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Vergebung

Vergebung

Titel: Vergebung
Autoren: Stieg Larsson
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nahm sich noch eine dunkelrote Lederjacke zum Überziehen mit. Anschließend rüttelte sie ihren Mann wach und erklärte ihm, dass er sich an diesem Morgen um die Kinder kümmern musste. Als sie aus der Tür trat, hielt auch schon das Taxi vor dem Haus.
    Ihren Kollegen, Kriminalinspektor Jerker Holmberg, musste sie im Zug nicht lange suchen. Sie nahm an, dass sie ihn im Speisewagen finden würde, und so war es auch. Schweigend saßen sie fünf Minuten beisammen und frühstückten. Schließlich schob Holmberg die Kaffeetasse beiseite.
    »Vielleicht sollte man einfach umschulen«, sagte er.
     
    Um vier Uhr morgens war auch Kriminalinspektor Marcus Erlander vom Dezernat für Gewaltverbrechen endlich in Gosseberga eingetroffen und hatte dem überforderten Paulsson die Leitung der Ermittlung abgenommen. Erlander war ein vollschlanker, grauhaariger Mann um die 50. Eine seiner ersten Maßnahmen hatte darin bestanden, Mikael Blomkvist die Handschellen abzunehmen und ihm Kaffee aus der Thermoskanne und Gebäck anzubieten. Sie setzten sich für ein Gespräch unter vier Augen ins Wohnzimmer.
    »Ich habe mit Bublanski in Stockholm gesprochen«, sagte Erlander. »Wir kennen uns schon seit Jahren. Wir bedauern beide sehr, wie Paulsson Sie behandelt hat.«
    »Ihm ist es zu verdanken, dass heute Nacht ein Polizist sterben musste«, sagte Mikael.
    Erlander nickte. »Ich kannte Gunnar Andersson persönlich. Er hat in Göteborg gearbeitet, bevor er nach Trollhättan zog. Er hat eine dreijährige Tochter.«
    »Das tut mir leid. Ich habe versucht, Paulsson zu warnen …« Erlander nickte.
    »Ich hab schon davon gehört. Sie sind laut geworden, und deswegen hat man Ihnen Handschellen angelegt. Sie haben Wennerström zur Strecke gebracht. Bublanski sagt, dass Sie ein aufdringlicher Journalist und ein verrückter Privatdetektiv sind, aber dass Sie höchstwahrscheinlich wissen, wovon Sie hier reden. Können Sie mir in ein paar verständlichen Sätzen erklären, was passiert ist?«
    »Jetzt steht fest, wer meine Freunde Dag Svensson und Mia Bergman in Enskede ermordet hat und außerdem noch eine Person, mit der ich nicht befreundet war … Rechtsanwalt Nils Bjurman, der Lisbeth Salanders rechtlicher Betreuer war.«
    Erlander nickte.
    »Wie Sie wissen, ist die Polizei schon seit Ostern hinter Lisbeth Salander her, die man des dreifachen Mordes verdächtigt. Vor allem müssen Sie wissen, dass Lisbeth Salander an diesen Morden unschuldig ist. Wenn sie überhaupt etwas mit dieser ganzen Geschichte zu tun hat, dann ist auch sie ein Opfer.«
    »Nach allem, was in den Medien so geschrieben wurde, fällt es mir nicht ganz leicht, zu glauben, dass sie völlig unschuldig sein soll.«
    »Ist sie aber. Punktum. Der wirkliche Mörder ist Ronald Niedermann, der heute Nacht auch Ihren Kollegen Gunnar Andersson ermordet hat. Er arbeitet für Karl Axel Bodin.«
    »Den Bodin, der jetzt mit einer Axt im Schädel im Sahlgrenska-Krankenhaus liegt?«
    »Ja. Ich gehe davon aus, dass Lisbeth ihn niedergestreckt hat. Sein echter Name ist Alexander Zalatschenko. Er ist Lisbeths Vater und ein ehemaliger Profikiller des russischen Nachrichtendienstes. Er ist in den 70er-Jahren ausgestiegen und hat danach bis zum Zusammenbruch der Sowjetunion für die SiPo gearbeitet. Danach hat er sich als freier Gangster verdingt.«
    Nachdenklich musterte Erlander die Person, die vor ihm auf dem Sofa saß. Mikael Blomkvist war völlig verschwitzt und sah gleichzeitig durchgefroren und todmüde aus. Bis jetzt hatte er seine Erklärungen rational und zusammenhängend vorgebracht, aber Kommissar Paulsson - auch wenn Erlander auf dessen Wort nicht mehr allzu viel gab - hatte ihn schon gewarnt, dass Blomkvist irgendwas von russischen Agenten und deutschen Auftragskillern faseln würde. Aber im Straßengraben auf dem Weg nach Nossebro lagen eben doch ein toter und ein schwer verletzter Polizist, und daher war Erlander bereit, ihm weiter zuzuhören. Dennoch konnte er den skeptischen Unterton in seiner Stimme nicht ganz unterdrücken.
    »Okay. Ein russischer Agent.«
    Blomkvist lächelte schwach, weil ihm offensichtlich klar war, wie verrückt seine Geschichte sich anhören musste.
    »Ein ehemaliger russischer Agent. Ich kann all meine Behauptungen dokumentieren.«
    »Erzählen Sie weiter.«
    »Zalatschenko gehörte in den 70er-Jahren zu den Topspionen. Er wurde von der SiPo mit einer neuen Identität ausgestattet. Soweit ich weiß, ist das kein Einzelfall im Kielwasser des Zusammenbruchs der
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