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Vergiss nicht zu atmen

Vergiss nicht zu atmen

Titel: Vergiss nicht zu atmen
Autoren: Charles Sheehan-Miles
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Schule ging, könnte ich gehen. Sie würde nicht zulassen, dass ihr Sohn wie ihr Ehemann enden würde. 
    Ich zog von einem Freund zum anderen. Ein paar mal schlief ich im Park. Ich bekam einen Job, verlor ihn, bekam einen anderen und verlor ihn auch wieder. Und das Schlimmste war, meine Mutter hatte Recht. Also meldete ich mich wieder an der Schule an. Danach ging ich zurück zu ihr und zeigte ihr die Registrierung und den Stundenplan, sie weinte und ließ mich wieder einziehen.
    Seitdem ist natürlich viel passiert, inklusive der Tatsache, dass ich in Afghanistan von ein paar Hadschis in die Luft gejagt wurde. Aber darüber rede ich nicht viel. Wenn Sie mehr wissen wollen, lesen Sie die Berichte.
    Vergessen Sie das. Die Berichte konnten die Wahrheit nie richtig wiedergeben. Wenn Sie wirklich wissen wollen, wie es war, greifen Sie sich eine handvoll Sand, gehen in Ihre Küche, stecken Sie die Hand mit den Sand in den Müllhäcksler, schließen Sie die Augen und schalten Sie den Häcksler an. Das sollte Ihnen recht gut zeigen, wie Afghanistan war. 
    Egal, lange Rede kurzer Sinn, die Columbia Universität hat anscheinend ein großes Herz für reumütige Schulabgänger und Kriegsveteranen. Hier war ich nun, an meinem ersten Tag an der Uni, fühlte mich eingepfercht und schrecklich nervös, weil die einzige Person auf der Welt, die ich nicht sehen wollte, die einzige Person auf der Welt, die ich am liebsten sehen wollte, alles zur gleichen Zeit, auch hier war. 
    Zum Glück hatte mir die Wohnraumvermittlung der Universität ein Zimmer mit ein paar postgraduierten Ingenieurstudenten vermittelt. Ich glaube nicht, dass ich es ertragen hätte, in einem Wohnheim mit einer Horde achtzehnjähriger Studienanfänger, die frisch von der High School kamen, zu wohnen. Ich war nur zwei Jahre älter aber zwei Jahre waren ein Riesenunterschied. Insbesondere weil ich gesehen hatte wie mein bester Freund direkt vor meinen Augen starb. Ganz besonders, weil es meine Schuld war. 
    Nachdem ich hier angekommen war, hatte ich meine neuen WG-Genossen kennen gelernt. Aiden, ein vierundzwanzigjähriger lesewütiger Doktorand für Maschinenbau und Ron, der sich selbst vorstellte als „Ron White, Chemieingenieur“ und dann wieder in seinem Zimmer verschwand. 
    Perfekt.
    Da war ich nun und humpelte über die Straße wie ein alter Mann, mein Gehstock half mir dabei aufrecht zu bleiben. So ein Arschloch von Yuppie rannte mich in seiner Eile, zu seinem Meeting oder seiner Geliebten oder wem auch immer zu kommen, um. Was es auch war, es führte dazu mich meine übliche Höflichkeit vergessen zu lassen. 
    „Passen Sie verdammt noch mal auf wo Sie hinlaufen, Sie Arschloch!“, rief ich ihm hinterher. 
    Ich war nicht mal halb über die Straße als die Ampel auf rot schaltete. Gott, wie beschämend. Die meisten Autos warteten geduldig, aber ein Taxifahrer, der aussah wie der Cousin des Typen der Roberts in die Luft gejagt hatte, hupte unterbrochen. Ich zeigte ihm den Stinkefinger und ging weiter.
    Endlich. Irgendwo im 3. Stock dieses Gebäudes war mein Ziel. 
    Ich war früh dran, aber das war gut so. Immerhin hatte ich mich heute schon öfters verlaufen und war zu zwei meiner Vorlesungen zu spät gekommen. Aber hier durfte ich auf keinen Fall zu spät kommen. Nicht, wenn ich in der Lage sein wollte die Studiengebühren zu bezahlen. Die Behörde für Veteranenangelegenheiten, kurz VA zahlte natürlich den Großteil der Gebühren aber selbst damit kostete eine Uni wie Columbia noch ein Vermögen. Irgendwie kam es mir immer noch nicht real vor, wirklich hier zu sein. Nicht, dass ich überhaupt auf ein College gehörte, schon gar nicht auf ein Elitecollege. Aber jedes Mal wenn ich die Stimme meines Vaters in meinem Kopf hörte, die mir sagte ich wäre nichts als ein Stück Dreck, das es niemals zu etwas bringen würde, machte ich weiter. 
    Der Aufzug. der anscheinend irgendwann im neunzehnten Jahrhundert gebaut worden war, kam endlich und ich stieg ein. Die meisten Studenten benutzten die Treppen, aber wenn ich vor Sonnenuntergang ankommen wollte, musste ich den Aufzug nehmen. 
    Ich wartete geduldig. Erster Stock. Zweiter Stock. Es war, als benötigte der Aufzug fünf Minuten für jeden kurzen Abschnitt. Endlich erreichte er den dritten Stock und ich bahnte mir einen Weg durch die anderen Leute nach draußen. 
    Der Gang war überfüllt. Meine Güte, es würde noch eine ganze Weile dauern, bis ich mich daran gewöhnt hatte hier zu sein. Ich schaute
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