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Verfuehrung in Florenz

Verfuehrung in Florenz

Titel: Verfuehrung in Florenz
Autoren: India Grey
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ihm leid. Er hoffte, sie würde die geheime Bedeutung dieser Worte für sie beide erkennen und entsprechend darauf reagieren. Da sie es nicht tat, kam er unweigerlich zu dem Schluss, dass ihm alles wesentlich mehr bedeutet hatte als ihr.
    Und da er die ganze Sache ohnehin nicht begriff, versuchte er stattdessen mit der ihm eigenen rücksichtslosen Selbstkontrolle, sie hinter sich zu lassen. Das machte ihn zwar nicht glücklich und verschaffte ihm letztlich auch keine innere Ruhe, doch damit musste er wohl leben.
    Es regnete jetzt so heftig, dass ihm das Wasser in den hochgeschlagenen Mantelkragen und den Hals entlang lief. Plötzlich kehrte schmerzhaft wie ein Faustschlag die Erinnerung an Venedig zurück. Die Piazza San Marco, das hereinbrechende Gewitter und Eves unglaublich schöne Augen. Zorn hatte darin geflammt, der sich rasch in Leidenschaft verwandelte …
    Raphael biss die Zähne zusammen, schloss seine Haustür auf, trat ein und schlug sie hinter sich zu.
    Wenn es ihm nicht gelang, seine Erinnerungen an Eve auszulöschen, blieb ihm immer noch der Zorn. Er ging in die Küche und füllte die Kaffeemaschine mit Wasser. Sie war das einzige Gerät in der blitzsauberen Küche, das einigermaßen benutzt aussah. Signora Arrigo, seine Putzfrau, sorgte sich grenzenlos um ihn. In letzter Zeit stellte sie sogar selbst gemachte Pasta oder Suppe in den Kühlschrank. Heute lag auf der Arbeitsfläche unter einem sauberen Geschirrtuch eine Focaccia und duftete verführerisch nach frischem Brot.
    Raphael lächelte flüchtig über die nette Geste, öffnete den Schrank, um die Kaffeedose herauszunehmen, und stockte. Ziemlich weit hinten stach ihm etwas ins Auge. Er griff danach und holte es heraus.
    Eine Dose englischen Tees.
    So weit war es also mit ihm gekommen. Es war geradezu lachhaft, dass er die Dose überhaupt nach Florenz mitgenommen hatte, aber sie nun schon seit sechs langen Monaten aufzuheben … Das grenzte an Irrsinn. Was hatte er sich dabei gedacht? Dass Eve eines Tages aus dem Nichts vor seiner Tür auftauchte? Dass sie ihm bei einer Tasse Tee noch eine Chance gab?
    Mit lautem Scheppern landete die Dose in dem Metallabfalleimer.
    Eine Flasche Rotwein und ein Glas in der Hand, verließ Raphael die Küche und dachte weder an Essen noch an Kaffee. Das Wohnzimmer befand sich im ersten Stock. Er betrat es, verzichtete darauf, das Licht einzuschalten, und ging ans Fenster.
    Im Schein der Straßenbeleuchtung erinnerte ihn der Regen an Schwärme winziger silbriger Fische. Er füllte das Glas und nahm einen tiefen Schluck Wein. Dabei vertrieb er entschieden alle hartnäckigen Erinnerungen, die ihn lockten und reizten – Eves Kopf auf seinem Knie, während sie die Straße da unten entlangfuhren, ihr weiches Haar unter seiner Hand, ihr warmer Atem an seinem Schenkel …
    Es waren die Kleinigkeiten, die ihn nicht losließen.
    Seufzend wandte er sich vom Fenster ab und griff nach der Fernbedienung des Fernsehers. Nachrichten. Fußball.
    Ihm war alles recht, solange es ihn von quälenden Gedanken ablenkte.
    Auf dem Bildschirm erschien eine leere Bühne mit einer Papierwand in japanischem Stil als einziger Kulisse. Raphael hielt ungläubig den Atem an, als die Sopranistin zu singen begann. Die ergreifende Arie erfüllte das dunkle Wohnzimmer. In den wunderschönen Klängen lagen die Qualen der Einsamkeit und Enttäuschung.
    „Madame Butterfly“.
    Raphael füllte erneut sein Glas, lehnte den Kopf an die Wand und schloss die Augen. Im flackernden Licht des Fernsehers zeichnete sich tiefer Schmerz auf seinem Gesicht ab.

14. KAPITEL
    Florenz im Februar war nicht die Stadt, die Eve im August verlassen hatte. Die eleganten Straßen wirkten düster unter dem regnerischen Himmel. Einige Touristen drängten sich in kleinen Gruppen zusammen und beugten sich über ihre Karten und Stadtführer, ohne auf die hoch aufragenden Gebäude um sie herum zu achten.
    Eve saß hinter dem wortkargen Polizeichauffeur, der sie in Marcos Auftrag vom Hotel zum Gerichtsgebäude bringen sollte, blickte starr aus dem Wagen und versuchte, nicht an Raphael zu denken.
    Sie zitterte schon jetzt bei der Vorstellung, sie könnte ihn sehen. Allein die Möglichkeit ließ ihren Herzschlag unregelmäßig werden, und sie wollte sich gar nicht ausmalen, was ihre Ärztin jetzt zu ihrem Blutdruck sagen würde. Um nicht den Verstand zu verlieren und ihr Kind zu schonen, versuchte sie, an Luca zu denken.
    Sie war hier, um das Kapitel abzuschließen, das vor drei Jahren
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