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Vergiss nicht zu atmen

Vergiss nicht zu atmen

Titel: Vergiss nicht zu atmen
Autoren: Charles Sheehan-Miles
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mich um und versuchte die Zimmernummer zu erspähen. 324. 325. Nachdem ich mich orientiert hatte drehte ich mich in die entgegengesetzte Richtung und hielt nach Raum 301 Ausschau.
    Am Ende fand ich den Raum, in einer dunklen Ecke am anderen Ende des Gebäudes. Hier war der Flur dunkel, eine der Neonröhren war kaputt. Ich versuchte die Tür zu öffnen.
    Verschlossen. Ich schaute auf mein Handy. Ich war fünfzehn Minuten zu früh dran. Langsam ließ ich meine Tasche auf den Boden gleiten und überlegte mir, wie ich es bewerkstelligen sollte, mich zu setzen ohne dabei verdreht oder kopfüber auf dem Boden zu landen. Mein kaputtes Bein geradeaus gestreckt, rutschte ich Zentimeter für Zentimeter an der Wand entlang nach unten. Ungefähr auf halber Strecke spürte ich einen scharfen Schmerz und fluchte. Also streckte ich meine Hände mit den Handflächen nach unten aus und ließ mich fallen. 
    Ich saß. Jetzt hatte ich nur das Problem wieder aufzustehen. Vorsichtig massierte ich meine Oberschenkelmuskeln. Die Ärzte im Walter Reed Militärkrankenhaus meinten, es könnte Jahre dauern, bis mein Bein wieder voll funktionsfähig wäre. Wenn überhaupt. Währenddessen ging ich dreimal die Woche zur Krankengymnastik, schluckte eine Menge Schmerzmittel und ließ mich nicht unterkriegen.
    Ich seufzte. Es war ein langer, stressiger Tag gewesen. Immer wieder überlegte ich, ob ich nicht besser zu Hause geblieben und noch ein Jahr gewartet hätte, bevor ich mich in die Welt wagte. Doktor Kyne hatte mich gedrängt zu gehen. 
    Du wirst dich niemals erholen, wenn du dich zu Hause einigelst. Er sprach nicht von meinem Bein. Doktor Kyne war mein Psychiater am VA-Krankenhaus in Atlanta. 
    Vermutlich wusste er wovon er sprach. In der Zwischenzeit sollte ich einfach alles auf mich zukommen lassen ohne mir viele Gedanken zu machen. Dieser Moment. Einfach diesen Moment bestehen. Dann den nächsten. Ich nahm ein Buch aus meiner Tasche, ein zerlesenes, fast zerfetztes Taschenbuch, das Roberts mir geliehen hatte, bevor er in die Luft gejagt wurde. The Stand – Das letzte Gefecht von Stephen King.
    Das verflucht beste Buch überhaupt, hatte Roberts gesagt. 
    Ich war mir nicht sicher, ob es das wirklich war, aber es war echt gut, da musste ich ihm zustimmen. Während ich in der Handlung über den Ausbruch einer Seuche versunken war, hörte ich Schritte den Gang auf mich zukommen. Sie klickten. Eine Frau, mit Absätzen oder so was. Ich zwang mich nicht aufzuschauen und wollte sowieso mit niemanden sprechen. Und wirklich freundlich fühlte ich mich auch nicht. Außerdem hielt ich instinktiv nach allen möglichen Dingen, wie Taschen, lose Kleidung oder Müll am Wegesrand, Ausschau, die eine Gefahr darstellen könnten. Die Herausforderung war also nicht aufzuschauen. Die Herausforderung war, mein Leben so zu leben, wie jeder andere auch. Und jeder andere schaute eine herannahende Frau nicht an, als ob sie eine Gefahr darstellte. 
    Was soll ich sagen? Ich lag falsch.
    „Oh mein Gott“, hörte ich ein Murmeln. Etwas in mir erkannte den Ton und das Timbre in dieser Stimme und ich schaute nach oben, mein Gesicht war auf einmal rot, ich spürte den Puls in meinen Kopf.
    Mein Bein komplett vergessend, versuchte ich aufzuspringen. Stattdessen gab mein Bein auf halber Strecke nach. So als ob es gar nicht da wäre. Ich stürzte hart auf meine rechte Seite und schrie kurz auf als ein scharfer reißender Schmerz durch mein rechtes Bein und in meine Wirbelsäule hochschoss. 
    „Verdammte Scheiße!“, murmelte ich. 
    Ich richtete mich so gut es ging wieder auf und versuchte mich mit Hilfe meines Gehstocks und einer Hand an der Wand hoch zu hieven. 
    Die Frau meiner Alpträume schoss auf mich zu und versuchte mir zu helfen.
    „Fass mich nicht an“, sagte ich. 
    Sie zuckte zurück als hätte ich sie geschlagen. 
    Endlich hatte ich es geschafft aufzustehen. Der Schmerz ließ jedoch nicht nach und ich war schweißgebadet. Ich schaute sie nicht an. Ich konnte es einfach nicht. 
    „Dylan“, sagte sie mit bebender Stimme.
    Ich grunzte. Ich bin mir nicht sicher was es war, aber es war nicht gerade zivilisiert. 
    „Was machst du hier?“, fragte sie.
    Schließlich sah ich sie an. Oh Scheiße, das war ein Fehler. Ihre grünen Augen, die mich immer wie ein verfluchter Strudel eingefangen hatten waren riesig, wie zwei Teiche. Ein ganz schwacher Duft nach Erdbeeren strömte von ihr aus und machte mich schwindelig. Ihr ganzer Körper erregte meine
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