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Verdammnis

Verdammnis

Titel: Verdammnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stieg Larsson
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dem Erziehungsministerium über den Bau einer neuen Oberschule in Saint George’s.«
    »Ein netter Mann, der seine Frau schlägt!«
    Ella Carmichael verstummte und sah Lisbeth scharf an, bevor sie zum anderen Ende der Theke ging, um ein paar einheimischen Kunden ein Carib zu geben.
    Lisbeth blieb noch zehn Minuten mit der Nase in den Dimensions an der Bar sitzen. Schon bevor sie in die Pubertät kam, hatte sie erkannt, dass sie ein fotografisches Gedächtnis besaß und sich dadurch entscheidend von ihren Klassenkameraden unterschied. Doch sie hatte niemanden von dieser besonderen Eigenschaft in Kenntnis gesetzt - nur Mikael Blomkvist in einem schwachen Moment. Sie konnte das Mathematikbuch mittlerweile schon auswendig und schleppte es nur noch mit sich herum, um eine visuelle Verbindung zu Fermat zu behalten, als wäre es eine Art Talisman.
    Aber heute Abend konnte sie sich weder auf Fermat noch auf sein Theorem konzentrieren. Stattdessen sah sie vor ihrem inneren Auge Dr. Forbes, wie er unbeweglich am Hafen saß und einen Punkt auf dem Wasser fixierte.
    Sie konnte sich selbst nicht erklären, warum sie plötzlich spürte, dass da etwas nicht stimmte.
    Schließlich schlug sie das Buch zu und ging auf ihr Zimmer, wo sie ihr PowerBook hochfuhr. An Internetsurfen war gar nicht zu denken. Das Hotel hatte keinen Breitbandanschluss, aber sie besaß ein eingebautes Modem, das sie an ihr Panasonic-Handy anschließen konnte, um E-Mails schicken und empfangen zu können. Sie schrieb eine kurze Mail an ›[email protected]‹:
    Habe kein Breitband. Brauche Info über einen Dr. Forbes von der Santa-Maria-Stiftung und seine Frau, wohnhaft in Austin, Texas. Bezahle 500 Dollar für die Recherche. Wasp.
    Sie fügte ihren öffentlichen PGP-Schlüssel bei, verschlüsselte die Mail mit dem PGP-Schlüssel von Plague und drückte auf »Senden«. Dann sah sie auf die Uhr und stellte fest, dass es kurz nach halb acht Uhr abends war.
    Sie machte ihren Computer aus, schloss ihre Zimmertür ab und ging 400 Meter den Strand hinunter, überquerte die Straße nach Saint George’s und klopfte an die Tür eines Schuppens hinter dem »Coconut«. George Bland war sechzehn Jahre alt und ging noch zur Schule. Er wollte Arzt oder Rechtsanwalt werden, vielleicht auch Astronaut, war ebenso schmächtig wie Lisbeth Salander und fast genauso klein.
    Lisbeth hatte ihn in der ersten Woche auf Grenada am Strand kennengelernt, einen Tag nachdem sie an den Grand Anse gezogen war. Sie ging am Strand spazieren, setzte sich unter ein paar Palmen in den Schatten und sah den Kindern am Meeressaum beim Fußballspielen zu. Dann schlug sie die Dimensions auf und versank völlig darin, bis er kam und sich nur wenige Meter vor sie hinsetzte, ohne ihre Gegenwart zu bemerken. Sie beobachtete ihn schweigend. Ein dünner schwarzer Junge mit Sandalen, schwarzer Hose und weißem Hemd.
    Genau wie sie hatte auch er ein Buch aufgeschlagen, in das er sich vertiefte. Genau wie sie studierte auch er ein Mathematikbuch - Basics 4 . Er las konzentriert und begann in seinem Rechenheft herumzuschmieren. Erst als Lisbeth sich nach fünf Minuten räusperte, bemerkte er sie und sprang panisch auf. Er entschuldigte sich für die Störung und wollte gerade gehen, als sie ihn fragte, ob es um komplexe Zahlen ginge.
    Algebra. Nach zwei Minuten hatte sie einen grundlegenden Fehler in seinen Berechnungen gefunden. Nach dreißig Minuten hatte sie seine Hausaufgaben gelöst. Nach einer Stunde hatte sie das nächste Kapitel in seinem Buch durchgearbeitet und ihm pädagogisch geschickt den Trick bei diesen Rechenoperationen erklärt. Er betrachtete sie mit ehrfürchtigem Respekt. Nach zwei Stunden hatte er erzählt, dass seine Mutter in Toronto wohnte, sein Vater in Grenada auf der anderen Seite der Insel und er selbst in einer Hütte am Strand. Er war der Jüngste in einer Geschwisterschar mit drei älteren Schwestern.
    Lisbeth Salander empfand seine Gesellschaft als außerordentlich entspannend. Normalerweise fing sie mit anderen Menschen selten oder nie ein Gespräch nur um des Gesprächs willen an. Das hatte nichts mit Schüchternheit zu tun. Für sie hatte Konversation vorrangig praktische Aspekte - wie komme ich hier zur Apotheke, und was kostet das Hotelzimmer? Daneben gab es noch einen beruflichen Aspekt. Als sie noch als Researcherin für Dragan Armanskij bei Milton Security arbeitete, hatte sie kein Problem damit gehabt, ihre Fakten auch mithilfe langer Gespräche

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