Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verführerische Unschuld

Verführerische Unschuld

Titel: Verführerische Unschuld
Autoren: CHRISTINE MERRILL
Vom Netzwerk:
sie ihre Umgebung. Anerkennend strich sie über die Karaffe auf dem Tisch, die wohl Sherry enthielt, ehe sie sich ein Glas daraus einschenkte. Dann setzte sie sich auf das Sofa, zog die Beine unter den Körper und nippte versonnen lächelnd an ihrem Glas. Ihre Miene trug den Ausdruck tiefer Zufriedenheit, so, als habe sie nach schweren Zeiten Sicherheit gefunden.
    Von Panik erfasst, zog Esme sich vom Fenster zurück. Ihre schlimmsten Befürchtungen waren eingetreten. Radwell hatte eine andere gefunden.

18. KAPITEL

    Anthony de Portnay Smythe, auch schlicht bekannt als Tony, lümmelte im schäbigen Hinterzimmer eines noch schäbigeren Londoner Wirtshauses und führte sich zweitklassigen Whisky zu Gemüte, dessen Geschmack ihm durch das Wissen verfeinert wurde, dass er ihn mit unredlichem Geld erworben hatte.
    Sein Hehler examinierte gerade einen Beutel mit der Ausbeute der letzten Woche – ein Siegelring, der einem ziemlich abstoßenden jungen Marquis gehört hatte, der Diamantschmuck einer bösartigem Gerede und Gin gleichermaßen zugetanen Witwe und die smaragdbesetzten Manschettenknöpfe eines Winkeladvokaten, der am Spieltisch geschickter war als im Gerichtssaal.
    „Fünfzig, nicht mehr.“ Der Hehler stellte sich mal wieder quer, aber so durfte er Smythe nicht kommen.
    „Das ist hundert wert.“
    „Von mir kriegen Sie fünfzig. Der Ring muss eingeschmolzen werden. Is’ schließlich ’n bekanntes Wappen drauf.“
    „Aber reinstes Gold! Und dann die Steine hier!“ Er deutete auf den Schmuck.
    Der Mann widersprach, doch nach einigem Handeln einigten sie sich auf fünfundsiebzig, und der Hehler trollte sich mit der Ware, während Anthony noch eine Weile die Anonymität der Kneipe zu genießen dachte, in der keiner der Gäste den anderen zu kennen vorgab.
    Ein Schatten fiel über ihn. Stühle scharrten, und zwei Männer ließen sich rechts und links von ihm nieder und zerstörten die Illusion von Privatsphäre.
    „Guten Tag, Smythe.“ Tony fühlte sich ein wenig in die Enge getrieben, als er St John Radwell und seinen herzoglichen Bruder erkannte.
    „Ah, guten Tag, die Herren. Aber ich wollte gerade gehen, wenn Sie mich also entschuldigen wollen?“ Er lächelte sie munter an und stand auf.
    Doch zwei Hände auf seinen Schultern zwangen ihn unnachgiebig wieder auf den Stuhl zurück. Radwell erwiderte das Lächeln. „Nicht so schnell. Wir müssen uns unterhalten.“
    „Ich wüsste nicht, worüber, außer übers Wetter.“
    Voller Grimm sagte der Duke: „Zum Beispiel über die Ohrringe meiner Gattin, die Sie stahlen.“
    „Nein, nein! Zunächst einmal war es nur einer, und dann hinderte mich Ihr Bruder, also war es kein Diebstahl.“ Tony hob ihnen demonstrativ die leeren Hände entgegen.
    Die leichthin gesprochenen Worte prallten an dem Duke ab. „Ich vermag nicht zu erkennen, dass versuchter Raub in ein Garnichts umgedeutet werden kann.“
    „Offen gesagt ist Raub nicht meine Sache, eher Trickserei, und Einbruch vielleicht“, korrigierte Anthony. „Aber ich steige bevorzugt in Häuser ein, deren Bewohner ich nicht daheim weiß. Die meisten Leute, bei denen ich mich bediene, können es vertragen und verdienen es sogar. Als ich bei Miss Canville zugriff, war ich unglücklicherweise gerade in größter Verlegenheit. Wenn es Sie tröstet, will ich gern zugeben, dass dieser Diebstahl mein Gewissen schwer belastet hätte. Ich hatte vor, sie zu entschädigen, wenn ich wieder flüssig war.“
    „Nun, umso besser“, warf Radwell sarkastisch ein.
    Smythe, der seinen Besuch auf Haughleigh mittlerweile als bedauerlichen Fehler ansah, fragte: „Also rufen Sie die Konstabler? Oder schleppen mich nur in eine finstere Gasse, um mich zu verprügeln? Da ich nichts erbeutete, müsste Ihnen doch eigentlich eine Entschuldigung genügen.“
    „Nicht ganz.“
    Radwell schenkte ihm ein äußerst unangenehmes Lächeln, das Tony befürchten ließ, bald in einem Straßengraben seinen letzten Seufzer tun zu müssen. Rasch sagte er: „Sie versprachen damals, dass wir quitt sind, wenn ich umgehend verschwinde und das Mädchen in Ruhe lasse. Daran habe ich mich gehalten.“
    „Richtig, dieser Anweisung sind Sie gefolgt, aber Sie haben sich offensichtlich nicht gebessert. Immerhin erwischten mein Bruder und ich Sie gerade mit gestohlenem Gut. Wie könnten wir da wegsehen?“
    „Ganz einfach, weil es Sie nichts angeht. Außerdem, fürchten Sie nicht die anderen Gäste, wenn Sie mir etwas antun?“
    Radwell musterte die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher