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Verfolgt

Verfolgt

Titel: Verfolgt
Autoren: Ally Kennen
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Baumgruppe zu. Der eine Baum macht den Eindruck, als könnte man draufklettern. Aber der Collie bleibt immer vor mir, drängt mich zurück, als wäre ich ein Schaf. Ich muss notgedrungen die Richtung ändern und aufs Geratewohl weiterrennen. Schlitternd bleibe ich stehen. Vor mir liegt eine Art kleiner Steinbruch. |39| Es geht zu steil in die Tiefe, als dass ich den Abhang runterklettern könnte. Ich sitze in der Falle. Der Collie stürzt sich auf mich. Schon hat er den Ärmel von Owens Holzfällerjacke gepackt und zerrt knurrend daran. Ich schlüpfe aus der Jacke. Der Collie schüttelt das Kleidungsstück durch wie eine erbeutete Ratte, dann lässt er es fallen und wendet sich wieder mir zu. Sabber tropft von seinen Lefzen. Der Monsterhund kommt angehetzt und gesellt sich zu seinem Artgenossen. Mit mordlustigen Blicken kommen beide Hunde immer näher   …

|40| VERIRRT
    Ich hole mit dem Fuß aus und trete den Collie gegen die Schnauze. Er jault und macht einen Satz nach hinten. Er trägt ein zerschlissenes Halsband. Der andere Hund, das Monstervieh, schleicht geduckt auf mich zu. Über meinen Rücken läuft ein Schauer nach dem anderen. Das Vieh hat Schaum vor dem Maul. Ich schließe kurz die Augen, rieche etwas Säuerliches wie abgestandene Milch und mache die Augen wieder auf. Das Monstervieh steht direkt vor mir. Ich bin starr vor Angst und mir wird abwechselnd heiß und kalt.
    Verdammt noch mal – ich lass mich nicht von den Viechern fressen!
    »Verpiss dich!«, brülle ich und verpasse dem Monsterhund einen kräftigen Boxhieb gegen den Schädel. Er schnappt ins Leere und weicht zurück. Das verschafft mir Gelegenheit, einen flüchtigen Blick über den Hang neben mir schweifen zu lassen. Im Moos liegt ein abgebrochener Ast. Besser als nichts. Ich hebe den Ast auf und kreische: »Verzieht euch!« Auf einmal spüre ich einen Energieschub. Ich habe keine Angst mehr – ich bin so wütend wie noch nie. Brüllend und den Ast schwenkend stürme ich |41| auf das Ungeheuer los. Aber so leicht gibt der Monsterhund nicht auf. Er springt mich an und erwischt mich am Ellbogen, aber ich ziehe ihm den Ast über den Rücken. Der Ast zerbricht, das Vieh zieht sich jaulend zurück, wobei es sabbernd in die leere Luft schnappt, als hätte es einen Anfall. Ich dachte immer, die Tollwut wäre in unserem Land besiegt, aber diese Hunde hier spielen total verrückt.
    »Hau ab!«, schreie ich und nähere mich dem Monsterhund wieder, diesmal mit einem großen Stein in der Faust. Ich schlag dem Scheißvieh den Schädel ein, ich   …
    Da stellen beide Hunde plötzlich die Ohren auf und wenden die Köpfe, als lauschten sie. Jetzt vernehme auch ich einen leisen Pfiff. Jemand ruft die beiden. Der Monsterhund knurrt mich noch einmal an, dann stürmen beide Tiere zwischen den Bäumen davon. Ich sehe ihnen nach, den Stein noch in der Hand. Mein Herz klopft wie rasend.
    »Hallo?«, rufe ich. »Hallo? Ihre Hunde haben mich angefallen!« Keine Antwort. Der Wald schweigt. Sogar die Vögel haben aufgehört zu zwitschern. Man hört nur die Blätter leise im Wind rascheln, irgendwo weiter weg blökt ein Schaf. Da fällt mir auf, dass ich keine Ahnung habe, wie ich wieder zum Auto zurückkomme.
     
    Kurze Bestandsaufnahme. Ich habe mich verlaufen, bin hungrig und erschöpft. Owens Jacke ist zerrissen und vollgesabbert. Ich habe sie einfach liegen lassen und jetzt bibbere ich vor Kälte. Ich rufe schon stundenlang vergeblich |42| nach Owen. Ich bin mutterseelenallein im Wald, von den grässlichen Hunden mal abgesehen, die wahrscheinlich ganz in der Nähe lauern. Ich weiß nicht, wo das Auto steht, ich weiß nicht, wo es zur Straße geht. Ich laufe im Kreis. In meinen Augen sieht alles gleich aus. Wozu ist so ein blöder Wald eigentlich gut, bitte sehr? Wenn ich zu bestimmen hätte, würde ich die ganzen Bäume umhacken und hier hübsche Häuser und ordentliche Straßen bauen, damit die Zivilisation Einzug hält.
    Das kann doch nicht sein, dass ich mich im Wald von Bewlea verirrt habe! Wenn ich immer geradeaus gehe, komme ich irgendwann hier raus, ist doch logisch. Aber ich komme nirgendwohin. Bei jedem Rascheln und Knacken gerate ich in Panik, weil ich befürchte, dass die Hunde wieder hinter mir her sind. Von ihnen gefressen zu werden wäre mir todpeinlich. Nicht auszudenken, was meine Mitschüler sagen würden! Die würden sich doch kaputtlachen! In meiner Hand pocht es, die Bisswunde an meinem Bein brennt. Zum Glück hat keins der Viecher mein
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