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Vergeltung (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Vergeltung (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Vergeltung (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)
Autoren: Don Winslow
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besitzergreifend erklärt: »Ich bin dein Mann, ich darf dich ja wohl ansehen.« Wie jeder verheiratete Mann guckt auch Dave anderen Frauen nach, aber anders als die meisten Männer bleibt er nicht mit Blicken kleben. Er weiß, was er zu Hause hat.
    Jakes Stimme ertönt von unten: »Mom, Dad, wir wollen loooooos!«
    »Wir kommen!«, schreit Dave zurück, bindet sich noch schnell die Krawatte und schiebt seine Glock 26 in das Thunderwear-Holster. Die »Baby Glock« ist schlank und klein, genau richtig, um verdeckt getragen zu werden, denn sie verschwindet ohne verräterische Ausbeulung unter seinem Sakko.
    Jake entdeckt sie trotzdem.
    Er ist es gewohnt, seinen Dad so zur Arbeit gehen zu sehen.


    Die meisten Menschen in der langen Schlange vor der Sicherheitskontrolle empfinden diese als lästig.
    Dave sieht sie eher als Möglichkeit, ihnen das Leben zu retten. Wenn die das hier schon schlimm finden, sollten sie mal nach Israel fahren, wo die Kontrollen zehn Mal schärfer sind.
    Und es noch nie zu einer Flugzeugentführung gekommen ist.
    Der Flughafen steht während der Feiertage in erhöhter Alarmbereitschaft – zur Weihnachtszeit wäre die propagandistische Wirkung eines Attentats für Terroristen von unschätzbarem Wert.
    Der Kennedy Airport gilt als Flughafen der »Kategorie X« – als Hauptangriffsziel.
    Und noch dazu ein großes, denkt Dave. Fast 2000 Hektar, 50 Kilometer Fahrwege, sieben Terminals mit 90 verschiedenen Airlines und 125 Flugsteigen. Und da sind die 100 Frachtmaschinen noch nicht mitgezählt, ebenso wenig die 370   000 Quadratmeter Lagerfläche.
    Eine riesiges Gelände, das es zu verteidigen gilt.
    Und ein belebtes. 50 Millionen Passagiere haben im vergangenen Jahr täglich auf über 1000 Flügen, fast die Hälfte davon international, JFK passiert. Und das sind nur die, die tatsächlich fliegen, dazu kommen die Freunde und Verwandten, die ihre Lieben zum Flughafen bringen oder von dort abholen.
    Die Zahlen sind schwindelerregend. Wir müssen immer alles richtig machen, denkt Dave, die Terroristen nur einmal.
    Er und seine Leute sind die erste – und vielleicht auch die letzte – Verteidigungslinie.
    Dave kennt die Kritik. Das Kürzel TSA – Transportation Security Administration – eine für die Sicherheit im Transportwesen zuständige Abteilung des U.S. Department of Homeland Security, stehe angeblich für »Tausende stehen an« oder » Take your Shoes off, Asshole «. Dabei sind die viel geschmähten Beamten an den Monitoren die heutige Polizei.
    Sie verwenden die allerneueste Technik. Dave nutzt alles, was ihrer Aufgabe dient, predigt seinen Leuten aber: »Wir müssen besser werden, indem wir die Bombenleger suchen, nicht die Bombe.« Eine passive Verteidigungsstrategie lädt praktisch zu einem Angriff ein – stattdessen muss man den künftigen Attentäter aktiv ausfindig machen. »Der ›Krieg gegen den Terror‹ ist ein vages und letztlich hinfälliges Konzept. Nicht gegen den Terror müssen wir Krieg führen, sondern gegen die Terroristen.«
    Dave ist also einer der größten SPOT-Fürsprecher – Screening of Passengers by Observation Techniques . Auch jetzt laufen seine BDOs – Behavior Detection Officers – durch die Terminals, halten nach Personen Ausschau, die in den Sicherheitsschlangen oder bei der Ausweiskontrolle nervös wirken.
    Außerdem sind da noch die Spürhunde, die darauf abgerichtet sind, Sprengmittel wie Nitropenta, Acetonperoxid und andere auf Wasserstoffperoxid-Basis hergestellte Explosivstoffe herauszuschnüffeln.
    Terroristen sind versessen darauf, Flugzeuge in die Luft zu jagen. Nach der Einführung verbesserter Sicherheitsstandards in Folge von 9/11 verlegten sie sich zunehmend von einfachen Flugzeugentführungen auf immer raffiniertere Varianten, Sprengstoff an Bord eines Flugzeugs zu schmuggeln. Dave kennt die Zahlen – bei zwei Dritteln der fünfundfünfzig Anschläge auf die amerikanische Luftfahrt waren Sprengstoffe im Spiel.
    Dabei geht es nicht »nur« um die Flüge – Dave macht sich mindestens ebenso große Sorgen wegen möglicher Anschläge im Flughafengebäude. Der Umstand, dass es – besonders in der Vorweihnachtszeit – in den Terminals nur so wimmelt vor Leuten, die noch nicht durchleuchtet, aber bereits in den Abflugbereich weitergeschleust wurden, raubt ihm nachts den Schlaf. Sie könnten alles Mögliche dabeihaben.
    Eine Bombe in einem gut besuchten Terminal würde sehr viel mehr Menschen das Leben kosten als auf einem einzelnen
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