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Verführt: Roman (German Edition)

Verführt: Roman (German Edition)

Titel: Verführt: Roman (German Edition)
Autoren: Teresa Medeiros
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dankbar, nicht von schweren Röcken und Unterröcken behindert zu werden. Sie knallte die Kabinentür hinter sich zu und schoss herum.
    Eine weitere Salve erschütterte das Unterdeck. Lucy fiel auf die Knie, hielt sich die Ohren zu und unterdrückte einen verzweifelten Schrei. Als Kind war sie einmal durch den Garten getollt und dabei durch ein riesiges Spinnennetz gelaufen. Sie hatte mit ihren kleinen Händen nach den klebrigen Fäden geschlagen und panisch geschrien. Genau diese hilflose Angst war jetzt wieder da. Sie hielt es nicht aus, wie ein Tier in der Falle zu sitzen und ihr Schicksal nicht mehr in der Hand zu haben.
    Sie erinnerte sich an die verächtlichen Worte des Admirals, während sie in Smythes gestärkte Weste geschnieft und der Butler ihr geduldig die verklebten Fäden aus den Haaren gezupft hatte. Dumme kleine Gans. Völlig hysterisch, genau wie deine Mutter. Dieses französische Blut schlägt immer wieder durch.
    Lucy nahm die Hände von den Ohren und ballte sie zur Faust. Ihr Rücken richtete sich gerade. Sie war Lucinda Snow, Tochter von Admiral Lucien Snow. Und verdammt wollte sie sein, sich von einem lächerlichen Geisterpiraten in die Hysterie treiben zu lassen.
    Sie musste handeln. Also durchwühlte sie ihre kleine Reisetasche nach irgendetwas, das sich als Waffe benutzen ließ. Alles, was sie fand, war ein Brieföffner mit Elfenbeingriff. Sie zog die Schuhe aus, um nötigenfalls leise laufen zu können und steckte den Brieföffner in einen ihrer Strümpfe. Dann griff sie nach der heruntergebrannten Laterne und kauerte sich neben die zerwühlte Koje.
    Oben war Furcht einflößendes Gebrüll zu hören und donnerndes Getrampel. Lucy biss die Zähne zusammen, um sie am Klappern zu hindern. Der Henkeldraht der Laterne schnitt in ihre Handfläche. Als Waffe war die Laterne nutzlos. Wie gefährlich Feuer an Bord war, hatte man ihr seit Kindesbeinen eingebläut.
    Lieber starb sie einen grausigen Tod, als die Laterne gegen einen Angreifer zu schleudern.
    Die Kabinentür wurde nach innen eingetreten und da, wo die Tür gewesen war, erschien ein ungeschlachter Schatten. Lucy fürchtete schon, ihre noble Einstellung unter Beweis stellen zu müssen. Sie löschte die Flamme und machte in der kindischen Hoffnung, unsichtbar zu sein, wenn nur sie selbst nichts sah, die Augen zu.
    Doch der Knebel, der sich in ihren Mund schob, und der nasskalte Jutesack über ihren Kopf ließen alle ihre Hoffnungen, gegenwärtige wie zukünftige, zerstieben.
    »Zur Hölle, verdammt noch mal!«
    Der Fluch kam wie donnerndes Kanonenfeuer über Captain Dooms Lippen. Das Deck unter seinen langen, zornigen Schritten hatte Schlagseite, doch er geriet kein einziges Mal ins Stolpern, wankte kein einziges Mal. Sein Gleichgewichtssinn funktionierte so makellos wie all seine anderen Sinne. Hätten seine Feinde ihn so gesehen, sie hätten geschworen, dass die zu Schlitzen gezogenen Augen Blitze schleudern konnten.
    »Ich kann einfach nicht glauben, dass ihr eine Frau an Bord gebracht habt.« Er schwang sich mit der natürlichen Eleganz des geborenen Seefahrers an der herunterhängenden Takelage vorbei. »Ihr wisst doch, wie abergläubisch Tam und Pudge sind. Sie springen mir von Deck, wenn sie es rauskriegen.«
    Den ebenholzhäutigen Riesen, der ihm hinterhermarschierte, schien der Zorn seines Kapitäns nicht zu scheren. Nur wer ihn gut kannte, konnte den sarkastischen Unterton in seinem melodischen Bass heraushören. »Soll ich die neunschwänzige Katze holen, Sir, damit Sie mich auspeitschen können?«
    »Fordere mich nicht heraus«, grollte der Kapitän. »Ich hätte dich in Santo Domingo dem Henker überlassen sollen, als ich die Gelegenheit hatte.«
    Auf den Punkt genau, bevor ihn die Fock mit der Spiere am Kopf traf, duckte Doom sich weg, schwang seinen sehnigen Körper in den Frachtraum hinunter und landete mit der geschmeidigen Anmut einer Katze auf den nackten Ballen.
    Er strich sich den Bart. »Seit ihr schon so lange auf See, dass ihr nicht mehr bemerkt habt, dass sie eine verfluchte Frau ist?«
    »Sie hat sich wie eine Ratte gewunden. An ein paar Stellen war sie weich wie ein verfaulter Pfirsich, aber ich hab gedacht, vielleicht ist der Admiral verweichlicht, schließlich hat er ja den Dienst quittiert.«
    »Scheint mir eher, du bist weich geworden. In der Birne.«
    »Die Kabine war genau so im Logbuch verzeichnet, wie Sie es gesagt haben. L-U-C-Punkt-S-N-O-W.«
    Doom verfluchte den Steuermann wegen dessen seltsamem Talent,
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