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Verführt: Roman (German Edition)

Verführt: Roman (German Edition)

Titel: Verführt: Roman (German Edition)
Autoren: Teresa Medeiros
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Furcht und Vorfreude, kniff sie unter der Binde die Augen zu.
    »Unter anderem.«
    »Als da wäre?«
    »Dass Sie ein Geist sind«, flüsterte sie.
    Er beugte sich von hinten über ihre Schulter und drückte seine Wange an die ihre. Prickelnde Barthaare kratzten über ihre zarte Haut. Sein maskuliner Duft benebelte ihr die Sinne. »Und was meinen Sie, Lucy Snow? Bin ich ein Geist oder ein Mann?«
    Nichts an dieser Berührung war gespenstisch. Die eklatante Männlichkeit ließ ihre Nerven vibrieren. Nie zuvor hatte sie jemand so unverhohlen vertraulich berührt. Smythe rühmte sich, allzeit mit der Zurückhaltung des Bediensteten zu agieren, und der Admiral hielt jedes körperliche Zeichen von Zuneigung für geschmacklos.
    Ein kleiner, seltsamer Schniefer ruinierte ihr die zackige Replik. »Ich kann nichts Geistvolles an Ihnen erkennen, Sir.«
    »Aber zweifelsohne jede Menge Fleischliches«, erwiderte er.
    Sein Hand grub sich durchs zerbrechliche Schutzschild ihres Haares an ihren Hals. Er rieb mit warmen Fingern sachte ihren Nacken, als wolle er die Angst fortstreicheln, ihre Abwehr zum Schmelzen bringen, sie völlig verletzlich machen. Lucy erschauderte, ergriffen von seiner Zärtlichkeit, fasziniert von seiner Dreistigkeit, benebelt von seinem branntweingeschwängerten Atem an ihrem Ohr.
    »Erzählen Sie mir mehr über die ruchlosen Taten dieses Captain Doom«, redete er ihr zu.
    Sie holte zittrig Luft und kämpfte um die letzten Reste der eisernen Haltung, auf die sie immer so stolz gewesen war. »Es heißt, Sie durchbohren Ihre Feinde mit einem einzigen Blick.«
    »Ziemlich schmeichelhaft, aber ich fürchte, dazu bedarf ich konventionellerer Mittel.« Seine forschenden Fingerspitzen schrieben eine prickelnde Linie auf die sensible Haut hinter ihrem Ohr. »Erzählen Sie weiter.«
    Ihre Aufrichtigkeit spielte ihr einen Streich. »Sie sind dafür berühmt, in einer Nacht zehn Jungfrauen zu schänden.« Kaum waren die Worte ihr entflohen, krümmte sie sich schon und fragte sich, welcher Teufel sie geritten hatte, etwas derart Schockierendes von sich zu geben.
    Anstatt zu lachen, wie sie es erwartet hatte, legte er die gespreizten Finger unter ihr zierliches Kinn und bog ihren Kopf zurück.
    Seine Stimme, die so sanft war wie ernsthaft, schien sie beide zu verspotten. »Ah, aber dann wäre eine einzelne, widerborstige Jungfrau wie Sie bestenfalls ein Appetitanreger.«
    »Außerdem sagt man, Sie könnten Plappermäuler nicht ertragen«, quasselte Lucy los, wohl wissend, dass sie selbst eines war. »Und dass Sie jedem, der Ihnen widerspricht, den Mund zunähen.«
    Sein Atem streifte ihre Lippen. »Was für eine Verschwendung das in Ihrem Fall wäre! Vor allem, wo ich mir viel vergnüglichere Methoden vorstellen kann, Ihren Mund zum Schweigen zu bringen.«
    Doom kreuzte auf gefährlichen Wassern, und er wusste es. Er wusste es seit dem Moment, als er die Finger in ihr seidiges Haar gegraben hatte, der Sekunde, als er den reinen Limonenduft ihrer Haut geatmet hatte. Er hatte die Lehne umklammert, um sich daran zu hindern, sie zu berühren, doch seine Hände hatten sich eigensinnig selbstständig gemacht. Und nun schlugen die warmen Wasser der Versuchung über seinem Kopf zusammen und machten es ihm unmöglich, etwas anderes zu atmen als ihren Duft. Ihr Mund brachte ihn um den Verstand mit seiner üppigen Fülle, die in solchem Gegensatz zu ihren unschuldigen Gesichtszügen stand.
    Es ging schon so lange. Viel zu lange. Er hatte seine Lust auf dem Altar der Rache geopfert, genau wie alle anderen Freuden und Gefühlsregungen, die ihn von seinem Weg hätten abbringen können. Was für eine Ironie, dass ausgerechnet der erste Hauch des Sieges diese Begierden freisetzte, machtvoller und verführerischer als die süße Aussicht auf Vergeltung, die seine Finger zittern ließ.
    Als das Mädchen ihm seine Identität offenbart hatte, hatte er sein Glück nicht fassen können. Argwohn hatte die anfängliche Euphorie gedämpft. Es war einfach zu köstlich, dieses Mädchen so leicht in die Hände gespielt zu bekommen. Lief er Gefahr, in seine eigene Falle zu gehen? Seine intensiven Nachforschungen, Snows Vergangenheit betreffend, hatten nichts über Frau oder Kind zu Tage gefördert. War seine Gefangene tatsächlich Lucien Snows Tochter oder nur ein raffinierter Köder? Hatte Snow sie als Lockvogel eingesetzt, ihn aus der Deckung zu holen, oder war sie ein Bauernopfer? Es gab nur einen Weg, das herauszufinden.
    Seine Daumen liebkosten
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