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Verführt: Roman (German Edition)

Verführt: Roman (German Edition)

Titel: Verführt: Roman (German Edition)
Autoren: Teresa Medeiros
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nicht sofort erschossen?«
    »Wie denn, nachdem er mir seine Gründe erklärt hat? Wie hat er es doch so überaus hübsch formuliert?« Gerard legte die Hand aufs Herz. »Ach ja: ›Ich hab doch alles nur getan, weil ich Lucy so lieb hatte‹, hat er gesagt.«
    Lucy blinzelte Gerard argwöhnisch durch halb gesenkte Wimpern an. Schwer zu sagen, ob er sie verschaukelte.
    »Was für Gründe hattest du eigentlich?«, fragte er reserviert. »Wärst du vielleicht so freundlich, mir zu erklären, weshalb du mich auf der Stelle im Stich gelassen hast, nachdem die Ärzte dir die unglückselige Mitteilung gemacht hatten, dass ich überleben würde?«
    Lucy drehte sich weg und blickte aufs Meer hinaus. Wie sollte sie ihm begreiflich machen, was an jenem grauen Morgen in ihr vorgegangen war, als sie ihr schließlich gesagt hatten, dass seine Willensstärke ihn sogar einen Schuss in die Brust überstehen ließ? Die Mischung aus Schuldgefühl und Erleichterung war so schmerzlich gewesen, dass ihr selber zum Sterben war.
    »Ich habe mich geschämt. Ich war so wütend, dass du dich für mich geopfert hast. Ich war doch fest entschlossen gewesen, allen zu zeigen, dass ich meine eigenen Entscheidungen treffen kann, dass ich mein Schicksal in die eigenen Hände nehmen kann.« Ihre Finger knoteten nervös an den Hutbändern herum. »Aber mein kindischer Auftritt vor Gericht hätte dich fast das Leben gekostet. Ich dachte, du würdest mich nie mehr sehen wollen. Und dass ich dich nur an vergangenes Leid erinnern würde.«
    »Warum vergessen wir dann nicht einfach die Vergangenheit und fangen von vorne an?«
    Lucy holte bebend Luft und hatte Angst, Hoffnung zu schöpfen. »Also gut.« Sie drehte sich wieder um und streckte ihm die Hand hin. »Erfreut, Sie kennen zu lernen, Sir. Lucinda Snow, meine Freunde nennen mich Lucy, aber Sie dürfen mich, wenn Sie wollen, Mrs. Claremont nennen.«
    Er wippte auf den Absätzen und zog eine Augenbraue hoch. »Wie darf ich das verstehen, Miss Snow? Als Heiratsantrag? Schockierend geradeheraus, möchte ich meinen, oder etwa nicht? Es wäre mir wirklich peinlich, einen Skandal zu provozieren.«
    Lucy zog die Hand zurück. Es war eine Sache, öffentlich zu verkünden, die Mätresse eines Piraten zu sein. Es war eine ganz andere Sache, es wirklich zu sein. Sie kämpfte gegen ihre lebenslange Unterdrückung an und flüsterte: »Falls dir ein unschicklicher Antrag lieber ist …?«
    Er wurde ernst. Die warmen Finger fanden ihr Kinn und hoben es an. Er schaute ihr tief in die Augen. »Ich fürchte, ich kann nur eine einzige Geliebte haben.« Er wies mit dem Kopf zum Meer. »Die See ist eine eifersüchtige Hexe, aber ich liebe sie.«
    Die Bänder entglitten Lucys Fingern, der Hut fiel schwerelos in den Sand. Sie drehte sowohl dem Meer als auch Gerard den Rücken zu; sie ertrug die Schönheit nicht länger. »Ich habe von deiner Begnadigung gelesen«, sagte sie steif.
    »Seine Majestät hat entschieden, dass fünf Jahre Kerker genug sind und meine Strafe bereits abgebüßt ist.« In seiner Stimme schwang Sarkasmus. »Die Admiralität ist ganz versessen darauf, das Unrecht wieder gutzumachen, das einer der ihren mir angetan hat. Sie haben mir sogar ein Offizierspatent angeboten. Kein eigenes Schiff natürlich, aber die Möglichkeit, das Leutnantsexamen zu machen, und eine Koje auf ihrem besten Flaggschiff.«
    Lucy schluckte das Selbstmitleid herunter, wischte eine Träne fort und zwang ein Lachen in ihre Stimme. »Wie schön für dich. Herzlichen Glückwunsch.«
    Seine Hände legten sich auf ihre Schultern. Sie bedurfte all ihrer Selbstbeherrschung, sie nicht abzuschütteln. Sein Mitleid war unerträglich.
    Gerards warmer Atem streichelte ihr Haar. »Ich kenne zufällig einen gewissen Claremont, dem eine ordentliche Brise Ordnung und Disziplin ganz gut täte. Kevin wird einen wundervollen Offizier abgeben, meinst du nicht auch? Falls er die vielen Monate auf See überlebt – ohne irgendwo einen Unterrock in Sicht.«
    Lucy runzelte die Stirn. »Kevin? Und was ist mit dir?«
    Seine Hände liebkosten ihre Schultern. »Oh, ich musste leider ablehnen.« Seine Stimme wurde weich, und sein zärtlicher Spott jagte ihr einen wohligen Schauer über den Rücken. »An Bord eines Kriegsschiffes ist kein Platz für eine Ehefrau.«
    Er hob den Hut auf. Lucy schoss mit weit aufgerissenen Augen herum. Genau in diesem Moment umrundete ein Schiff die zerklüfteten Felsklippen und schnitt majestätisch und voller Anmut durch die
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