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Verbotene Früchte - Spindler, E: Verbotene Früchte

Verbotene Früchte - Spindler, E: Verbotene Früchte

Titel: Verbotene Früchte - Spindler, E: Verbotene Früchte
Autoren: Erica Spindler
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erinnerte, wie töricht sie gewesen war.
    Ich bin dem Erbe der Pierrons nicht entronnen und werde ihm nie entrinnen.
    Gefangen, dachte sie voller Hoffnungslosigkeit. Sie war gefangen wie in all den Jahren ihrer Kindheit.
    „Ich kann nicht“, sagte sie hysterisch. „Ich will nicht.“
    „Darling …“
    „Mrs St. Germaine?“ Eine Schwester eilte herbei. „Was ist los?“
    „Sie will sie nicht stillen“, erklärte Philip und wandte sich der Schwester zu. „Sie nimmt sie mir nicht ab. Ich weiß nicht, was ich machen soll.“
    „Mrs St. Germaine“, sagte die Schwester in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete. „Ihre Tochter ist hungrig. Sie müssen sie stillen. Das Schreien hört auf, sobald …“
    „Nein!“ Hope zog sich die Bettdecke unters Kinn und verkrampfte die Finger im Stoff, bis sie taub wurden. Panik ergriff sie, dass sie bebte. „Ich kann nicht.“ Sie wandte sich ihrem Mann zu, und Tränen rannen ihr übers Gesicht. „Bitte, Philip, zwing mich nicht dazu. Ich kann nicht. Ich will nicht …“
    Er starrte sie an, als wären ihr Hörner gewachsen. „Hope? Was ist los? Liebes, das ist unser Kind, unser Baby. Sie braucht dich.“
    „Du verstehst das nicht … du hast …“ Das Letzte ging in einem Schluchzer unter, und sie drückte ihr Gesicht ins Kissen. „Geh … weg. Bitte lass mich einfach allein.“

 
2. KAPITEL
    Philip August St. Germaine III. hatte ein idyllisches Leben gehabt, eines, um das ihn seine Mitmenschen beneideten. Er hatte die richtige Familie, besaß alles, was wertvoll und wichtig war, er war gesund, athletisch und gut aussehend. Die Schule hatte er mit Leichtigkeit geschafft, teils durch angeborene Intelligenz, teils durch gute Erziehung und geschliffenen Charme.
    In Wahrheit hatte Philip sich nie etwas erarbeiten müssen, weder Schulabschlüsse noch die Zuneigung von Mädchen oder seinen Lebensunterhalt. Alles war ihm nicht nur auf einem Silbertablett serviert worden – wobei das St. Charles das Kronjuwel auf einem Tablett glitzernder Edelsteine war –, sondern auch noch mit einem bewundernden Lächeln. Für Philip flossen die Jahre mühelos dahin.
    Weit davon entfernt, es als Manko zu empfinden, dass er sich um nichts bemühen musste, akzeptierte er dankbar, was ihm zustand, und hielt es für sein wunderbares Schicksal. Dabei vergaß er nie die Armen, die sich abmühten und litten. Er spendete – und zwar üppig – an die Kirche als Dank für sein eigenes Los und als Versicherungspolice gegen Schuldgefühle.
    Genau genommen hatte Philip August St. Germaine III. bis vor sechsunddreißig Stunden mit verzeihlicher Arroganz geglaubt, dass ihm nie etwas Hässliches oder gar ein Unglück widerfahren könne.
    Als er jetzt an der Scheibe der Entbindungsstation eine Fremde sein Baby füttern sah, seine schöne, perfekte Tochter, verspottete diese Arroganz ihn. Er fühlte sein idyllisches Leben auseinander brechen.
    Die letzten anderthalb Tage waren ein Albtraum gewesen, aus dem er nicht erwachen konnte. Die normalerweise sanfte, liebevolle Frau, die er verehrte, hatte sich in eine beängstigende Person verwandelt, die er nicht wieder erkannte.
    Er legte eine Hand an den vor Stress und Schlafmangel schmerzenden Kopf. Nicht nur, dass Hope ihn verflucht und mit Worten belegt hatte, von denen er nicht annehmen konnte, dass sie sie kannte. Nicht nur, dass sie gesagt hatte, sie hasse ihn, als er sie lediglich sanft drängte, einen Namen für das Kind auszusuchen.
    Nein. Es war vor allem ihr Blick gewesen – ein fast wahnsinniges Leuchten in den Augen –, der ihn erschreckt hatte. Als sie ihn so ansah, hatte er tief im Innern gespürt, dass das ihm vertraute Leben vorüber war.
    Philip schob die Hände in die Hosentaschen und betrachtete seine Tochter, die gierig an einer Flasche nuckelte. Er konnte nicht verstehen, warum Hope sie mit solchem Entsetzen betrachtete, warum sie davor zurückschreckte, sie zu berühren. Er presste die Handballen auf die brennenden Augen. Was sah Hope, wenn sie ihre zauberhafte Tochter betrachtete, was er nicht sah?
    Wenn er es nur verstehen könnte. Wenn er nur begreifen könnte, was in ihrem Kopf vorging, vielleicht könnte er ihr dann helfen. Und vielleicht würde seine Welt dann nicht weiter aus den Fugen geraten.
    Ihr absonderliches Verhalten war aus heiterem Himmel gekommen. Sie hatte sich auf die Geburt ihres ersten Kindes gefreut. Ihre Schwangerschaft war problemlos verlaufen. Weder hatte sie unter morgendlicher Übelkeit gelitten noch
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