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Verbotene Früchte - Spindler, E: Verbotene Früchte

Verbotene Früchte - Spindler, E: Verbotene Früchte

Titel: Verbotene Früchte - Spindler, E: Verbotene Früchte
Autoren: Erica Spindler
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unzüchtigen Akt vollzog.
    Als das Hurenkind über die Schulter zurücksah, da es ihren spionierenden Blick spürte, war es jedoch ihr eigenes Gesicht gewesen, in das sie geschaut hatte.
    Mit einem hilflosen Angstlaut richtete sie sich auf, umklammerte ihr Bettzeug und versuchte, die Traumbilder loszuwerden. Sie wusste, was mit ihr geschah. Sie wusste, warum sie jede Nacht von Albträumen über ihre längst vergessene Vergangenheit geplagt wurde.
    Das Böse, die Sünde, hatte sie wieder im Griff, forderte sie heraus und glaubte, gewonnen zu haben.
    Nein! Hope legte zitternd die Hände ans Gesicht. Das Böse durfte nicht gewinnen. Sie konnte das nicht zulassen. Sie hatte zu hart für alles Erreichte gearbeitet, um jetzt aufzugeben.
    Hope zog die Knie ans Kinn, umschlang sie mit den Armen und wiegte sich, den Kopf auf die Knie gepresst, vor und zurück. An wen konnte sie sich um Hilfe wenden? Wem konnte sie vertrauen? Philip verlor die Geduld mit ihr. Freunde und Familie verhielten sich seltsam distanziert und argwöhnisch. Sie sah ihre fragenden Blicke, die tadelnden Mienen. Wie lange noch, bis jemand die Wahrheit über ihre Vergangenheit herausfand? Wie lange, bis das Leben, das sie sich aufgebaut hatte, in Scherben zersprang?
    Sie musste ihr Kind akzeptieren. Sie musste sich wie eine liebende, hingebungsvolle Mutter verhalten. Sie musste tun, als würde sie den schlechten Kern in ihrer Tochter nicht sehen, als würde sie nicht merken, dass die schöne Frucht von Würmern zerfressen war.
    Heiße, bittere Tränen stiegen ihr in die Augen und kullerten über die Wangen hinab. Wie sollte sie ihren Widerwillen verbergen, wenn sie ihre Tochter hielt? Wie sollte sie ihre Verzweiflung verbergen und Zuneigung heucheln? Sie konnte es nicht.
    Hope schlug das Laken zurück, stieg aus dem Bett und ging zur halb offenen Tür. Das Linoleum war kalt unter ihren Füßen. Sie blickte den leeren Flur hinunter zur Schwesternstation. Irgendwo im Flur weinte eine Frau, und sie hörte tröstendes Gemurmel.
    Diese Vincent hatte ihr Baby verloren. Philip hatte es ihr vorhin erzählt, vermutlich, um ihr klarzumachen, wie dankbar sie für ihr eigenes gesundes Kind sein sollte. Stattdessen wünschte sie, ihr wäre das Baby genommen worden. Hätte der Herr ihre Tochter ausgewählt, wären ihre Probleme gelöst.
    Doch die Pierron-Töchter waren stark durch das Böse, das in ihnen pulsierte. Die Pierron-Töchter starben nie.
    Ich muss fliehen, dachte sie plötzlich wie im Fieber. Sie musste hier raus und frische Luft atmen. Sie musste der ständigen Aufsicht und dem unerträglichen Mitgefühl des Krankenhauspersonals entkommen. Sie musste jemanden finden, der sie verstand und ihr half.
    Die Kirche. Ich kann mich an die Kirche wenden. Der Priester wird mir helfen. Er wird mich verstehen. Und in der Anonymität des Beichtstuhls bin ich sicher. Mein Geheimnis bleibt gewahrt.
    Bebend vor Erleichterung wich sie von der Tür zurück und ging zum Schrank. Nervös zog sie in aller Eile ihre Straßenkleidung an. Die Kirche hatte ihr ein Leben lang Trost gespendet, war ihr Zuflucht gewesen in Zeiten des Aufruhrs und der Verwirrung. Sicher würde es diesmal nicht anders sein. Der Priester würde wissen, was sie tun musste.
    Aber was, wenn er mir diesmal nicht helfen kann? Was soll ich dann machen?
    Angst schnürte ihr die Kehle zu, beraubte sie der Fähigkeit, zu denken und zu handeln. Sie bemühte sich, ihre Emotionen in den Griff zu bekommen. Sie durfte jetzt nicht schlappmachen. Wenn sie aufgab, gewann das Böse.
    Niemals. Hope atmete tief durch, ging zum Telefon und bestellte sich ein Taxi. Danach nahm sie ihre Handtasche und schlich auf Zehenspitzen zur Tür. Das Glück war ihr hold. Die Schwesternstation war noch leer. Lächelnd huschte Hope aus ihrem Zimmer zum Fahrstuhl. Philip durfte nicht erfahren, dass sie das Krankenhaus verließ. Er würde versuchen, sie aufzuhalten, ebenso das Krankenhauspersonal. Die verstanden eben nichts.
    Wie erhofft, war der Fahrstuhl leer. In der Lobby angelangt, ging sie zur gläsernen Eingangstür. Ein Sicherheitsmann flirtete mit der Dame vom Empfang. Beide streiften sie lediglich mit einem Blick.
    Hope drückte die Doppeltüren auf und trat in die Nacht hinaus. Die feuchtigkeitsgesättigte Luft umfing sie wie ein Mantel. Hope atmete durch, dankbar für ihre Freiheit.
    Sie entfernte sich vom Gebäude, verließ dessen Lichtkreis, und die Dunkelheit verschluckte sie. Mondlicht glitzerte auf dem nassen Gehweg. Tief
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