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Verführt: Roman (German Edition)

Verführt: Roman (German Edition)

Titel: Verführt: Roman (German Edition)
Autoren: Teresa Medeiros
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sein würde wie sein eigenes.«
    Gerards Verwirrung wurde zunehmend größer, doch er wusste, dass er wenigstens nicht so dümmlich dreinschaute wie der Staatsanwalt. Das hier waren offensichtlich nicht die Antworten, die sie in den Hinterzimmern der Staatsanwaltschaft einstudiert hatten.
    Der Saal war kühl und zugig, doch dem Staatsanwalt tropfte der Schweiß unter der Perücke heraus. »Nun, aha … Es widerstrebt mir, Sie zu verletzen, Miss, aber das Gericht muss annehmen, das der Schurke Sie schlicht zum Narren gehalten hat.«
    Lucy schaute ihn vorwurfsvoll mit großen Rehaugen an. »Aber nein, Sir. Mr. Claremont hat überaus zart fühlend meine Gefühle geachtet und mich in mindestens zwei verschiedenen Fällen vor Übergriffen bewahrt.«
    Gerard begriff allmählich, dass hier etwas gewaltig aus dem Ruder lief. Der Admiral verhielt sich unnatürlich ruhig. Das wachsbleiche Gesicht war zu einer Grimasse erstarrt, die er die Öffentlichkeit normalerweise nie hätte sehen lassen.
    Der aufgeregte Staatsanwalt zog ein Taschentuch aus der Robe und wischte sich die Stirn. Er starrte Lucy an, als hielte er sie für schwer von Begriff, eine Taktik, die der Menge missbilligende Kommentare entlockte. »Vielleicht hat er lediglich versucht, Ihr Vertrauen zu gewinnen, Miss Snow. Um Sie später leichter verschleppen zu können.«
    Worauf Lucy Gerard direkt ansah – mit großen grauen Augen, die so voller Zärtlichkeit waren, dass Gerard schon glaubte, er müsse auf der Stelle sterben und könne der Krone die Hinrichtungskosten ersparen. War sie wirklich so rachsüchtig?, fragte er sich verstört. Was für eine diabolische Strafe hatte sie da für ihn ersonnen?
    Doch dann begriff er entsetzt, was sie vorhatte. Er sprang auf und rasselte mit seinen Fesseln. Die Wachen zerrten ihn mit aller Gewalt auf seinen Platz zurück. »Tu es nicht, Lucy! Verdammt, das bin ich nicht wert!«
    Beinahe im selben Moment fing auch der Admiral zu brüllen an: »Lucinda! Kein einziges Wort mehr! Du hältst auf der Stelle den Mund!«
    Ein kleines, fast unmerkliches Lächeln spielte um den perfekt geschwungenen Mund. Lucy holte tief Luft und war sich bewusst, dass jede Seele hier im Gerichtssaal förmlich an ihren Lippen hing.
    »Mr. Claremont hat mich nicht verschleppt«, log sie. »Ich habe ihn freiwillig begleitet. Wir waren ein Liebespaar, müssen Sie wissen, und zwar bereits, als wir noch unter meines Vaters Dach lebten.«
    Der Saal explodierte in pure Raserei. Bevor der Richter Ruhe und Ordnung herstellen konnte, hatte Lucy bereits ein zerschlissenes, in Öltuch gewickeltes Päckchen aus der Tasche gezogen und wedelte damit herum.
    Ihrer Stimme war anzuhören, dass Lucy die Wahrheit sprach. »Das Dokument ist zwar ein wenig verschlissen, weil es sechs Jahre lang in einem Gloxinientopf versteckt war. Aber das, was ich hier vorlege, ist der Kaperbrief, der beweist, dass Mr. Claremont seine Karriere als ehrenwerter Kapitän namens Richard Montjoy begonnen hat. Es war allein die Gier und Verderbtheit eines gewissen Lucien Snow, die Gerard Claremont dazu gezwungen hat, sein Leben in der Verbannung zu verbringen – als der Pirat, den wir alle unter dem Namen Captain Doom kennen.«
    »Du verlogene kleine Hure!« Der Admiral sprang auf und zerrte etwas hinter seiner Schärpe hervor.
    Zeit spielte keine Rolle mehr für Gerard Claremont. Alles um ihn herum verschwamm und erschien doch klar genug, sich auf ewig in sein Gedächtnis zu brennen. Die glänzende Mündung der Pistole, die sich auf Lucys schneeweiß gewandete Brust richtete. Das triumphierende Leuchten auf ihrem Gesicht, das erlosch, als sie begriff, was vor sich ging. Tam, der einen Warnruf ausstieß. Der Staatsanwalt, der hinter der Anklagebank in Deckung ging. Kevin, der sich heldenhaft in die Richtung des Admirals warf.
    Kevin würde es nicht schaffen. Das klickende Geräusch, als der Abzug sich spannte – es dröhnte wie Donnerhall in Gerards Ohren.
    Auf derart übernatürliche Kräfte war niemand vorbereitet: Gerard riss die Ketten mit sich und kleine, blutige Hautfetzen von den Händen der Wachen. Wäre er nicht an Händen und Füßen gefesselt gewesen, er hätte es vielleicht geschafft, Lucy aus der Schusslinie zu stoßen. Doch so, wie die Dinge lagen, konnte er nur auf sie zustürzen und seinen Körper als Schutzschild vor den ihren werfen.
    In seiner Brust explodierte ein Feuerball. Er taumelte, und die Ketten wurden ihm mit einem Mal zu schwer. Lucy warf ihm ihre zarte Gestalt
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