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Verbotene Früchte - Spindler, E: Verbotene Früchte

Verbotene Früchte - Spindler, E: Verbotene Früchte

Titel: Verbotene Früchte - Spindler, E: Verbotene Früchte
Autoren: Erica Spindler
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war geboren. Jeder von uns, der in die Welt kommt, ist mit der Ursünde behaftet. Wir sind alle unrein. Doch Gott schickte seinen Sohn, um für uns und unsere Sünden zu sterben. Christus ist unsere Hoffnung auf Erlösung.“ Der Priester bewegte sich, Hope hörte das Rascheln seines Gewandes und das Klappern der Rosenkranzperlen. „Du musst deiner Tochter helfen. Du musst ihr den richtigen Weg zeigen und sie lehren, die Schlange zu bekämpfen.“
    „Aber wie, Vater?“ Hope beugte sich zur Trennwand vor. „Wie kann ich ihr helfen?“
    „Du bist ihre Mutter. Du, und nur du, hast die Macht, sie zu einer Frau von hohen moralischen Ansprüchen zu erziehen. Du zeigst ihr den Weg, lehrst sie, was recht und unrecht ist, was heilig und was sündig. Gott hat dir dieses Kind als Prüfung gegeben. Prüfung deiner Stärke und deines Glaubens. Dieses Kind kann dein Triumph oder deine Niederlage werden.“
    Hopes Herz schlug wild, doch plötzlich erkannte sie deutlich ihren Weg, ihre Aufgabe. Es war nicht der Herr, der sie auf die Probe stellte, es war die Sünde.
    Sie ballte die Hände zu Fäusten, dass sich ihre Nägel in die Handballen bohrten. Sollte die Sünde sie nur auf die Probe stellen, sie herausfordern und verspotten. Sie würde nicht nachgeben, sie würde ihr dieses Kind nicht überlassen. Sie würde diesem Kind, wie sich selbst, die böse Saat austreiben.
    Dieses Kind kann mein Triumph oder meine Niederlage werden.
    Triumph, entschied sie. Dieses Kind wird mein Triumph.

TEIL 2
    Santos

 
4. KAPITEL
    New Orleans, Louisiana, 1979
    Im French Quarter von New Orleans zu leben gefiel dem fünfzehnjährigen Victor Santos recht gut. Kein anderes Wohnviertel war mit diesem zu vergleichen. Der Stadtteil vibrierte Tag und Nacht erregend und energiegeladen. Es fehlte nie an Betätigungsmöglichkeiten oder Freunden, mit denen man herumhängen konnte. Er mochte die Geräusche und Gerüche und die alten Häuser, deren geborstene Stuckfassaden ständig feucht waren. Er mochte die üppig grünen, verschwiegenen Hinterhöfe und die Balkone mit schmiedeeisernem Gitterwerk.
    Am meisten jedoch mochte Santos – so wurde er von allen außer seiner Mutter gerufen – die Menschen. Das French Quarter war Heimat für alle Altersstufen, Überzeugungen und Hautfarben, für die Guten, die Bösen und die Hässlichen. Sogar die Horde, die jede Nacht in die Bourbon Street einfiel, die Neugierigen, die sich am Empörenden ergötzen wollten, faszinierte ihn.
    Die Schulberater sagten seiner Mom immer wieder, das French Quarter sei wegen der schlechten Einflüsse kein Ort, ein Kind aufzuziehen. Natürlich würden die seine Mom auch dazuzählen, wenn die wüssten, dass sie Stripteasetänzerin war und nicht Kellnerin, wie sie denen gesagt hatte. Was Santos anging, waren diese Berater nichts weiter als ein Haufen Klugscheißer. Seiner Meinung nach hatten Nutten, Junkies und Herumtreiber viel mehr Herz als ein nichtsnutziger Hurensohn wie sein Daddy. Nein, nach seiner Lebenserfahrung hatten die, die im Leben nichts als Kränkungen und schwere Zeiten erlebt hatten, keinen Platz mehr in sich für Hass.
    Santos überquerte die Straße und rief Bubba, dem Türsteher des Club 69, in dem seine Mutter nachts tanzte, einen Gruß zu.
    „He, Santos“, rief der bullige Rausschmeißer zurück, „hast du ’n Glimmstängel? Meine sind aus.“
    Santos hielt lachend beide Handflächen hoch. „Hab’s aufgegeben, Mann. Weißt du’s noch nicht? Die Dinger bringen dich um.“
    Der Mann zeigte Santos freundlich einen Vogel und wandte sich dann einem Touristenpaar zu, das vor dem Club stehen geblieben war und sich die Hälse verrenkte, um einen Blick auf die Show zu erhaschen.
    Victor ging weiter die Bourbon Street hinunter und kürzte dann ab nach St. Peter, um einige Minuten zu sparen. Er hatte seiner Mutter versprochen, von unterwegs ein paar Shrimps Po’boys mitzubringen.
    Beim Gedanken an die großen saftigen Baguettes lief ihm das Wasser im Mund zusammen, und er legte ein wenig Tempo zu. Allerdings nicht viel. Der August in New Orleans animierte niemand zu sonderlicher Eile. Obwohl die Sonne beinahe untergegangen war, glühte der Asphalt noch so heiß, dass man Eier darauf braten konnte. Und die Luft mit ihren neunzig Prozent Feuchtigkeit konnte einen Übereifrigen glatt ersticken. Erst letzte Woche war ein Pferd vor einer Touristenkutsche tot auf dem Pflaster zusammengebrochen. Ein Opfer des August in New Orleans.
    „He, Santos, Baby“, sagte eine Frau
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