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Verfolgt

Verfolgt

Titel: Verfolgt
Autoren: Ally Kennen
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Johnny noch beim Auto. Aber wenn ich Jak jetzt losschicke, kann es passieren, dass Owen eher wieder da ist als der Krankenwagen. Jak ist größer und stärker als ich, er kann sich besser gegen Owen wehren, wenn es drauf ankommt. Das gibt den Ausschlag.
    »Endlich hab ich dich gefunden   …«, sagt Jak zu Kos.
    »Und du bist ihn gleich wieder los, wenn wir nicht schnell etwas unternehmen«, unterbreche ich ihn ärgerlich. »Und zwar für immer!«
    Johnny hat zu weit weg geparkt. So weit kann Kos nicht laufen. Wir müssen ihm ein neues Versteck suchen und dann das Auto holen. Wir helfen Kos auf die Beine, legen uns seine Arme um die Schultern und schleifen ihn aus der Wäscherei. Wir zerren ihn die Stufen hoch und durch die Leichenhalle. Es ist irre anstrengend und ich bin heilfroh, als wir endlich im Freien stehen.
    »Da drüben ist die Kapelle«, sage ich. »Dort können wir ihn verstecken.« Es ist zwar kein besonders tolles Versteck, aber immer noch besser als das Hauptgebäude. Weil ich sein Bein verbunden habe, hinterlässt Kos auch keine Blutspur mehr. Hier draußen wird er ein bisschen munterer. Er hüpft sogar auf einem Bein über die Schutthaufen, um uns zu helfen. Schwer ist er nicht, aber er klammert sich krampfhaft an uns fest, was die Sache nicht leichter macht. Er bohrt die Finger so fest in meine Schulter, dass es saumäßig wehtut. Vom Wald her hört man Rufe und Gebell.
    Wir stolpern weiter.
    |294| Die Kapelle ist ein kleines Gebäude aus grauem Stein mit einem spitzen Turm. Wir schleppen uns die bröckelnde Treppe zum Haupteingang hoch und lassen Kos zu Boden gleiten. Die Tür ist mit einem Vorhängeschloss gesichert. Ich sehe es mir an. Im Schlösserknacken habe ich zwar Übung, aber das Ding ist total verrostet, da kann ich nichts ausrichten.
    »Wartet hier«, sagt Jak und geht um das Gebäude herum. Trotz unserer verzweifelten Lage bin ich ein bisschen eingeschnappt. Was bildet sich der Typ ein, mich rumzukommandieren?
    Ich streichle Kos über den Kopf. An manchen Stellen ist sein Haar zu Dreadlocks verfilzt. Sein ganzer Schopf ist von Blut und Schweiß verklebt. Kos wendet mir das Gesicht zu und lächelt mich an. Ich schaue ihm in die großen braunen Augen.
    »Ist Jak dein Bruder, Kos?«, frage ich im Flüsterton.
    Kos zuckt die Achseln. »Bein tut weh.« Okay, ich weiß auch nicht, ob ich den Nerv hätte, mich mit meinem verschollenen Bruder zu befassen, wenn mir eine Eisenfalle das Bein zermatscht hätte.
    Jak ist wieder da. »Ich weiß, wo man reinkommt.« Auf der Rückseite der Kapelle hängt eine kleine Tür schief in den Angeln. Jak tritt einmal dagegen und die Tür kracht nach drinnen. Die morgendliche Stille wird jäh gebrochen, aber zu meiner Beruhigung ist das Gebell immer noch weit weg. Eine Weile haben wir noch unsere Ruhe. Wie nicht anders zu erwarten, ist der Fußboden der Kapelle |295| mit Glasscherben übersät. Es ist ziemlich dunkel, aber ich habe den Eindruck, dass vor einiger Zeit jemand hier gewesen ist und den Schutt aus dem Mittelgang gefegt hat. Der kleine Kirchenraum besitzt eine Gewölbedecke und die meisten der wenigen Buntglasfenster sind eingeschlagen. Vielleicht liegt es daran, dass es draußen inzwischen hell wird, aber ich fühle mich hier längst nicht so unwohl wie im Hauptgebäude. Hier drin ist es still und friedlich. Oder bilde ich mir das bloß ein?
    Wir fegen Putzbrocken und Schmutz von einer Kirchenbank und bereiten Kos ein Lager. Damit die Fläche breiter wird, stellen wir noch ein paar Hocker daneben, auf die wir eingestaubte Kissen legen. Ein Kissen schiebe ich Kos unter das verletzte Bein, und als er sich hinlegt, gebe ich ihm einen Kuss. Ich bitte Jak um seinen Pulli und decke Kos damit zu. Kos schließt seufzend die Augen. Das zusammengerollte T-Shirt um sein Bein ist blutdurchtränkt.
    »Unten an der Zufahrt steht ein Kleinbus«, sage ich. »Den gehe ich holen.« Ich streichle Kos noch einmal, dann laufe ich zur Tür hinaus, mache aber gleich wieder kehrt.
    Jak beugt sich über Kos und plappert wieder irgendwelchen Blödsinn.
    »Warum soll ich eigentlich glauben, dass Kos tatsächlich dein Bruder ist?«, frage ich. »Vielleicht steckst du ja mit Owen unter einer Decke und wartest nur drauf, Kos den Rest zu geben, kaum dass ich zur Tür raus bin.«
    |296| »Das kann ich jetzt nicht alles erklären, Lexi«, erwidert Jak mit seinem ausländischen Akzent, »aber ich bin vor einem Dreivierteljahr nach England gekommen, gleich nach meinem achtzehnten
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