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Verfuehrung unterm Silbermond

Verfuehrung unterm Silbermond

Titel: Verfuehrung unterm Silbermond
Autoren: Sharon Kendrick
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Dann werde ich alles so schnell wie möglich in die Wege leiten.“ Sie durchquerte die Küche, an der Tür drehte sie sich noch einmal um und bemerkte, dass er ihr mit gleichgültiger Miene nachsah. „Eine Sache wäre da noch, Raffaele.“
    „Ich nehme an, du brauchst ein Empfehlungsschreiben.“
    Natasha wurde für einen Moment schwindelig. War er sich überhaupt bewusst, wie sehr er sie verletzte? So sollte es also enden? Fast vier Jahre des Zusammenlebens und der Nähe, mit ein paar Worten auf einem Briefbogen ausgedrückt? Obwohl, es war ja kein wirkliches Zusammenleben gewesen, auch keine wirkliche Nähe, sondern eher ihre Einbildung, die ihr das vorgegaukelt hatte. Weil sie es sich so sehnlich gewünscht hatte. Nur … das Leben erfüllte einem eben nicht alle Wünsche, vor allem nicht, wenn es um die Liebe ging.
    „Natürlich hätte ich gern ein Empfehlungsschreiben, aber … ich dachte an Sam.“
    Sam. Zum ersten Mal zeigte sich ein Riss in der steinernen Maske. Raffaele hatte sich an den Jungen gewöhnt, hatte ihn lieb gewonnen … „Was ist mit ihm?“
    Natasha öffnete den Mund, um Raffaele zu sagen, dass Sam ihn vermissen würde, doch dann änderte sie ihre Meinung im letzten Augenblick. Wenn sie es zu sehr betonte, würde Raffaele es nur wieder benutzen, um ihr die nächste Anschuldigung entgegenzuschleudern – dass sie nach einem reichen Stiefvater für ihren Sohn suchte. „Er war sehr glücklich hier“, sagte sie also. „Danke dafür.“
    Die ruhige Würde auf ihrem Gesicht verletzte ihn tief. „Prego“ , stieß Raffaele brüsk aus, kehrte Natasha den Rücken zu und schenkte sein Glas nach.

14. KAPITEL
    Das Haus schien leer zu sein.
    Nein, das Haus war tatsächlich leer.
    Raffaele schlug die Haustür hinter sich zu und lauschte der Stille, die sich wie eine schwere Decke über ihn legte. Die Stille wurde jäh unterbrochen, weil draußen vor der Schwelle Weihnachtslieder erklangen.
    Raffaele riss die Tür wieder auf. Eine Gruppe Sternsinger stand auf dem Treppenabsatz und schmetterte drauflos, was die Lungen hergaben. Unwillkürlich fragte sich Raffaele, warum Weihnachtslieder so anrührend klangen und einem bis ins Mark gingen, wenn sie von einer Gruppe Kinder gesungen wurden anstatt von einem geschliffenen vierstimmigen Chor.
    War es, weil er dabei sofort an Sam denken musste?
    Und an Natasha?
    Natasha.
    Er kniff die Augen zusammen, als einer der Jungen eine Büchse hochhielt und das Kleingeld darin klimpern ließ. Was zum Teufel taten diese Knirpse um diese Uhrzeit im Dunklen noch auf der Straße?
    „Wissen eure Mütter, wo ihr euch rumtreibt?“
    „Ja, wissen sie“, rief eine Stimme etwas abseits der Gruppe. Eine junge Frau, fast noch ein Teenager, trat ins Licht. „Sie alle haben die Erlaubnis der Eltern. Und ich begleite sie, um auf sie aufzupassen“, fügte sie hinzu.
    Raffaele starrte die junge Frau an. Sie ist selbst fast noch ein Kind, dachte er. Natasha konnte nicht viel älter gewesen sein, als sie in jener Nacht vor seiner Türschwelle aufgetaucht war. Aber das war lange her. Und seit damals war sie Teil seines Lebens gewesen, ein größerer Teil, als ihm bewusst gewesen war. Wen wunderte es da, dass er sie vermisste?
    „Wofür sammelt ihr?“, fragte er.
    „Für Waisenkinder.“
    Er zog einen Geldschein aus seiner Brieftasche und stopfte ihn in den Büchsenschlitz.
    „Danke, Sir!“
    „Singt ihr ‚Stille Nacht‘ für mich?“ Doch gleich darauf fragte er sich, welcher selbstquälerische Impuls ihn dazu gebracht hatte, ausgerechnet nach diesem Lied zu fragen. Es rührte so an sein Herz, dass er es nicht zu Ende hören konnte und leise die Tür schloss.
    An diesem Abend legte er eine Oper auf, während er sich zum Ausgehen fertig machte – die leidenschaftlichste und herzzerreißendste Oper, die er in seiner CD-Sammlung finden konnte –, und fand es befriedigend, den tief emotionalen Klängen zu lauschen. Wenn ihn in seinem momentanen Zustand überhaupt etwas auch nur annähernd befriedigen konnte. Er musste sich bei einem Spendendinner sehen lassen, aus dem er sich nicht hatte herausreden können. Aber die zweite Karte, die für ihn hinterlegt gewesen war, so hatte er den Organisator wissen lassen, könne an eine andere Person weitergegeben werden.
    „Bringen Sie denn keine Begleitung mit, Signor de Feretti?“, hatte dieser ihn erstaunt gefragt.
    „Nein, diesmal nicht.“
    Und er würde auch, sobald es möglich war, wieder verschwinden. Er wollte überhaupt nicht
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