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Verführung der Finsternis: Roman (German Edition)

Verführung der Finsternis: Roman (German Edition)

Titel: Verführung der Finsternis: Roman (German Edition)
Autoren: Alix Rickloff
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ein Grinsen verkneifen.
    Aber schon umklammerte die Schwester ihren Arm noch fester und verdoppelte ihr Tempo. Sie marschierte die Treppe hinauf, öffnete mit einem kaum zu hörenden Wort die Tür und schlug sie mit einem ebenso wirkungsvollen Flüstern wieder zu.
    Am Verstand der alten Priesterin konnte man seine Zweifel hegen, aber ihre Magie war unangreifbar.
    Die Temperatur fiel, sobald sie drinnen und aus der schwachen Nachmittagssonne heraus waren. Frost hing in dem Gang, der zu Ard-siúrs Arbeitszimmer führte, und bewirkte, dass Sabrinas nervöser Atem kleine Wölkchen in der kalten Luft erzeugte. Die Kälte drang sogar durch die dicken Strümpfe und zwei Unterröcke, die sie unter ihrem Wollkleid trug.
    Es war noch nicht einmal Winter, und schon sehnte Sabrina sich nach dem Frühling, nach Sonne und der Erlösung von kratziger Unterwäsche, Frostbeulen und Schniefnase, früher Dunkelheit und zugigen Gängen. Im Moment würde sie ihre Seele verkaufen für Wärme, Licht und … etwas anderes.
    So wenig veränderte sich innerhalb des Ordens, dass jede Abwechslung, selbst der allmähliche Wechsel der Jahreszeiten, ein Abenteuer zu sein schien. Vielleicht war das aber auch nur so, weil die wahre Veränderung, die Sabrina sich ersehnte, die Ernennung zur Priesterin, ihr noch versagt blieb und es auch bleiben würde, falls die unausstehliche Schwester Brigh ihren Willen durchsetzte.
    Als sie durch das Vorzimmer zu Ard-siúrs Arbeitszimmer gingen, winkte Schwester Anne ihnen fröhlich zu, was ihr den mürrischen Blick einer Bulldogge von Schwester Brigh und ein schwaches Lächeln von Sabrina eintrug.
    Verglichen mit der Kälte auf dem Gang, war Ard-siúrs Büro ein tropisches Paradies. Ein kleiner Ofen gab genügend Hitze ab, um den Raum angenehm warm zu halten, und die dicken Teppiche und farbenfrohen Wandbehänge belebten den nackten, naturfarbenen Stein. Fügte man zu alldem noch Ard-siúrs überfüllten Schreibtisch samt ihrer schnurrenden Katze und das leise Ticken einer hohen Standuhr in der Ecke hinzu, war es kein Wunder, dass sich Sabrinas angespannte Nerven zu beruhigen begannen.
    Auf Schwester Brigh schien die Atmosphäre allerdings genau die gegenteilige Wirkung zu haben. Ihr Blick huschte mit unverhohlener Missbilligung durch das Zimmer, während sie eine leidgeprüfte Haltung einnahm und jetzt erst ihren eisernen Griff um Sabrinas Arm löste.
    Ard-siúr hob abwehrend eine Hand, um einen Gedanken zu Ende zu führen, und biss sich auf die Lippe wie ein kleines Mädchen, während ihr Stift über die Seite vor ihr flog.
    Die Priorin der Schwestern des Hohen Danu wirkte so zeitlos wie die uralten Megalithen oder »stehenden Steine«, die eine nahe gelegene Wiese am Klippenrand bewachten. Groß. Breit. Ein vom Alter gezeichnetes Gesicht, aber Augen, die klar, wach und humorvoll geblieben waren. Ihre Mächte als bandraoi- Priesterin und Zauberin, doch auch ihre majestätische Haltung und unerschütterliche Contenance schienen es mit der der Feen aufnehmen zu können. Sabrina wusste jedoch, dass es all ihre Kräfte erforderte, die angeborenen wie erlernten, eine Ordensgemeinschaft von Anderen zu leiten und gleichzeitig deren wahre Natur vor der misstrauischen Welt der Menschen zu verbergen. Dies war nötig zum Schutz der Anderen , Männer und Frauen, die sowohl das Blut von Magiern als auch das von Menschen in sich hatten.
    Für alle außerhalb der Klostermauern waren sie lediglich ein weltabgewandter Orden kontemplativer Nonnen. Es fiel Ard-siúr zu, dafür zu sorgen, dass es so blieb. Keine beneidenswerte Aufgabe. Auch wenn es bei genauerer Überlegung doch sehr wohl jemanden gab, der Ard-siúr beneidete, sehr sogar.
    Schwester Brigh schnaufte und atmete so schwer durch die Nase wie ein Dampf ablassender Kessel.
    Schließlich legte Ard-siúr die Feder auf die Ablage, streute Sand auf das Schriftstück, schüttelte ihn wieder ab und faltete das Blatt. Erst dann richtete sie den durchdringenden Blick auf die beiden Frauen, die schweigend vor ihr standen.
    »Danke, Schwester Brigh, dass Sie Sabrina hergebracht haben!«
    Ihr Dank an die Prinzipalin der Novizinnen war als eindeutige Aufforderung gemeint, sie allein zu lassen.
    Statt zu gehen, begann Schwester Brigh jedoch, eine ganze Liste von Beschwerden vorzutragen, die ihr so leicht von den Lippen kamen, als hätte sie sie schon im Vorfeld vorbereitet. »Dreimal in drei Tagen, Ard-siúr! Dreimal habe ich sie mit dem Kopf in den Wolken erwischt, als sie bei der
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