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Verführerischer Dämon: Roman (German Edition)

Verführerischer Dämon: Roman (German Edition)

Titel: Verführerischer Dämon: Roman (German Edition)
Autoren: Carolyn Jewel
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sehr damit beschäftigt gewesen, wieder miteinander vertraut zu werden, dass sie an nichts anderes gedacht hatte.
    » Mit Dad? Vor zwei Jahren.« Was durchaus der Wahrheit entsprach.
    Harsh begriff natürlich, dass sie ihm einen Köder hinhielt, ihm etwas ganz anderes damit sagen wollte, doch er biss nicht an. Spielverderber. » Er ist tot«, erklärte sie. » Herzinfarkt.«
    » Das wusste ich nicht.« Er schloss die Finger um das Handy, das erneut summte. » Und was ist mit Mom?«
    Wo zum Teufel mochte ihr Bruder gewesen sein, dass er überhaupt nichts wusste? Okay, er hatte sich in einen Freak verwandelt, aber trotzdem hätte er sich übers Internet informieren oder Zeitung lesen können. Oder einfach anrufen können. Seine Eltern, die ihn so sehr geliebt und ihm seine lange und kostspielige Ausbildung ermöglicht hatten– was sie sicherlich auch für sie getan hätten, wäre sie klüger gewesen–, waren verzweifelt, weil sie glauben mussten, er wäre tot.
    » Auch Mom lebt nicht mehr, Harsh. Schon seit acht Jahren nicht mehr.«
    Für einen winzigen Augenblick wirkte er wieder wie jener Harsh Marit, den sie an jedem einzelnen Tag in den vergangenen zehn Jahren so schmerzlich vermisst hatte. Alexandrines Kehle schnürte sich zusammen, und sie hatte Mühe, die Tränen zurückzuhalten. So vieles war ihnen entgangen. Und nun, da er zurückgekehrt war, wollte sie nicht, dass er sie erneut verließ. Harsh war doch alles, was sie noch hatte.
    Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen, dann schloss er ihn wieder. Schließlich fragte er: » Was ist passiert?«
    » Krebs.« Sie atmete hörbar aus. » Was für ein schlechter Witz, nicht? Ihr Sohn, der brillante Krebsspezialist, war nicht da, um sie zu retten.«
    Harsh antwortete nicht darauf, und Alexandrine hatte ein schlechtes Gewissen. Sie wusste, dass sie ihm einen Schlag unter die Gürtellinie versetzt hatte.
    » Tut mir leid.« Sie fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. » Das war unfair und nicht sehr nett. Ich hab es nicht so gemeint.«
    » Aber du hast recht.« Er ballte eine Hand zur Faust. » Ich war nicht da.« Er schwieg einen Moment, dann sagte er leise: » Ich wünschte, ich wäre da gewesen, um ihr zu helfen.«
    Alexandrine wartete darauf, dass er nun endlich verriet, wo er in all den Jahren gesteckt hatte. Doch er tat es nicht. Wieder nicht.
    » Deshalb bin ich also schon ziemlich lange auf mich allein gestellt«, sagte sie. » Und in all der Zeit ist nichts wirklich Schlimmes passiert.
    Nun ja, » schlimm« konnte vieles sein. Zum Beispiel, auf Mahlzeiten verzichten zu müssen, um die Miete aufbringen zu können. Oder aus der Wohnung geschmissen zu werden. Oder mit ziemlich üblen Typen herumzuhängen und sich zu fragen, ob man es noch schaffen würde, einundzwanzig zu werden.
    » Ich bin von zu Hause weg, hab mich ein bisschen herumgetrieben, hier und da umgeschaut, dies und jenes getan. Bin aufs College gegangen«, fuhr Alexandrine fort.
    Doch sie hatte auch Dinge getan, über die sie niemals sprechen würde. Mit niemandem.
    » Inzwischen habe ich einen Job. Ich verdiene verdammt wenig, aber zweimal die Woche darf ich den Computer nutzen.« Sie sah Harsh in die Augen. » Ich lebe in der schönsten Stadt der Welt, mitten im Mission District, und habe diese entzückende Bruchbude gemietet.« Sie betrachtete ihr Apartment: eine hässliche, winzige Wohnung, die sie vierzehnhundert Dollar im Monat kostete, dabei konnte sie noch froh sein, dass sie etwas so Günstiges gefunden hatte.
    Dann schaute sie wieder ihren Bruder an. Wie konnte man einfach so zehn Jahre lang aus dem Leben eines anderen verschwinden? » Ach ja: Jungfrau bin ich übrigens auch nicht mehr.«
    » Ich bin auch nicht davon ausgegangen.«
    Harsh war größer als sie, und wenn man bedachte, dass sie selbst eins achtzig maß, dann hieß das, dass er richtig groß war. Sehr groß. Und gut aussehend. Intelligent. Wo zum Teufel hatte er sich in all den Jahren rumgetrieben, während sie einen großen Bruder gut hätte gebrauchen können?
    » Wo warst du, Dr. Marit?« Alexandrine konnte ziemlich spöttisch sein. Eine nützliche Eigenschaft, wie sie fand.
    Er stand auf, wanderte zwischen dem uralten Fernseher und ihrem vollgepackten Bücherregal hin und her. » Ich kann es dir nicht erzählen.«
    Mr. Ungeduldig klopfte erneut an der Tür, gleichzeitig klingelte Harshs Handy.
    » Verdammt, Harsh, warum sagst du dem Kerl nicht endlich, dass er dich in Ruhe lassen soll?«
    Er sah sie an.
    Alexandrine
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