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Verbrannte Träume.

Verbrannte Träume.

Titel: Verbrannte Träume.
Autoren: Hammesfahr Petra
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im Bett. Ich stand vor dem Schrank und suchte mir in aller Eile etwas zum Anziehen heraus.
    »Hör auf zu lästern«, sagte ich. Ulli lachte.
    »Das ist nicht gelästert, Herzblatt. Ich bin ehrlich und aufrichtig dankbar, daß du bereit bist, mich zu heiraten. Wenn ich mir vorstelle, daß die Geschäfte einmal schlechtgehen, da brauche ich mir doch jetzt keine Sorgen mehr zu machen.«
    Aber manchmal sagte er auch:
    »Sei ein liebes Kind, Andrea, und komm wieder ins Bett. Warum schmeißt du den Kram nicht endlich hin? Willst du dein Leben lang für die paar Mark fuffzig Schriftsätze tippen?«
    Das nicht, aber ich wollte wenigstens die Ausbildung zu Ende machen. Und wenn Ulli mir noch hundertmal erklärte, ich sei genauso ein Spießer wie mein Vater, in dem Punkt mußte ich meinem Vater recht geben. Eine vernünftige Berufsausbildung ist wichtig, man weiß nie, was kommt. Es war doch auch nur noch ein knappes halbes Jahr bis zur Abschlußprüfung. Und normalerweise machte es mir Spaß, wenn es nicht gerade so knüppeldick kam wie an dem Freitag. Es mußte am Wetter liegen oder Vollmond sein. Es gab solche Tage, da spielte ein Dutzend Mandanten auf einmal verrückt. Einer machte mich am Telefon zur Schnecke, weil Doktor Farngräber angeblich eine Widerspruchsfrist hatte verstreichen lassen. Das stimmte nicht. Ich holte mir die Akten und las es dem Blödmann vor. Er brummte etwas, klang nicht wie eine Entschuldigung, und legte auf. Kurz vor fünf zitierte mich Doktor Farngräber vor seinen Schreibtisch und diktierte mir eine dringende Terminsache und ein paar andere, ebenfalls wichtige Briefe, die noch unbedingt zur Post mußten. Er lächelte freundlich und zuversichtlich.
    »Das schaffen Sie doch, Andrea.«
    Hätte ich nein sagen sollen? Ich kam fast eine halbe Stunde zu spät aus dem Büro. Einkäufe fürs Wochenende mußte ich auch noch machen. Ich hätte die Terminsache zu dem Postamt bringen müssen, bei dem wir den Freistempler füllen ließen. Auch wenn es ein kleines Büro war, es war alles da, was die Arbeit leichter macht, Computer, Kopierer, Fax-Gerät und der Freistempler. So mußte ich keine Briefmarken kleben. Weil es schon so spät war und wegen der Einkäufe nahm ich alle Briefe mit zum Bahnhof, wollte sie dort auf dem Postamt abgeben. Und die weigerten sich, sie anzunehmen. Es war ein Einschreiben mit Rückschein dabei, die dringende Terminsache, freigestempelt natürlich. Da hätten ihnen abends sechs Mark in der Kasse gefehlt. Ich mußte den wichtigsten Brief wieder mitnehmen und konnte mir lebhaft vorstellen, welch ein Gesicht Doktor Farngräber zog, wenn ich damit montags ins Büro kam. Doktor Farngräber hatte eine besondere Art, mir zu zeigen, wenn er unzufrieden mit mir war. Er wurde nie wütend, brüllte nicht herum. Er zog nur dieses Gesicht, eine blanke Anklage.
    »Wie konnten Sie nur, Andrea? Bin ich nicht immer gut zu Ihnen?«
    Ich bekam augenblicklich ein schlechtes Gewissen, wenn ich diese vorwurfsvolle Miene sah, weil er wirklich ein toller Chef war. Einen besseren konnte sich niemand wünschen. Ich dachte an Ulli, an sein Lästern, die Anspielungen auf mein Spießertum, weil ich nicht auf das letzte halbe Jahr und die abgeschlossene Ausbildung pfeifen wollte. Daß wir wirklich nicht auf das angewiesen waren, was ich jetzt verdiente und später verdienen konnte. Es war immer genug Geld da. Sein Geschäft mit den Geschenkartikeln blühte. Er legte mir jeden Sonntag zweihundert Mark für den Haushalt hin. Seit wir zusammenlebten, hatte ich von meinem Geld keinen Pfennig für den Lebensunterhalt ausgeben müssen. Und auch sonst! Ich sah oft genug, wieviel Geld er mit sich herumtrug. Der tolle Wagen, seine Anzüge, und die Wohnung war phantastisch eingerichtet. An dem Freitag machte mich das plötzlich wütend auf Ulli. Statt immer nur zu lästern, hätte er doch einfach sagen können: 
    »Jetzt ist Schluß, Andrea! Ich verdiene genug Geld, und ich bin selten daheim. Aber wenn ich daheim bin, möchte ich es gemütlich haben und mich nicht immer mit einer abgehetzten Frau abgeben müssen.«
    Die S-Bahn brauchte wie üblich zwanzig Minuten von Köln bis Bergisch Gladbach. Ich rechnete fest damit, daß Ulli mich am Bahnhof abholte. Er hatte donnerstags am Telefon gesagt, er komme wahrscheinlich im Laufe des Nachmittags daheim an. Wenn er daheim war, holte er mich immer ab. Aber am Bahnhof war er nicht. Ich war enttäuscht, wartete ein paar Minuten, rief kurz daheim an. Der Anrufbeantworter war
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