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Verbrannte Träume.

Verbrannte Träume.

Titel: Verbrannte Träume.
Autoren: Hammesfahr Petra
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zu. Aber an anderen überschlug es sich, da wußte ich abends nicht, wo mir der Kopf stand. Und eines Tages klingelte das Telefon und ein Herr Meuser bat um einen Termin in einer dringenden Angelegenheit. Im ersten Augenblick dachte ich nicht an Ulli. Nach all den Jahren hatte ich seine Stimme am Telefon nicht erkannt, und seinen Vornamen hatte er nicht genannt. Er kam am nächsten Tag, etwas früher als vereinbart, er mußte eine Viertelstunde warten. Ich erkannte ihn sofort, als er hereinkam. Er hatte sich kaum verändert, und dieser Ausdruck auf seinem Gesicht war typisch. Mit vierzehn mochte man ihm den als Hochmut oder Verschlagenheit angekreidet haben. Jetzt, wo er doppelt so alt war, war es Überlegenheit, Selbstsicherheit, das Wissen, daß er besser war als andere, besser in jeder Beziehung. Er sah unverschämt gut aus. Ich konnte nicht anders, ich mußte ihn anstarren. Es amüsierte ihn. Wahrscheinlich wurde er von jungen Mädchen häufig angestarrt, und mehr als ein junges Mädchen war ich für ihn nicht. Er erkannte mich nicht. Ich hätte ihm gerne gesagt, wer ich bin, aber ich fragte ihn nur, ob er einen Kaffee trinken möchte. Ich hatte gerade frischen aufgebrüht. Ulli betrachtete die alte Bechertasse mit dem Sprung auf meinem Schreibtisch mit einem spöttischen Blick und lehnte mit einem winzigen Lächeln ab. Ich fragte mich, wie dringend die Angelegenheit sein mochte, wegen der er einen Rechtsanwalt brauchte. Im Geist hörte ich meinen Vater spekulieren. Aber es hatte nichts mit dicken Hunden oder dem bösen Ende zu tun. Es war eine alltägliche Sache, die meinem Vater ebenso hätte passieren können. Vielleicht war sie ihm schon passiert, nur mit anderen Zahlen. Ulli hatte sich einen neuen Flitzer zugelegt. Damit hatte man ihn geblitzt, auf der Autobahn, bei Tempo zweihundertzwanzig und einer erlaubten Höchstgeschwindigkeit von einhundert. Jetzt ging es um seinen Führerschein, und darauf war er beruflich angewiesen. Seinen Beruf gab er mit selbständiger Kaufmann an. Ein Geschäftslokal oder ein Büro hatte er nicht, reiste mit einem Musterkoffer durchs Land. Er vertrieb Geschenkartikel; Präsente nannte er es, Werbegeschenke ist passender ausgedrückt. Kugelschreiber, Taschenkalender mit Werbeaufdruck und kleine Bilderrahmen. Das waren die untersten Posten im Angebot, daneben bot er Kunstdrucke an und Schreibtischgarnituren oder diese hübschen Dosen. Die hatte er in Holland aufgetrieben, vor gut drei Monaten. Es waren einfache Blechdosen mit Deckel und verschiedenen Mustern. So etwas kann man immer gebrauchen, für Gebäck oder Kaffee, für Zucker, Salz oder Büroklammern. Sie kosteten ihn nur ein paar Pfennig das Stück, und er verkaufte sie für ein paar Mark. Und das gleich im Tausend. Er hat mich ausgelacht, als ich sagte, daß mir die Dosen gut gefielen. Mir gefalle jeder Kitsch, meinte er. Dann hat er mir doch einen Satz davon in die Küche gestellt, zehn Stück in unterschiedlichen Größen. Man kann sie ineinander stellen, wie diese russischen Puppen. Der Satz ist nicht mehr vollständig. Ulli hat eine von den größeren Dosen mitgenommen. An dem Freitag abend, als er noch einmal wegfuhr. Wir hatten einen furchtbaren Streit deswegen. Nicht wegen der Dose, weil er noch einmal wegfuhr. Ich war die ganze Woche allein gewesen. Ulli war beruflich viel unterwegs, immer im Wechsel. Eine Woche daheim, mit Terminen in der näheren Umgebung, die andere Woche auf Tour, quer durch Deutschland. Montags war er in aller Frühe losgefahren. Wir hatten dienstags und donnerstags abends miteinander telefoniert, mehr nicht. Es machte mir nichts aus, allein zu sein. Im Gegenteil, ich fand’s toll. Aber ich fand es auch toll, wenn Ulli daheim war. Ich hatte mich auf das Wochenende mit ihm gefreut. Morgens war ich glücklich, daß endlich Freitag war. Es war eine hektische Woche gewesen, die berühmte Ausnahme von der Regel. Auch an dem Freitag ging es in der Kanzlei drunter und drüber. Ulli amüsierte sich oft darüber, daß ich nicht bereit war, meine Arbeit zu kündigen. Wenn er daheim war und morgens der Wecker ablief, lästerte er immer. Mein fleißiges Lieschen, nannte er mich, oder: Meine Altersversorgung. Einmal sagte er:
    »Das ist es, was ein Mann braucht, ein pflichtbewußtes Weib, das von früh bis spät auf den Beinen ist, für Ordnung, ausreichende Mahlzeiten, saubere Hemden und ein zwar bescheidenes, aber regelmäßiges Einkommen sorgt.«
    Das war ein paar Tage vor unserer Hochzeit. Er lag noch
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