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Vergessene Welt

Vergessene Welt

Titel: Vergessene Welt
Autoren: Michael Crichton
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blinzelnd, an. »Nein«,
sagte er. »Das habe ich nicht.«
     
    Sie saßen zu dritt an einem kleinen,
lackierten Tisch in einer Ecke des Guadeloupe Café am anderen Flußufer.
Sarah Harding trank Corona aus der Flasche und betrachtete die beiden Männer
ihr gegenüber. Levine machte ein zufriedenes Gesicht, als sei es ein Sieg für
ihn, mit den beiden am Tisch sitzen zu dürfen. Malcolm sah verdrossen drein,
wie ein Vater, der zu viel Zeit mit einem hyperaktiven Kind verbracht hat.
    »Wollen Sie
wissen, was ich gehört habe?« fragte Levine. »Ich habe gehört, daß vor ein paar
Jahren eine Firma namens InGen einige Saurier gentechnisch produziert und sie
auf einer Insel vor Costa Rica ausgesetzt hat. Aber irgendwas ging schief,
einige Leute kamen ums Leben, und die Dinosaurier wurden vernichtet. Und jetzt
will niemand darüber reden, aus irgendwelchen juristischen Gründen. Stillschweigevereinbarungen
und ähnliches. Und die Regierung von Costa Rica will dem Tourismus nicht
schaden. Also redet keiner. Wie auch immer – das habe ich jedenfalls gehört.«
    Malcolm starrte
ihn an. »Und Sie glauben das?«
    »Zuerst nicht«,
erwiderte Levine. »Aber die Sache ist die, ich höre es immer wieder. Die Gerüchte
verstummen nicht. Angeblich waren Sie, Alan Grant und noch ein paar andere
Leute dort.«
    »Haben Sie Grant
danach gefragt?«
    »Das habe ich,
letztes Jahr bei einer Konferenz in Peking. Er hat behauptet, das sei absurd.«
    Malcolm nickte
langsam.
    »Sagen Sie das
auch?« fragte Levine und trank einen Schluck Bier.
    »Ich meine, Sie
kennen Grant doch, oder?«
    »Nein. Bin ihm
nie begegnet.«
    Levine sah
Malcolm eingehend an. »Dann ist es also nicht wahr?«
    Malcolm seufzte.
»Sind Sie vertraut mit dem Konzept des Techno-Mythos? Es wurde von Geller in
Princeton entwickelt. Die Ausgangshypothese lautet, daß wir all die alten
Mythen verloren haben, die von Orpheus und Eurydike, von Perseus und Medusa.
Also füllen wir die Lücke mit modernen Techno-Mythen. Geller hat ein gutes Dutzend
aufgezählt. Einer besagt, daß in einem Hangar auf dem Luftwaffenstützpunkt
Wright-Patterson ein Außerirdischer lebt. Ein anderer, daß jemand einen
Vergasermotor erfunden hat, der mit vier Litern Benzin 150 Meilen schafft, daß
die Autokonzerne das Patent aber aufgekauft haben und es unter Verschluß
halten. Dann gibt es die Geschichte, daß die Russen in einem geheimen
Stützpunkt in Sibirien Kinder in Außersinnlicher Wahrnehmung ausgebildet haben
und daß diese Kinder allein mit ihren Gedanken Menschen an jedem beliebigen Ort
auf der Welt töten können. Dann die Geschichte, daß die Scharrbilder von Nazca
in Peru ein Raumflughafen Außerirdischer sind. Daß die CIA das Aids-Virus freigesetzt
hat, um Homosexuelle zu töten. Daß Nikola Tesla eine unglaubliche Energiequelle
entdeckt hat, seine Aufzeichnungen aber verlorengegangen sind. Daß es in Istanbul
eine Zeichnung aus dem 10. Jahrhundert gibt, die die Erde vom All aus zeigt.
Daß das Stanford Research Institute einen Mann gefunden hat, dessen Körper im
Dunkeln leuchtet. Wissen Sie, was ich meine?«
    »Sie behaupten
also, daß die InGen-Dinosaurier ein Mythos sind«, sagte Levine.
    »Natürlich sind
sie das. Sie müssen es sein. Halten Sie es für möglich, einen Dinosaurier gentechnisch
zu produzieren?«
    »Die Experten
sagen mir, daß es nicht möglich ist.«
    »Und sie haben
recht«, entgegnete Malcolm. Er sah Harding an, als suche er bei ihr Bestätigung.
Sie sagte nichts, trank nur ihr Bier.
    Tatsächlich aber
wußte Harding mehr über diese Dinosauriergerüchte. Nach einer seiner Operationen
war Malcolm im Delirium gelegen und hatte unter dem Einfluß der Narkose- und
Schmerzmittel Unsinn geplappert. Außerdem hatte es so ausgesehen, als hätte er
Angst; er hatte sich im Bett herumgeworfen und immer wieder die Namen von
verschiedenen Dinosauriern gemurmelt. Harding hatte die Schwester deswegen
befragt und erfahren, daß er nach jeder Operation so sei. Das Krankenhauspersonal
hatte angenommen, daß es sich dabei um medikamentös verursachte
Wahnvorstellungen handelte, Harding jedoch hatte den Eindruck, daß Malcolm eine
ganz reale Katastrophe noch einmal durchlebte. Dieses Gefühl wurde noch
verstärkt durch die saloppe, vertraute Art, in der er über die Dinosaurier
redete: Er nannte sie »Raptoren«, »Compys« und »Trikes«. Vor allem vor den
Raptoren schien er große Angst zu haben.
    Später, als er
bereits wieder zu Hause war, hatte sie ihn nach diesem Delirium
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