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Verfuehrt

Verfuehrt

Titel: Verfuehrt
Autoren: Kathryn Taylor
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der vierten Generation in Familienbesitz ist, vielleicht gar nicht mehr. Und jetzt, wo wir uns davon gerade erholt haben, könnte es schon wieder eng für uns werden …
    Als ich aufblicke, sehe ich direkt in Matteos Augen, die mich aufmerksam mustern. Zu aufmerksam.
    »Das ist sehr schade. Du hast sicher daran gehangen.«
    In seiner Stimme schwingt echtes Mitgefühl mit, und ich muss den Blick abwenden, weil mir zu meinem Entsetzen plötzlich Tränen in den Augen brennen.
    Ich vermisse die Bilder wirklich, besonders die beiden Skizzen von John William Waterhouse, die ich von meinem Großvater geerbt und immer schon sehr geliebt habe. Und mit einem Mal kommt das alles zurück, die Hilflosigkeit und die Angst, die in diesen schlimmen Monaten meine Begleiter waren. Eigentlich dachte ich, dass ich das schon hinter mir gelassen habe, aber die Wunden sind noch frisch und drohen durch die Vorwürfe, mit denen wir uns jetzt auseinandersetzen müssen, wieder aufzureißen. Ich hasse es einfach, dass ich selbst gar nichts tun kann, um die Situation zu ändern. Das war damals so und jetzt wieder, und das macht mich einfach fertig.
    »So schlimm ist es nicht«, erkläre ich Matteo trotzdem und schlucke die Tränen herunter, weil ich vor ihm auf gar keinen Fall weinen will. Mein Lächeln ist jedoch offenbar zu gequält, als dass er mir glauben würde, und in seinen Augen liegt weiter dieser verstörend verständnisvolle Ausdruck. So als würde er mich gerne in den Arm nehmen und trösten. Was auf gar keinen Fall geht, denke ich und leugne erschrocken, dass ich es ziemlich schön fände, wenn er das tun würde. Ich wäre gerne mal schwach. Aber das geht nicht, und schon gar nicht bei Matteo. Deshalb räuspere ich mich.
    »Du solltest jetzt fahren, wenn du dich noch einrichten willst, bevor wir zu Lord Ashbury müssen.« Ich versuche, vernünftig zu sein und ihm nicht zu tief in die Augen zu blicken. Was gar nicht so leicht ist. »Soll ich …«, ich schlucke, habe meine Stimme dann jedoch wieder im Griff, »… dir erklären, wie du von hier am besten zurück nach Chelsea kommst?«
    Ein Lächeln erscheint auf seinen Lippen.
    »Nicht nötig, dafür habe ich ja das Navi.« Er beugt sich noch ein bisschen weiter zu mir. »Außerdem muss die Stadt, in der ich mich nicht zurechtfinde, erst noch gebaut werden. Ich gehe dir also nicht verloren.«
    Wie gebannt starre ich auf seinen Mund, der meinem plötzlich ganz nah ist, und möchte ihn küssen. Ich möchte das sogar so sehr, dass ich hastig einen Schritt zurücktrete.
    »Das … ist gut. Ich brauche dich nämlich«, sage ich und bereue es sofort, als sein Lächeln sich vertieft und dieses sexy Grübchen auf seiner Wange erscheint, das ich ziemlich unwiderstehlich finde. Herrgott, Sophie, was redest du denn da? »Für … die Expertise«, schiebe ich schnell noch nach.
    »Nur dafür?«, sagt er rau, und seine Bernstein-Augen funkeln so verführerisch, dass ich für eine Sekunde dem Gefühl nachgeben möchte, das mich zu ihm hinzieht. Doch dann habe ich plötzlich Angst davor, mich noch mal fallen zu lassen. Ich will ihn, wirklich. Aber was, wenn ich dann wieder auf diese Mauer treffe, die er um sich gezogen hat und an der er offenbar keine Frau mehr vorbeilässt. Das ist alles, was du bekommen kannst , hat er gesagt. Eine Affäre. Sex. Und das reicht mir nicht. Noch zu keinem Mann habe ich mich jemals so hingezogen gefühlt wie zu ihm. Er ist wie eine Droge, nach der ich süchtig werden könnte, und deshalb muss ich vernünftig sein und lieber ganz verzichten. Weil ich ihn nicht bekommen kann. Nicht ganz. Nicht für immer. Und nur ein bisschen zerstört mich vielleicht.
    »Matteo, ich …«
    Mein Handy klingelt plötzlich in meiner Handtasche, die ich auf dem zierlichen Chesterfield-Sessel abgestellt habe, und rettet mich.
    Hastig will ich mich an ihm vorbeischieben, doch Matteo kommt mir zuvor, dreht sich um und geht mit langen Schritten zur Tür. Offenbar hat er nicht vor, mir beim Telefonieren zuzuhören.
    »Ich mache mich auf den Weg.« Sein Lächeln ist knapp und ein bisschen schief. »Reicht es, wenn ich dich um vier Uhr wieder abhole?« Er wartet mein Nicken noch ab, dann ist er durch die Tür und hat sie hinter sich wieder geschlossen.
    Jetzt laufe ich doch zum Sessel und hole mein Handy heraus, das immer noch unerbittlich den Klingelton abspielt.
    Es ist meine Freundin Sarah.
    »Ich habe gerade mit deinem Vater telefoniert. Dann hast du ihn also tatsächlich mitgebracht?«,
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