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Verführt: Roman (German Edition)

Verführt: Roman (German Edition)

Titel: Verführt: Roman (German Edition)
Autoren: Teresa Medeiros
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kindlichen Drang, sie für seine eigene Schwäche zu bestrafen. Doch ihre Wehrlosigkeit besänftigte seinen Zorn, und er verachtete sich für das, was aus ihm zu werden drohte.
    Er stellte das Glas weg und wappnete sich mit jener Leidenschaftslosigkeit und Kälte, die seine Aufgabe erforderte. Im schwarzen Herzen eines Captain Doom war kein Platz für Mitgefühl oder Passion. Erst recht nicht, wenn er es mit der Hure Lucien Snows zu tun hatte.
    Er baute sich direkt vor ihr auf, die Hände auf den Rücken gelegt, die Beine breit, sein Schweigen eine beredte Provokation. Er sah den Anflug von Röte zu den edlen Wangenknochen hinaufkriechen und amüsierte sich insgeheim. Er hätte geschworen, sie errötete vor Wut und nicht vor Scham.
    Seit dieser Mann die Kajüte betreten hatte, wusste Lucy, dass sie in Schwierigkeiten war. Es dauerte nur einen Herzschlag lang, und sie begriff, dass er nicht derjenige war, der sie entführt hatte. Nicht der Mann, dessen Hände beinahe sanft gewesen waren, während er sich mit melodiöser, beruhigender Stimme dafür entschuldigte, sie erschreckt zu haben.
    Dieser Mann hier hatte nichts Beruhigendes. Sogar die Luft, die ihn umgab, knisterte bedrohlich. Lucy fürchtete, es mit Captain Doom höchstpersönlich zu tun zu haben. Keinem Phantom, sondern einem Mann aus Fleisch und Blut – stark, verwirrend und nur eine Handbreit entfernt.
    Nichts sehen zu können, hatte ihre anderen Sinne geschärft. Ihre Ohren hörten harsch die Luft aus seinen Lungen pfeifen. Sein Duft ließ ihre Nasenf lügel vibrieren – eine verlockende Mischung aus salziger Gischt, Branntwein und dem puren, würzigen Moschusduft eines Mannes. Er roch wie das Raubtier, das er war, und sie wusste instinktiv, dass sie ihn ihre Angst nicht wittern lassen durfte, sonst war es um sie geschehen.
    Sie war dankbar, dass ihre anfängliche Panik der Wut darüber gewichen war, hier verschnürt wie ein Weihnachtspaket herumzusitzen. Als er die Kajüte betreten hatte, hatte sie aus Angst, hysterisch loszuschnattern, lieber geschwiegen. Und mittlerweile war sie schlicht zu halsstarrig, als Erste das Schweigen zu brechen.
    Den Rücken gerade, Lucinda , hörte sie den Admiral geifern. Und die Beine zusammen wie eine kleine Lady .
    Aber Lucy konnte die Beine nicht ladylike nebeneinander stellen. Sie waren jedes an ein Stuhlbein gefesselt. Lucy fühlte sich bloßgestellt und verletzlich – und zutiefst beschämt, wenn sie an die Strafpredigt des Admirals dachte, die ihr noch bevorstand.
    Die Augen des Fremden versengten ihr die Wangen, aber sie weigerte sich, seinem prüfenden Blick auszuweichen. Ihr Kiefer schmerzte, so fest biss sie die Zähne zusammen. Sie konnte ihn sich genau vorstellen, wie er hochmütig vor ihr stand, die Beine gegen den sachte schwankenden Kajütenboden gestemmt.
    »Ihr Name.«
    Lucy zuckte zusammen, als hätte er sie geschlagen. Die heiseren Worte waren ein Befehl, keine Bitte. Hätte er ihre Seele mit dieser gnadenlosen Autorität eingefordert, sie hätte sie ihm ebenso wenig verweigern können.
    »Lucinda Snow«, erwiderte sie mit eiskaltem Tonfall als einzigem Schutz. »Meine Freunde nennen mich Lucy, aber Sie dürfen mich mit Miss Snow ansprechen.«
    Ihr Entführer sagte ein paar Herzschläge lang nichts, doch seine Erregung war fühlbar. Verschwunden war die latente Gewalttätigkeit. Doch die grimmige Befriedigung, die an ihre Stelle trat, schien ihr fast noch gefährlicher zu sein.
    » Miss Snow?«, sagte er endlich. »Darf ich annehmen, dass es keinen Mr. Snow gibt, der sich wegen Ihres ungelegenen Verschwindens Sorgen macht?«
    Seine Stimme war gleichermaßen rau wie sanft, wie gut gealterter, rauchiger Whisky. Lucy hielt das heisere Timbre zwar für eine Masche, doch es jagte ihr einen Schauer nach dem anderen über den Rücken. Sie betete, dass er es nicht bemerkte.
    » Admiral Sir Snow ist mein Vater, und ich darf Ihnen versichern, dass er sich nicht nur sorgen, sondern sich als Mann der Tat erweisen wird, sobald er herausfindet, dass irgendwelche Banditen mich entführt haben.«
    »Ah! Ein würdiger Gegner!« Die Abscheu in seinen Worten ließ sie frösteln.
    Er fing an, ihren Stuhl zu umkreisen. Der leise Takt seiner Absätze war zum Verrücktwerden. Nicht genau zu wissen, wo er gerade war, war noch nervenaufreibender, als von ihm angestarrt zu werden. Sie konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass er auf der Suche nach ihrem wundesten Punkt war und nur den richtigen Zeitpunkt abwartete, ihr den
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