Wasserkufe tauche. Und nun durchlebt der Sultan sieben
schicksalsreiche Jahre, voll Abenteuer, Glück und Schrecken.
Nach Atem ringend, hebt er seinen Kopf empor — aus der
Wasserkufe. Er sieht, daß er all dies in einem kurzen Augenblick
erlebte.
Drittes Kapitel
    M ag dem sein wie immer, mag die Ansbacher Erzählung Mythus
oder Wahrheit sein, ich trug mich schon seit langem mit
der Absicht, in dieses Dunkel Licht zu bringen. Doch lag der
Gegenstand weit ab von meiner sonstigen berufsmäßigen Arbeit;
ich fand das Material nicht, noch fand ich Zeit dazu.
Und so geriet die Absicht — die weit mehr ein spielerisches
Unterfangen, denn ein ernster Plan war — in Vergessenheit.
    Vor einigen Jahren nun betraute mich die Akademie der
Wissenschaften zu München mit der Aufgabe, die Rechtsaltertümer
von Stadt und Kreis Ansbach zu sammeln und
herauszugeben. Nun wurde die Erinnerung an jenes längst
vergessene Vorhaben wiederum lebendig, und ich beschloß,
soweit es meine Zeit gestatten würde, dem merkwürdigen Gegenstande
an Ort und Stelle nachzuspüren.
    Die Aufgabe, die man mir gestellt hatte, war so umfangreich,
daß sie einen mehrmonatigen Aufenthalt in Ansbach
erforderte. Da mir aller Voraussicht nach auch viel Arbeit
daheim bevorstand und da mir nichts verhaßter ist als die unwirtliche
Nüchternheit der Hotelzimmer, so ging ich vor allem
daran, mir ein behagliches Quartier zu sichern. Die Wohnungsnot
war drückend, die Auswahl also gar nicht groß.
Was ich sah, war wenig verlockend. Bald war es das mürrisch-verbissene
Wesen der Vermieterin, bald die Dürftigkeit und
Unsauberkeit der Stube, die mich abstieß. Schon wollte ich
das Beginnen als aussichtslos aufgeben und mich mit meinemHotelzimmer bescheiden, da rief mich der Apotheker an —
ein freundlicher Mann, der offenbar meine Wohnungssuche
bemerkt hatte — und gab mir den Rat, ich möge doch einmal
bei Frau Professor Büttgemeister anfragen. Sie hätte zwar
noch nie vermietet, aber einen Raum — den ihres Sohnes —
habe sie bestimmt frei. Und den Mietzins könne sie auch ganz
gut gebrauchen.
    Ich begab mich sogleich zu dem angegebenen Hause. Es
war dies ein sehr altes Gebäude, aber hell und geräumig. Frau
Büttgemeister war eine Matrone von etwa siebzig Jahren. Ihre
hohe, volle Gestalt war ungebeugt vom Alter. Ihr Antlitz, unter
einer schweren Krone schneeweißen Haares, trug noch
jetzt die Spuren großer Schönheit, doch war es überschattet
von einem Zuge tiefer Schwermut. Anfänglich zeigte sie eine
abweisende Miene, doch als ich ihr im Tone eines Bittenden,
nicht eines Feilschenden, den Zweck meines hiesigen Aufenthaltes,
dessen mutmaßlich nicht allzulange Dauer darlegte,
wurde sie freundlicher und zeigte mir das freie Zimmer. Der
Raum war nicht gar groß, aufs behaglichste eingerichtet,
seine Fenster führten in einen halb verwilderten, verträumten
Garten. Eine bessere Studierstube konnte ich mir gar nicht
wünschen. Die Dame nannte mir einen Mietzins, den ich so
gering fand, daß ich ihn aus freien Stücken erhöhte.
    Ende August 1924 vollzog ich meine Übersiedlung nach
Ansbach und machte mich sogleich mit großem Eifer an die
Arbeit. Stoff bot sich mir in überreicher Fülle. Die Tage verbrachte
ich auf der Suche darnach, abends unternahm ich
nach alter Gewohnheit weite Spaziergänge. So kam es, daß
ich meine Wirtin in den ersten Wochen fast gar nicht zu Gesicht
bekam.
    Die Bücher und die Manuskripte auf meinem Schreibtisch,
das friedliche, arglose Leben eines Gelehrten, das ich führte,
mochten mir ihr Zutrauen erworben haben. War sie anfangs
bei jeder Begegnung wie ein Schatten verschwunden, so verweilte
sie nun hie und da zu einem kurzen Gespräch zwischen
Tür und Angel. Bücher, die ich ihr lieh — und die sie mir stetsin Kürze zurückstellte, sorglich eingebunden — verlockten zu
Gedankenaustausch. Und als die Tage mählich kürzer wurden,
als die Herbstnebel hereinbrachen, da wurde es zur stillschweigenden
Übereinkunft, daß ich allabends meine Wirtin
auf ein Plauderstündchen besuchte.
    Das Zimmer, wo sie mich empfing — es war nebst einer
Schlafkammer ihr einziges — war fast überfüllt mit altem,
schweren Hausrat, der sich als letzter Rest weitläufigen
Reichtums hier
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