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Verdammnis

Verdammnis

Titel: Verdammnis
Autoren: Stieg Larsson
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zusammenzutragen.
    Sie verabscheute jedoch persönliche Gespräche, die nur dazu führten, dass die Leute in Belangen herumstocherten, die sie als privat betrachtete. Wie alt bist du? - Rate mal. Magst du Britney Spears? - Wen? Magst du die Bilder von Carl Larsson? - Hab ich noch nie drüber nachgedacht. Bist du lesbisch? - Das geht dich ja wohl wirklich nichts an.
    George Bland war zwar etwas linkisch, jedoch selbstbewusst und höflich und versuchte, eine intelligente Unterhaltung zu führen, ohne mit ihr zu konkurrieren oder in ihrem Privatleben zu wühlen. Er wirkte genauso einsam wie sie. Seltsamerweise schien er einfach zu akzeptieren, dass eine Mathematikgöttin am Grand Anse Beach herabgestiegen war, und schien zufrieden damit, dass sie bei ihm sitzen und ihm Gesellschaft leisten wollte. Nach ein paar Stunden am Strand brachen sie schließlich auf, als die Sonne sich langsam dem Horizont näherte. Als sie zusammen zu ihrem Hotel zurückgingen, zeigte er ihr seine Studentenbude, eine Strandhütte, und fragte sie verlegen, ob er sie noch zu einem Tee einladen dürfe. Sie nahm die Einladung an, was ihn offensichtlich überraschte.
    Seine Behausung war sehr einfach: eine baufällige Hütte, in der es nur einen schwer ramponierten Tisch, zwei Stühle, ein Bett und einen Schrank für Kleider und Wäsche gab. Die einzige Beleuchtung kam von einer kleinen Schreibtischlampe, deren Kabel zum »Coconut« führte. Als Herd hatte er einen Campingkocher. Er lud sie zu einem Abendessen aus Reis und Gemüse ein, das er auf Plastiktellern servierte. Schließlich bot er ihr kühn an, mit ihm das einheimische Rauschmittel zu rauchen, was sie ebenfalls annahm.
    Lisbeth erkannte sofort, dass ihre Gegenwart ihn nervös machte und er nicht recht wusste, wie er sich verhalten sollte. Spontan beschloss sie, sich von ihm verführen zu lassen. Das stellte sich allerdings als recht anstrengendes und umständliches Unterfangen heraus, denn er verstand zweifellos ihre Signale, hatte aber keine Ahnung, wie er es anstellen sollte. Er schlich so lange wie die Katze um den heißen Brei, dass sie zu guter Letzt die Geduld verlor, ihn resolut aufs Bett drückte und sich auszog.
    Zum ersten Mal seit der Operation in Genua zeigte sie sich nackt. Sie hatte die Klinik damals mit einem leichten Panikgefühl verlassen und eine ganze Weile gebraucht, bis sie begriff, dass man sie nicht anstarrte. Lisbeth Salander scherte sich normalerweise nicht darum, was andere Menschen von ihr dachten, und kam ins Grübeln, warum sie sich auf einmal so unsicher fühlte.
    George Bland war das perfekte Debüt für ihr neues Ich. Als es ihm endlich (nach einem gerüttelt Maß an Ermunterung) gelungen war, ihren BH zu öffnen, löschte er sofort das Licht, bevor er anfing, sich selbst auszuziehen. Lisbeth begriff, dass er schüchtern war, und schaltete die Lampe einfach wieder an. Dann beobachtete sie seine Reaktionen, während er begann, sie ungeschickt zu berühren. Erst spätabends entspannte sie sich, nachdem sie gesehen hatte, dass er ihre Brüste anscheinend als ganz natürlich ansah. Andererseits schien er nicht gerade viele Vergleichsmöglichkeiten zu haben.
    Sie hatte wahrhaftig nicht vorgehabt, sich auf Grenada einen Liebhaber im Teenageralter zuzulegen. Es hatte sich ganz spontan ergeben, und als sie ihn in der Nacht verließ, hatte sie nicht vor zurückzukommen. Doch schon am nächsten Tag hatte sie ihn am Strand wiedergetroffen und gemerkt, was für eine angenehme Gesellschaft dieser linkische Junge war. Während ihrer sieben Wochen auf Grenada war George Bland ein fester Punkt in ihrem Leben. Tagsüber sahen sie sich nicht, aber er verbrachte die Nachmittage bis zum Sonnenuntergang am Strand und die Abende allein in seiner Hütte.
    Als sie einmal zusammen spazieren gingen, fiel Lisbeth auf, dass sie nebeneinander wie zwei Teenager aussahen. Sweet sixteen .
    Wahrscheinlich fand er, dass sein Leben durch sie interessanter geworden war. Er hatte eine Frau getroffen, die ihn in Mathematik und Erotik unterwies.
    Er machte die Tür auf und lächelte sie verzückt an.
»Soll ich dir Gesellschaft leisten?«, fragte sie.
    Lisbeth Salander verließ George Bland kurz nach zwei Uhr morgens. Mit einem warmen Gefühl im ganzen Körper ging sie am Strand entlang, statt wie sonst den Weg zum Keys Hotel einzuschlagen. Sie ging allein durch die Dunkelheit, war sich aber bewusst, dass George Bland ihr in knapp hundert Metern Abstand folgte.
    Das machte er immer. Sie hatte
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